Getrennte Wege

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Meine Mum ist heulend hinaus gerannt, mein Vater hat mich enttäuscht angesehen und ist ihr gefolgt. Jetzt steht nur noch Noah neben mir.
„Was?! Ich konnte einfach nicht mehr ihrem Druck standhalten. Ich bin besser ohne sie dran und sie besser ohne mich!", murmle ich, etwas wütender als geplant.
Er nickt und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Dann geht auch er.
Es ist still und ich bin allein. Nur das regelmäßige Piepen der Maschinen, an die ich wieder angeschlossen bin, stört die Stille. Ich sitze einfach nur da und lausche in die Stille hinein.
Zwei Tage später, alles von meiner leichten Rauchgasvergiftung, oder auch Kohlenmonoxidvergiftung, ist verschwunden, werde ich von Mrs Cooper abgeholt. Luise ist mittlerweile auch aufgewacht, soll allerdings noch einen Tag länger im Krankenhaus verbringen, bevor auch sie dann entlassen werden kann.
„Charlotte, Ihre Eltern wollten Sie eigentlich von der Schule abmelden, weil sie nicht mehr für sie aufkommen wollen. Ich habe mich dazu entschieden, dass Sie weiterhin Schülerin bei uns bleiben, dafür aber einen kleinen Nebenjob noch anfangen müssen. Ich weiß, dass das gerade sehr viel für Sie ist, aber ich werde dafür sorgen, dass Sie genug Zeit für Schule und Ihre Auftragsvorbereitung haben.", sagt sie ruhig.
Meine Eltern hatten wirklich vor, mir das zu nehmen, was mir noch blieb. Ich sage nichts. Meine Ruhe sagt mehr als tausend Worte. In mir brodelt es.
Die kurze Fahrt verbringen wir schweigend.
Als wir auf das Schulgelände fahren, öffne ich die Türen, schnappe mir meine Tasche und renne nach draußen.
Mich zieht es in unsere kleine Kampfarena auf dem Schulgelände.
Ich schmeiße meine Tasche in eine Ecke, beginne, mich zu dehnen und schnappe mir dann eine der Armbrüste, die in einer Ecke stehen und beginne auf die Strohpuppen zu schießen.
Ich schieße sämtliche Pfeile ab, als es plötzlich von hinten beginnt, zu klatschen. Ich drehe mich schlagartig um. Vor mir steht Mr Scott und hält mir einen Degen hin. Ich greife ihn, lasse die Armbrust fallen und beginne, gegen meinen Lehrer zu fechten.
Er gibt mir ein paar Anweisungen, die ich währenddessen ausführe.
Irgendwann, ich bin mittlerweile relativ gut durchgeschwitzt, hebt er die Arme und sagt Stopp.
„Charly, wie wäre es, wenn du aufs Kickboxen umsteigst? Normalerweise hast du ja auch keinen Degen oder eine Armbrust dabei.", sagt er, ist aber sichtlich überrascht, dass ich schon wieder so fit bin.
Mr Scott drückt mir ein paar Handschuhe in die Hand, welche ich anziehe.
Auch er zieht sich welche an, dann beginnt er, mit den Fäusten auf mich ein zu boxen. Ich ducke mich weg und boxe ebenfalls auf ihn ein.
„Komm Charly, jetzt reiß dich zusammen. Du bist stark. Aber dir fehlt etwas. Und das ist der Ehrgeiz!", schreit er mich an.
Ich weiß, dass er es mir nur sagt, damit ich mich mehr anstrenge.
„Mr Scott, ich kann nicht mehr! Bitte. Ich will das nicht. Ich bin noch nicht wieder fit!", keuche ich.
„Charly, es geht nicht um dich. Dein Gegner ist derjenige, um den es geht. Du musst durchhalten, bis dein Gegner am Ende ist. Dementsprechend, reiß dich zusammen. Ich bin hier, um dich auf den Ernstfall vorzubereiten!"
Irgendwann sinke ich einfach in mich zusammen.
Mein Lehrer steht neben mir und sieht auf mich herab.
