Kapitel 16 - Nate- Liebe muss nicht perfekt sein!

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Elias sitzt auf seiner Terrasse mit einer großen Tasse schwarzen Kaffees, als ich am Sonntagmorgen dort lande. „Hi..." , sagt er nur knapp. Erschrocken nehme ich Ringe unter seinen Augen wahr. Er sieht aus, als hätte er die halbe Nacht nicht geschlafen. Aber eben nicht, weil er die ganze Nacht mit Henry verbracht hätte. Wenn Menschen die ganze Nacht mit dem Liebsten verbringen, die Gefühle zueinander stärker sind als jedes Bedürfnis nach Schlaf, dann sieht ihre Müdigkeit anders aus. Ein dauerhaftes Grinsen ziert das Gesicht und nichts kann die Laune verderben.

Und ich bin schuld, das er dies nicht erlebt hat. Schuld fühle ich jedenfalls und eine Art Erleichterung, welche mich vollkommen verwirrt.

Elias dagegen sieht aus, als enthielte seine Tasse keinen Kaffee, sondern saure Milch. „Hallo. Ich...ich schulde dir noch eine Erklärung." Einerseits möchte ich lieber über gestern Abend reden, andererseits ist es mir auch lieb wenn wir das nicht tun. Das ist gar nicht meine Art. Als Mensch bin ich nie einem ernsten Gespräch aus dem Weg gegangen. Aber als Engel hatte ich davon nicht mehr so viele. „Du musst mir nichts erklären. Ich war gestern ein wenig neben mir. Alles gut!" Ich spüre eine gewisse Scham von ihm und ziehe meine Brauen zusammen. Irritiert schüttele ich den Kopf. Einen gewissen Abstand zu ihm haltend, setze ich mich kurzerhand auf das Terrassengeländer.

„Kannst du dich bitte nicht auf das Geländer setzen? Da werde ich nervös!" „Ich kann fliegen, außerdem habe ich eine andere Balance und kann nicht sterben..." „Ich weiß! Verdammt, aber kannst du bitte jetzt mal so tun, als wärst du ein Mensch? Ich kann nicht zusehen wie du da sitzt!"

Abwehrend erhebe ich die Hände und lasse mich kurzerhand auf den Boden seiner Terrasse sinken. Ich lehne den Rücken nun gegen das Metallgeländer. Ich sammele mich kurz bevor ich meine Geschichte Preis gebe.

„Vor etwa einem Jahr...war ich auf dem besten Weg der jüngste Engel mit Zugang zum Reich der Seelen zu werden. Normalerweise schafft das kein Engel bevor er nicht mindestens 100 Jahre seiner Aufgabe nachgegangen ist. Ich liebte meine Aufgabe. Menschen Mut zugeben ihr Herz zu riskieren, zu sehen wie Liebe erwacht...es erschien mir so sinnvoll. Doch dann...geschah etwas, was mir jeglichen Elan nahm. Ein Paar, auch zwei Männer...Dylan und Brad. Ach genau genommen waren sie ja sogar nur Jungs. Erst 17 Jahre alt. Dylan war schüchtern, dabei mochten ihn sehr viele Jungs." Ich seufze und schmunzele traurig. „Die Mädchen an ihrer High School flippten beinahe aus, als die zwei als Paar auftraten. Brad spielte Football, Quarterback sogar."

„Oh das war dann nicht einfach! Sich da zu outen, offen zu seinen Gefühlen zu stehen..." „Ja. Doch für Brad war das kein Problem. Er war selbstbewusst und sich seines Werts für das Team bewusst. Doch mit dem offen schwul sein, kam für ihn eine ganz neue Welt auf ihn zu. Plötzlich sprachen ihn auch andere Männer an. Dylan und er gingen gemeinsam aus, suchten einen Platz in der Community. Brad genoss es mehr und mehr. Genoss die Freiheit, genoss es umschwärmt zu sein. Nur dieses Mal von Männern, nicht von High School Mädchen wie vor seinem Outing."

„Sie haben sich getrennt oder? Aber...das ist doch normal in dem Alter. Komm schon, wer findet denn DIE große Liebe mit 17?!", Elias sieht mich abwartend an. „Natürlich weiß ich das. Es geht ja auch nicht darum, dass jede Liebe die wir Cupidos auf die Wege bringen, für die Ewigkeit hält. Wir wissen, der freie Wille und der Einsatz der Menschen spielt eine große Rolle. Jedoch...Dylan konnte nicht damit umgehen. Konnte nicht ertragen, Brad mit einem mal nicht mehr zureichen. Er ist wohl immer etwas depressiv veranlagt gewesen. Jedenfalls...", ich verstumme und schließe meine Augen. Sehe Miguels arrogantes Grinsen, als er herum posaunte er hätte einen Selbstmörder hinüber begleitet. „Du kennst ihn oder so in etwa..." , sagte er zu mir.

„Oh nein...sag' nicht er...?" Elias sieht nun entsetzt aus. Ich nicke. „Alkohol und Tabletten. Und bevor du nun anfängst : ich weiß ich konnte dies nicht verhindern!" „Allerdings nicht! Nathaniel! Es ist schrecklich. Ja. Aber es ist nicht deine Schuld. Selbst Brad trägt keine Schuld, denn es war Dylans Entscheidung. Selbstmord ist eine verdammte Entscheidung, die jemand trifft! Du sprichst doch von freiem Willen. Nun dies gehört dazu!"

EngelsherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt