6 | Die letzte Stadt

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„Wollt ihr mich eigentlich verarschen?", brüllte Jorge, nachdem er im Seitenspiegel gesehen hatte, dass die Cranks uns nicht mehr verfolgten.

Er fuhr nicht mehr so schnell wie vorher, da wir nun einen Abhang entlang fuhren.

„Wir müssen Minho und Sol holen.", meinte ich daraufhin stur, sah den Spanier dann allerdings entschuldigend an.

„Ach ja?
Und wie wollt ihr das machen, wenn ihr tot seit?!", fragte Jorge entgeistert und fuhr sauer weiter.

„Wir leben ja noch..", murmelte ich.

„Dank euch.
Danke.", erzählte Thomas und sah zuerst zu Jorge und dann zu Brenda.

Brenda nickte Thomas langsam zu und drehte sich anschließend wieder nach vorne, während ich dieses Szenario misstrauisch beäugte.

Mit einem breiten Grinsen drehte sich der Braunhaarige danach zu mir.

„Eifersüchtig?", fragte er mit gehobener Augenbraue, woraufhin er einen kleinen Hieb in die Rippen von mir erhielt.

„Das ist gerade nicht angebracht, wir sind gerade fast gestorben.", tadelte ich augenverdrehend.

„Wie kann bei all diesen Cranks eine Stadt bestehen bleiben?", überlegte ich anschließend laut, damit Thomas nicht mehr kontern konnte.

„Wachen? Keine Ahnung.", murmelte Judie und sah sich um.

„Ja...Wachen, oder Wicked ist ein anderer Weg eingefallen, um die Cranks draußen zu halten.", rief Pfanne und zeigte erstaunt aus dem Fenster auf seine Seite.

„Halt an!", riefen Thomas und ich gleichzeitig, als wir sahen, was Pfanne meinte.

An einem Vorsprung brachte Jorge den Wagen endlich zum stehen, woraufhin wir alle ausstiegen und uns näher an den Abhang zu stellen, um genauer sehen zu können, was sich da vor uns eröffnete.

Eine Stadt, aufgebaut wie eine Festung.
Große, graus Mauern aus Stahl umstellten die Innenstadt, die voller Gebäude war, die bis zum Himmel reichten.

„Die letzte Stadt.
Die Höhle der Löwen.", erklärte Jorge mit ernster Miene und beobachtete, wie wir alle, lange Züge, die auf hohen Schienen durch die ganze Stadt fuhren.

So viel modernes Leben hatten wir alle seit langem nicht gesehen und es wirkte alles so sicher, so geborgen, dass ein gewisser Neid in mir stieg.

Wir alle hatten verdient, in so einer sicheren Umgebung zu leben.

Auf Plattformen der Mauern standen Männer mit Waffen, die größer waren als sie selbst.
Alles wirkte sehr militärisch und düster.

„Es wird langsam dunkel.
Ich schlage vor, wir übernachten hier auf dem Vorschlag und fahren morgen mal da runter.", meinte Thomas und breitete eine Decke auf dem vertrockneten Rasen aus.

Der Braunhaarige wirkte irgendwie ernster als sonst, nervös, aber auf eine ruhige Weise.

Ob er an Teresa dachte?

„Alles okay bei dir?", fragte ich meinen.. Freund, nachdem die meisten der anderen bereits eingeschlafen waren.

„Ja? Wieso?", erwiderte Thomas perplex und legte seinen linken Arm um mich.

„Keine Ahnung.. du wirkst so komisch.
Bist du vielleicht nervös wegen Teresa?
Du liebst sie ja noch, also.. also ich kann wirklich verstehen-"

„Violet.", unterbrach er mich flüsternd und ich drehte mich daraufhin zu ihm um.

Teresa ist Geschichte.
Du weißt, was sie uns und unseren Freunden angetan hat.
Ich bin mit dir zusammen und das kann keiner ändern, okay?", versicherte er mir lächelnd und drückte mir anschließend einen langen Kuss auf die Stirn.

Erleichtert lächelte nun auch ich etwas auf und nickte verstehend.

„Okay.."

Ich erinnere mich nicht daran, es erzählt zu haben.
Aber Teresa hatten wir zu unserem Lager damals mitgenommen, doch eines Nachts war sie geflüchtet.

Wir waren uns ziemlich sicher dass, wenn Wicked irgendwo war, sie ebenfalls dort zu finden war, wenn die Cranks sie nicht erwischt hatten.

„Du Vi?", fragte Thomas mich nach einer Weile, in der ich ein wenig über Teresa nachgedacht hatte.

„Ja?", flüsterte ich müde und öffnete meine Augen wieder.

„Es tut mir leid, dass ich dich, seitdem wir losgefahren sind, so vernachlässigt habe.
Ich weiß, dass ich kein guter Freund bin.
Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, als dein Freund, was ich darf, was du willst, verstehst du?
Ich werde nie so gut sein wie Newt."

Nun war ich wieder richtig wach und setzte mich auf.
Allein die Erwähnung seines Namens versetzte mich in eine kurze Starre, aus der ich mich aber schnell lösen konnte.

„Thomas.",  begann ich seufzend und strich durch sein dichtes, dunkelbraunes Haar.

„Du kannst dich mit Newt nicht vergleichen, ihr seid komplett unterschiedlich.
Außerdem erwarte ich doch nichts von dir.
Du bist toll, so wie du bist, okay?", versicherte ich ihm flüsternd und sah dabei die ganze Zeit in seine warmen, braunen Augen.

„Ich .. Danke.. wirklich, danke..", flüsterte Thomas nun endlich wieder lächelnd und setzte sich etwas auf, um seine weichen Lippen vorsichtig auf meine zu legen.

Ein wenig fremd war es immer noch, doch ich begann es zu genießen, was ich zeigte, indem ich seinen schüchternen Kuss zu erwiderte.

„Schlafen wir? Morgen wird ein anstrengender Tag.", schlug ich gähnend vor, ehe Thomas nickte und seine Augen schloss, woraufhin ich mich wieder an ihn kuschelte und zum Sternenhimmel hinauf sah.

„Schlaf gut, Lluvia.", flüsterte ich traurig und dachte an meine Tochter.

Ich sorgte mich um sie, obwohl ich wusste, dass sie in guten Händen war.

Violet 3 - The Death Cure Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt