10 | Der Deal

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Violet

„Meine Hilfe?
Wie könnte jemand wie ich jemandem wie dir helfen?
Und vor allem: wieso sollte jemand wie ich jemandem wie dir helfen?", meinte dieser unglaublich gruselige Mann vor uns und trat so nah vor Thomas, dass ich seine Narben und seine verätzte Haut am Gesicht genau sehen konnte.

Er war sterbenskrank.

„Weil ich im Gegenzug Ihnen helfen könnte.
Ich könnte Ihnen etwas verschaffen.", meinte Thomas, der sich von dem physischen Auftreten von Lawrence kein bisschen einschüchtern ließ.
Zumindest wirkte es so.

„Was brauche ich denn?"
Lawrence lachte Rau auf und entfernte sich endlich ein wenig.

„Zeit. Sie brauchen Zeit.
Um gesund zu werden."
Mein Freund deutete auf die Infusion, die Lawrence hinter sich her zog.

Der Kerl lachte bloß rau auf und verfiel deswegen in einen kräftigen, trocknen Husten.
Angewidert von den ganzen Bakterien, die er damit wohl herum schleuderte, versteckte ich mein Gesicht in der braunen Jacke von Thomas.
Aber diesem Lawrence Ekel oder gar Angst zu zeigen, entpuppte sich als großen Fehler.

Lachend kam er nun humpelnd auf mich zu und legte seine Hand die ebenfalls mit Geschwüren überzogen war, unter mein Kinn und drückte dieses hoch, sodass ich ihm direkt in die Augen sehen musste.

„Und du? Hübsches Mädchen.
Was kannst du mir bieten?", fragte er widerwärtig grinsend.
Dieser Perverse Strunk!

Doch ich lernte schnell.
Schnell genug.
Langsam bäumte ich mich wieder auf und stellte mich gerade hin.

„Ich kann Sie behandeln, Lawrence.", schlug ich hilfesuchend vor.
Was sollte ich tun?

„Ich brauche keine mittelmäßige Ärztin.
Du kannst mir nichts bieten, aber ich könnte dir was geben.
Etwas, was dir sehr viel bedeutet.
Im Gegenzug müsstest du mir nur deinen Vater bringen.", hauchte er grinsend und ein Mundgeruch von wochenlangen ungepuzten Zähnen in meine Nase stieg.

Doch diesmal verzog ich das Gesicht nicht.

Ich war viel mehr damit beschäftigt, mich zu fragen, woher er bitte meinen Vater und mich kannte und was es war, was er mir dafür geben wollte.

Hatte er Sol?

„Violet Janson.
Du bist das Ebenbild deiner Mutter, das muss man dir lassen.
Aber deinen Vater sieht man auch durchblitzen, definitiv.", lachte der Dunkelhaarige dreckig und rau, sodass ich am liebsten einige Meter zurück gegangen wäre, doch diesen Triumph wollte ich ihm nicht geben.

„Was könnten Sie mir schon geben?
Meine Schwester? Minho?"

Das war eine Art kranker Test, da war ich mit ganz sicher, vor allem da Lawrence nun noch mehr lachte als vorher.

„Etwas viel bedeutsameres.", entgegnete er grinsend woraufhin ich vor Wut über sein selbstgefälliges Verhalten meine Hände zu Fäusten ballen musste.

„Der Name Newt sagt dir was, oder, kleine Lady?"

Erschrocken schnappte ich nach Luft.
Allein die Erwähnung seines Namens brachte mich völlig aus der Fassung und warf mich aus der Bahn.

Besorgt griff Thomas nach meiner Hand, während ich bloß dastand, diesen Lawrence anstarrte und mich wirklich anstrengen musste nicht zu weinen.

Das war Manipulation, ganz klar.
Er wollte meine Schwachstellen finden, er hatte irgendwas vor, da war ich mir sicher.

„Ein paar Freunde von mir wissen, wo er begraben wurde."

Und meine Hoffnungen starben.
Es war so dumm von mir, auch nur eine Sekunde daran zu glauben, dass er diese Krankheit und die Schusswunden überlebt haben könnte.

Seufzend nickte ich.
Der Deal war gut und so konnte ich Abschied nehmen, endlich.
Und wissen, dass er ein vernünftigstes Grab hatte.
Dieses "Glück" war vielen meiner Freunde verwehrt geblieben.

Es war zwar ein großer Deal, vor allem zu seinen Gunsten, aber ich wollte unbedingt Abschied nehmen.

Ich liebte Newt.
Das wussten alle.
Aber es war langsam Zeit loszulassen.

Das war auch der Grund, warum ich die Hand dieses fremden Mannes schüttelte und der Deal gültig war.

-

„Wie zur Hölle willst du deinen Vater entführen, Violet?!", rief Thomas außer sich.

Wir befanden uns auf dem Dach das Gebäudes, es war mittlerweile nachts.

Wir würden hier übernachten und morgen durften Thomas und Gally einen Ausflug machen, so hatte Lawrence es zumindest beschrieben.

Ein zweiter Deal.
Wir würden herausfinden, wie man in dieses verdammte WCKD-Gebäude hinein kommt, wir würden Minho, Sol und meinen Vater heraus holen, meinen Vater Lawrence übergeben und Newt's Grab besichtigen.

„Ein Betäubungsmittel, eine Waffe, keine Ahnung!", rief ich mich verteidigend.

Wieso Thomas jetzt so sauer war konnte ich nicht verstehen.

„Du wirst aber sicherlich nicht mitkommen."

„Natürlich werde ich das.", rief ich kopfschüttelnd.
Für diese Art hatte ich kein Verständnis.
Als würde ich als Frau das nicht genauso gut hinbekommen wie er!

„Ich hab's durchs Labyrinth geschafft.
Ich bin durch ne verklonkte Brandwüste gereist, du Neppdepp!
In ein Gebäude einbrechen und drei Menschen rausholen ist nichts dagegen.
Also entweder wir machen das zusammen oder einzeln, doch ich glaube im Team arbeiten wir effektiver, oder nicht?!", rief ich wütend und stemmte die Hände in die Hüften.

Ich war nicht mehr die Violet, die hilflos und heulend durch Lichtungen gelaufen ist, nur weil ein Junge sie geküsst hat.

Ich war stark und würde mich vor allem nicht mehr von irgendwem überzeugen lassen, dass ich hilflos und schwach war und beschützt werden müsste.

Thomas schien das nun auch einzusehen, weshalb er tief seufzte und langsam nickte.

„Ich werde dich nicht umstimmen können, oder?". Fragte er nochmal extra nach, woraufhin ich entschlossen den Kopf schüttelte.

„Lass es uns machen."

Violet 3 - The Death Cure Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt