Violet
„Dann hast du ja das, was du wolltest."
Seine Stimme war beinahe nur noch ein Hauchen, doch ich ahnte genau seine Intention.„Was soll das bitte heißen?", fragte ich entgeistert, wobei ich mit ziemlicher Sicherheit bereits seine versteckte Aussage verstanden hatte.
Thomas wusste das auch, sodass er mich nun so voller Entgeisterung und so voller Hass ansah. Nicht wirklich einen bestimmten Hass gegenüber einer bestimmten Person, es war eher so einer gegen Gott und die Welt.
Wahrscheinlich gegenüber der Situation.„Newt ist wieder da, Violet."
Das wusste ich. Doch er klang so, als seie das das schlimmste, was er sich vorstellen konnte und so war Thomas nicht.
Kopfschüttelnd sah ich ihn an und rappelte mich etwas mitgenommen auf.
„Ja. Dein bester Freund lebt noch, Thomas! Also wenn du das so ausdrücken, meinetwegen. JA! Ich habe das was ich wollte, wenn jemand der uns beiden verdammt wichtig war, wieder da ist und lebt und nicht an diesem schrecklichen Virus leiden muss!", brüllte nun ich völlig aufgebracht. Ich konnte nicht glauben, dass er jetzt eine Eifersuchtsszene veranstaltete, wenn wir eigentlich Grund zu feiern hatte.
Minho und Sol waren wieder da! Wir waren alle in Sicherheit und alles, an was er denken konnte war das?!Thomas, intelligent wie er war, schien dann endlich mal über sein Verhalten nachzudenken, doch ich musste hier raus. Ich musste weg von ihm für eine Zeit. Ich war selbst mit meinen Gedanken überall und ich wollte verdammt nochmal endlich meine Tochter wieder sehen.
„Ich gehe zu Llu."
Zischte ich bestimmend und gab ihm damit zu verstehen, dass ich auch ja allein gelassen werden wollte.
Thomas hatte nach all der Zeit all meine Andeutungen ziemlich gut drauf, weshalb er bloß nickte und das Hüttchen in eine andere Richtung verließ.Einmal atmete ich tief durch, bevor ich selbst nach draußen ging und mir sofort die Hand schützend vor die Augen halten musste. Die Sonne knallte auf meine empfindliche Haut hinunter und blendete mich, doch mein Herz füllte sich sofort mit Wärme.
Ich roch das frische Gras, das salzige Meerwasser. Ich sah überall junge Menschen herumlaufen. Lachen. Arbeiten.
Ich würde es mit zehn Splittern aufnehmen, nur um das hier zu erreichen.Ich wusste, dass ich mich zuerst bei meinen Freunden hätte melden sollen, aber in meinem Kopf war gerade nur LLu. Sie war schließlich das wichtigste.
Ich schlich mich also relativ unbeobachtet zur Hütte, die Judie mir zuvor beschrieben hatte und betrat sie nichtsahnend, dass ich nicht allein sein würde.Ich hatte gewusst, dass dieser Zeitpunkt irgendwann kommen musste.
Noch vor einigen Jahren hatte ich von diesem Moment noch geträumt und hätte alles dafür gegeben, ihn wahr zu machen, doch jetzt war alles so anders.Das Herz schlug mir bis zum Hals, seit dem ich in die Hütte gekommen und ihn dort stehen gesehen hatte.
Und sobald er das Wort erhob, schien es mir, als bliebe es stehen.
„Sie sieht aus wie du."Er war es.
Fast schon quälend langsam drehte Newt sich zu mir um und ich konnte nicht anders, als ihn gebannt anzustarren.
Er stand keine drei Meter von mir entfernt und er war definitiv real.
Seine dunklen Augen durchbohrten mich gnadenlos.
Er sah gut aus, natürlich tat er das. Ein wenig geschwächt und ebenfalls verziert mit einigen Narben, so wie wir alle.
Aber er war es. Ich würde ihn immer wieder erkennen.Ein einziger Blickkontakt und mir war, als würden all die Mauern, die ich mit so viel Mühe um mich herum errichtet hatte, mit einem Mal zusammen stürzen.
Ab dem Moment hatte ich das Gefühl, dass ich mich selbst nicht mehr wirklich unter Kontrolle hatte, sodass ich mich nicht davon abhalten konnte, einige Schritte auf ihn zu zugehen und meine Arme wie selbstverständlich um seinen Oberkörper zu legen und mich ganz fest an ihn zu drücken.
Wenn das doch ein Traum war, dann wollte ich ihn nicht verschwenden.Ich konnte spüren, dass Newt zunächst zögerte, mich dann aber schlussendlich doch etwas an sich drückte und seine Hand dabei an meinen Hinterkopf legte, während ich meine Wange an seine Brust gelegt hatte und seinem Herzschlag lauschte. Dabei stellte ich doch ein wenig erleichtert fest, dass er mindestens so nervös - oder vielleicht auch aufgebracht war, wie ich.
Es dauerte ein bisschen, bis ich etwas sagen konnte, wobei ich zwischenzeitlich nicht mal davon überzeugt war, dass ich überhaupt irgendwas sagen würde.
Ich wusste schließlich nicht, was.„Wie ist das möglich? Bist du's wirklich? Ich kann nicht.."
„Ja.", antwortete er schlicht und löste sich dann von mir. Er sah so anders und doch so unverändert aus. Meine Augen wanderten einmal seinen kompletten Körper entlang, von oben bis unten. Seine Haare waren ein wenig länger und sein Gesicht deutlich markanter.
Seine braunen Augen waren so leer und so ausdruckslos, dass ich sofort, wusste, dass etwas nicht stimmte.
Verrückt, dass ich das nach drei Jahren immer noch sagen konnte.Ich hatte gerade mit Thomas gestritten, da hatte ich wirklich keinen Nerv mehr für noch einen Streit.
„Stimmt es? Ist sie", er deutete einmal auf Lluvia, die friedlich schlafend in ihrem kleinen Bett lag, „ist sie von mir, Violet?"
Die Art, wie er meinen Namen sagte erschien mir so fremd, als hielte er mich für eine Fremde.
Ich hatte zwar keine Ahnung, wer ihm das gesagt hatte, aber ich wollte ihn nicht anlügen. Wir waren keine Kinder mehr und wir hatten eine Verantwortung. Und wie ich vorhin bereits gesagt hatte: Llu war mit Abstand das Wichtigste, alles was zählte.Ich nickte also langsam und trat einen Schritt an ihm vorbei, um sie genauer ansehen zu können. Es war schon beeindruckend, dass sie einfach so tief schlafen konnte, dass sie nicht aufwachte.
Ich wollte das Risiko aber auch nicht eingehen, also bedeutete ich ihm mir nach draußen zu folgen. Wäre sie aufgewacht und hätte uns da so vorgefunden, wäre das zu viel für sie gewesen. Zu viel zu verstehen.„Ich weiß auch das mit Thomas."
In meiner Bewegung machte ich hielt und blieb damit in der Tür stehen, ohne mich umzudrehen.
Ich konnte dieses Gefühl gar nicht richtig zuordnen. War es Angst? Wut? Trauer? Überforderung war da ohne Zweifel.
Einen Plan ihm das beizubringen hatte ich nicht gehabt, aber so hatte ich es mir auch nicht vorgestellt.Vielleicht hatte er sich neu verliebt und die Nachricht war gar nicht so schlimm gewesen? Es sind drei Jahre vergangen, er hatte sicherlich nicht mehr die Gefühle von früher. Konnte er mir irgendwas vorwerfen? Eigentlich nicht.
Ich hätte darauf so viel sagen sollen, doch trotzdem - fragt mich nicht wieso, entschied ich mich für die wohl unpassendste Antwort:
„Und?" Im Nachhinein gestand ich mir auch selbst ein, dass das wohl aus Newt's Perspektive das unschönste ist, was man so hören konnte und ich hätte mich entschuldigen sollen.Doch jetzt war's durch. Gesagtes war gesagt.
„Und? Thomas und du? Wirklich?"
„Was hast du erwartet?"
Langsam drehte ich mich um und sah ihn hilflos an.
„Dass ich drei Jahre auf meinen toten Freund warte?"
So egoistisch konnte er nicht sein. Ich hatte nur versucht zu überleben. Ich hatte selbst meinen Arsch wieder hochbekommen, ohne ihn.„Ich hätte nur nicht gedacht, dass ihr beide aufeinander steht. Immer hin hatte er Teresa und naja.. du..
Wie auch immer. Ich wollte nur besprechen, wie das mit unserer Tochter ist. Ich will sie kennenlernen.", sprach er und hatte dabei offensichtlich die Ruhe weg, während es in mir nur so kochte. Ich verstand gar nichts mehr.
Nicht, dass ich so ein großes Ego hatte, dass ich erwartet hatte, dass er bettelnd bei mir ankommen würde. Aber, dass er nichts weiteres im Kopf oder auf dem Herz hatte, war dann doch ein wenig überraschend.Genauso überrascht musste ich ihn angesehen haben, denn er blickte nur beinahe arrogant auf mich hinab.
„Was denn? Dachtest du...
Hey, ich wünsch euch alles Gute. Du und ich hatten was, als wir Teenager waren und jetzt ist die Situation, wie sie ist. Du hast dich neu verliebt und das ist völlig normal, wird mir auch noch passieren.
Wir haben ein Kind und mehr ist da nicht mehr zwischen uns und das ist doch .. gut, nicht?"
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Violet 3 - The Death Cure
FanfictionMenschen verändern sich. Sie verändern sich gerade dann, wenn sie viel Leid erfahren haben. Sie hat alles verloren was sie hatte: Ihre Familie, Ihre Freunde, ihre Liebe. Doch sie hat den Kampf noch nicht gewonnen. Sie alle haben den Kampf noch nicht...