Der erste große Auftrag

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Und so sind wir hier angekommen, in London nachts mit Taschenlampen durch die Häuser schleichend und Ausschau nach einem unserer alten Lehrer zu halten. Er wird sich einige Straßen weiter in einem Club aufhalten und betrunken sein, doch für diesen Fall wurden wir vorbereitet.
Ich blicke um die Ecke und auch von Annabeth gibt es das Okay, sodass wir uns durch die enge Hausgasse quetschen und aufpassen müssen, dass George, der mal den fiesen Spitznamen Dick und Doof erhalten hat, hinter uns her kommt.
Wir ziehen uns unsere Mäntel aus und geben sie Luise. Irgendwer muss Wache stehen, falls die Polizei auftauchen sollte. Luise macht das gerne, zumal sie auch nicht gerne trinkt, allerdings liebend gerne todbringende Mischungen macht. George trinkt auch nicht viel, aber wir brauchen drinnen jemanden, der auf uns aufpasst.
„Viel Glück!", ruft uns Luise hinterher, als wir um die Hausecke verschwinden, um in den Club zu gehen. Ich grinse. Eigentlich würde sie unseren alten Biologie und Chemielehrer gerne mit umbringen, aber sie passt nunmal am meisten von uns auf.
Am Eingang steht ein Türsteher und bittet um unsere Ausweise. Selbstverständlich sind sie gefälscht, denn noch sind nicht alle einundzwanzig. Erst sieht es so aus, als würde er erkennen, dass es keine echten sind, doch dann nickt er und winkt uns durch.
Das Glück von Luise hat definitiv etwas gebracht. 
„Wir sind drinnen.", sagt Freya leise zu Annabeth über den kleinen Stecker in ihrem Ohr. Annabeth, die die Kameras des Clubs gehackt hat, sagt: „Mr Pearce befindet sich an der Bar. Lockt ihn auf irgendein Zimmer, ich verändere die Kameras, sodass es aussieht wie immer. Ich drücke euch die Daumen!" Freya nickt mir und Noah zu und wir gehen hinüber zur Bar. Dort angekommen bestellen wir uns erstmal etwas zu trinken und warten auf Freya, Amelia und George, die erst später zu uns stoßen sollten. Eventuell auch, damit Mr Pearce erstmal gut getrunken hat, bis wir ihn ermorden werden.
Nach dem dritten Drink stehe ich auf, weil ich nicht einfach tatenlos herumsitzen kann. Mr Pearce behalte ich im Auge. Amelia verdreht grinsend die Augen. Sobald ich Musik höre kann ich nicht anders, als einfach los zu tanzen. Zwischen den ganzen Menschen falle ich nicht wirklich auf, allerhöchstens dadurch, dass ich auf meinen Heels nicht gut tanzen und laufen kann.
Niemand würde denken, dass meine Freunde und ich so gut wie fertig ausgebildete Auftragskiller sind. Als Mr Pearce auf die Tanzfläche kommt, tanze ich an ihn heran und beginne mich langsam an ihn heranzumachen. In Liverpool und London hat er sich schon oft an jungen Menschen vergnügt, wieso sollte er es nicht auch im Club versuchen?
Ein wenig mulmig ist mir schon zumute, als ich mich näher an ihn heran bewege, als ich es jemals mit einem anderen Jungen als Noah außerhalb vom Unterricht in Angriff und Verteidigung gemacht habe. Mit Mädchen bin ich da schon etwas mehr in der Übung. 
Noah sieht mich an und ich weiß genau, dass er sich mehr Sorgen macht, als er zugeben würde. Ich lächele ihm zuversichtlich zu. Eventuell ist auch der Alkohol schuld, dass so zuversichtlich an diesen Mord herangehe. Und mit Noah umgehe. 
Das ganze zwischen uns beiden ist eskaliert. Das wissen wir beide. Aber dann muss er sich nicht mir gegenüber wie der letzte Arsch benehmen. Mich vor seinen neuen Freunden beleidigen, sagen, wie scheiße ich im Bett wäre und einfach cool tun. Aber so cool ist Noah nicht. Von wegen, er könnte mir nicht vertrauen, weil ich es sowieso an meine Freunde weiterleite. Entschuldigung, dass ich nicht alles, was in meiner alten Beziehung schief gelaufen ist, für mich behalten konnte. Und ich bin nicht mehr der Typ, der Tagebuch schreibt. Dafür ist mein Leben zu kurz. Ich verletze dich? Dann hör auf, mich zu verletzen und vor allem und jedem schlecht zu machen. Als meine Eltern neulich da waren, was hat Noah gemacht? Er bezeichnet mich als alles möglich und behandelt mich nur schlecht vor ihnen. Als ob ich besseres zu tun hätte. Achso, stimmt ja, neben dem normalen Sterben, auch noch innerlich, psychisch sterben. Tut mir leid, für mich ist das mit den Gefühlen für Mädchen, insbesondere Amelia auch noch neu. Doch sie ist der erste Mensch seit langem, dem ich mein Leben anvertrauen würde.
Einer der Gründe, weshalb ich sie mit in meinem Testament erwähnt habe. Sie ist mir so unfassbar wichtig geworden in den letzten Wochen, dass ich nicht mehr drum herum komme, als sie jeden Tag sehen zu wollen und jedes mal, wenn wir uns sehen, über sie herfallen und sie abknutschen zu wollen. Ja, ich mag bi sein, vielleicht auch Pansexuell, aber ist das so schlimm, Noah? So schlimm, dass du mich so behandelst, mich nur noch abwertend ansiehst?
Johnny Depp hat etwas sehr wertvolles gesagt, nach diesem Motto lebe ich auch.
Wenn du gleichzeitig zwei Menschen liebst, wähle den zweiten, denn wenn du den ersten richtig lieben würdest, gäbe es keinen zweiten.
Ich liebe Noah, als meinen besten Freund und Ex-Freund. Aber ich liebe auch Amelia. Mehr als alles andere.

Schule des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt