Tief im Wald auf der einzigen Lichtung, hatten Harry und Louis sich an diesem Abend verabredet.
Das Erste, was Louis auffiel, war Harry's mittlerweile doch sehr verändertes Aussehen. Er war sehr dünn geworden, das Gesicht war blass und der Körper wirkte erschöpft. In seinen Augen spiegelte sich eine gewisse Leere, er schien emotional abgestumpft zu sein.
Trotzdem wirkte er nervös, immer wachsam, als könnte er nicht glauben, dass ihm hier tief im Wald keine Gefahr drohte.
Louis blickte ihm besorgt entgegen. „Harry, bist du okay?"
Der junge Brite schluckte und schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube nicht."
„Was ist passiert?", wollte Louis alarmiert wissen, doch Harry zuckte nur die Schultern.
„Ich weiß es nicht", antwortete er wahrheitsgemäß, „Aber ich kann nicht mehr schlafen, ich wache nachts auf und habe Alpträume, ich zittere, ich kann nichts essen, ich habe ständig Angst."
Louis seufzte. „Das ist normal, schätze ich."
Harry schüttelte den Kopf. „Der Arzt meinte, das kommt von der Gehirnerschütterung, die ich hatte."
Der deutsche Offizier zog die Augenbrauen zusammen. „Welcher Arzt?"
„Ein Militärarzt hat mich untersucht, nachdem ich vor zwei Tagen wieder einen dieser seltsamen Schübe hatte", erzählte er und zündete sich eine Zigarette an.
Irritiert schüttelte Louis den Kopf. „Das glaube ich kaum", antwortete er, „Mindestens die Hälfte aller Soldaten auf deutscher Seite haben das gleiche Problem, und nicht alle hatten vorher eine Gehirnerschütterung."
Harry zog an seiner Zigarette. „Das meinte Niall auch."
„Na also", räumte Louis ein und holte ebenfalls seinen Tabak aus der Tasche. „Mach dir darüber keine Gedanken."
Harry wich seinem Blick aus.
Wenn das nur so einfach wäre.
„Das wird sich legen, sobald du wieder zu Hause bist", versuchte Louis, ihn zu ermuntern.
Damals konnte er noch nicht wissen, dass dem keinesfalls so war.
„Hast du denn keine Angst?", wollte Harry also von ihm wissen.
Louis dachte einen Moment lang über die Antwort auf diese Frage nach und zuckte schließlich die Schultern. „Doch", gab er zur Antwort. „Aber ich glaube, ich habe einen anderen Umgang damit."
Harry nickte und fragte sich, ob es vielleicht an seiner eigenen Schwäche lag, dass er so empfindlich auf die Kampfhandlungen reagierte.
„Ich kann mich so schwer konzentrieren", murmelte er und rieb sich die Augen. „Manchmal glaube ich, ich werde verrückt."
Louis schüttelte energisch den Kopf. „Du wirst nicht verrückt. Du bist nur einfach erschöpft. Und damit bist du nicht allein."
„Wir haben Minen vergraben", wechselte er schließlich das Thema. „Das heißt, eine britische Sondereinheit hat sie positioniert. Wir bereiten uns auf eine Großoffensive vor."
Louis schüttelte irritiert den Kopf. „Ich weiß von der geplanten Offensive", antwortete er. „Aber ich weiß nichts von den Minen."
Harry schluckte. „Niall sagt mir nicht, wo sie sind."
„Verständlich", murmelte Louis, und sein Gesichtsausdruck wurde plötzlich ganz nachdenklich.
Harry senkte den Blick. „Ich werde niemals lebend hier rauskommen..."
Entsetzt schüttelte Louis den Kopf und war mit seinen Gedanken sofort wieder in der Gegenwart. „Sag sowas nicht", sagte er leise. „Sowas darfst du nicht einmal denken."
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Hallo meine Freunde🤗
Na, wie war eure Woche?
Gott sei Dank Freitag.🙈
Was sagt ihr zu dem Kapitel? Lasst es mich gerne wissen, ich bin gespannt!All the love,
Helena xx
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The Great War
Romance1914. Der erste Weltkrieg tobt seit fünf Monaten, und an der Westfront kämpfen Deutsche und Briten erbittert gegeneinander an. Bei Ypern in Belgien ereignet sich in diesem Jahr ein wahres Weihnachtswunder. Die eigentlich verfeindeten Soldaten legen...