„Charlotte, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht zu sehr fordern. Du bist erst frisch aus dem Krankenhaus zurück. Aber die nächsten Wochen müssen wir trainieren! Sonst wird das mit Eamond Pearce nichts!"
Ich nicke und sehe Mr Scott erschöpft an.
Er sagt: „Das ist genug für heute. Ruhe dich aus, morgen geht es weiter. Ich erwarte dich vor dem Frühstück hier. Nach dem Frühstück haben wir sowieso Angriff und Verteidigung. Schlaf ein wenig und genieße die Zeit mit Noah, du wirst nicht mehr viel Zeit für das alles haben. Ich bin aber erstmal zufrieden mit dir. Einen schönen Feierabend wünsche ich Ihnen, Miss Evans."
Er dreht um und ich rufe ihm noch Danke zu, dann bin ich wieder alleine in der Halle. Ich nehme meine Tasche und gehe gemächlich nach oben.
Obwohl meine Freunde und ich im neueren Teil der Schule wohnen, gibt es hier, ganz zu meinem Leidwesen keinen Fahrstuhl und ich muss die drei Stockwerke nach oben laufen. Doch dann bin ich endlich da und klopfe an die Tür, welche in das Appartement meiner Freunde und mir führt.
George öffnet mir die Tür und grinst mir, glücklich entgegen. „Charlotte, du bist wieder da! Wie schön, wie geht es dir?", fragt er mich, doch ich habe nur Augen für den Jungen, der gerade von meinem Bett aufgesprungen ist.
Ich drücke mich an George vorbei und renne in Noahs Arme. Auch wenn er ein Lauch ist, hat er einiges an Kraft in seinen Armen und somit wirbelt er mich herum, bevor er mich sanft wieder auf dem Boden absetzt und mir einen feurigen Kuss auf die Lippen drückt.
Noah, wie sehr ich ihn vermisst habe. Zu sehr.
Er kam mich die letzten Tage nicht besuchen, weil er zu viel mit Schule zu tun hatte.
Doch jetzt.
Jetzt, ist er wieder mein.
Ich schmiege mich an seinen starken Oberkörper und versuche mich zu entspannen.
Doch mein ganzer Körper steht unter Strom.
Und nicht nur meiner. Ich spüre, das auch Noahs unter Strom steht. Oder zumindest ein Teil, dass sich an meinen Hüftknochen drückt.
Peinlich berührt, sieht er an mir hinunter und will einen Schritt zurück machen, doch ich klammere mich an ihm fest.
Da tauchen auch Freya und Annabeth aus der Küche auf und umarmen mich stürmisch.
„Charly, wir haben dich so vermisst. Hast du noch starke Schmerzen?", flüstert Annabeth. Ich schüttle den Kopf. Ich möchte nicht, dass sie sich zu viele Sorgen um mich machen. Auch wenn es höllisch weh tut, zumal sie gerade meine Rippen sehr stark strapazieren. „Hast du noch etwas von Luise gehört?", fragt Freya. Sie und Luise sind beste Freundinnen und haben bei uns den Spitznamen Dumm und Dümmer zurecht vor einigen Jahren erhalten.
Ich nicke. „Luise kommt am Freitag wieder. Sie soll noch ein wenig beobachtet werden, weil sie ziemlich blöd mit dem Kopf durch das Fenster durch ist. Aber ihr geht es soweit gut. Ihre ganzen Reitunfälle haben sie auch nie umgebracht. Da wird so ein Sturz aus dem dritten Stock sie auch nicht töten."
An Annabeth, die Streberin unserer Gruppe, gewandt, füge ich noch hinzu: „Kannst du mir noch geben, was ihr die letzten Tage in der Schule gemacht habt?"
Annabeth nickt.
Immerhin habe ich eine Freundin, die neben George einigermaßen im Unterricht aufpasst. Okay, sie verfasst ihre Manuskripte, aber ansonsten bin ich echt dankbar, sie zu haben. Mit ihr kann ich über alle meine Probleme sprechen, ohne befürchten zu müssen, dass es am Ende die ganze Schule weiß.

Schule des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt