3. - Begegnung

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"Mary, wenn du nochmal mit ihm reden würdest.. ich meine..."
"Christian, wir haben geredet. So oft. Wir haben ihm gesagt, wie glücklich er mit dir ist und dass ihr so viele Pläne habt und all so etwas. Aber es dringt nicht zu ihm durch. Nichts tut das. Das Studium - es ist ihm völlig egal. Er hat gar keinen Zugang dazu. Es ist... Als wäre er vor vier Jahren anders abgebogen. Nichts ist mehr wie... Vorher.."
"Aber... Ich will so gern für ihn da sein und ihm helfen..."
"Ich weiß, mein Junge. Ich weiß. Aber Nicholas kann damit gerade überhaupt nicht umgehen. Er... So schlimm das auch ist, aber für ihn bist du ein Fremder..."
"Er hat mich geliebt... Vorher, meine ich... Oder? Ich meine so richtig?", Fragte Chris und knetete seine Hände in seinem Schoß.
"Ja, natürlich hat er das. Ihr seid so glücklich gewesen. Natürlich hat er dich aufrichtig geliebt. Wie kannst du daran zweifeln?"
"Ich weiß nicht..  es ist..  so seltsam... An dem Morgen... Er hat mir gesagt, dass er sich auf das Wochenende freut und mich liebt... Und dann..  dann wacht er auf und... Und hat mich einfach vergessen und..  er empfindet nichts mehr für mich... Ich kann das einfach nicht...", Er schluchzte auf und weinte. Mal wieder...

"Ich weiß..  ich weiß... Glaub mir: Mir fällt das auch schwer. Es ist, als würde ich eine andere Version meines Sohnes kennenlernen. In mancher Hinsicht ist es, als wäre er nochmal 18.. aber eben auch anders... Und er ist eben 22."
"Dass er mir alle Sachen wiedergegeben hat... Ich meine... Die Muschel... Sie war ihm immer so wichtig... Und jetzt... Sie bedeutet ihm nichts .. wie kann das sein? Ich meine..  wie konnte er... Wie konnte sein Herz mich einfach so vergessen?", Schluchzte der Mann. Er hatte sich länger nicht rasiert, wie Nicky aus seinem Versteck zwischen den Blättern des Flieders hindurch erkennen konnte. Dadurch sah der Mann noch älter aus.

"Ich weiß es auch nicht... Aber die Ärzte haben ja gesagt, dass die Erinnerungen wahrscheinlich nie mehr zurück kommen werden. Ich... Mir fällt das auch schwer, aber vielleicht müssen wir es eben einfach so akzeptieren, wie es jetzt ist.. auch wenn es weh tut..."
"In diesem... Neue... Komischen.. Leben... Da ist für mich kein Platz...", Hauchte der Mann.
Seine Mutter nickte und zog den weinenden Mann in ihre Arme.

"Ich weiß... Aber aktuell kann Nicholas mit dir einfach nichts anfangen. Und... Es wird wohl leider so bleiben... Du kannst dich jederzeit bei mir melden, Christian. Wirklich. Ich werde dir immer erzählen, was er so macht und so.... Aber vielleicht wäre es besser, als wenn du um ihn bist, während er genau das nicht möchte..."
"Dann verliere ich ihn... Wie soll er sich denn erinnern, wenn er mich nicht mehr sieht? Wir werden Fremde... Mein Nicky... Ich..."
"Ich weiß... Aber mir fällt wirklich keine andere Lösung ein...", Murmelte die Frau, die seit dem Unfall irgendwie sehr plötzlich merklich gealtert war und Nicky pflichtete ihr Mal sowas von bei. Das wäre doch die perfekte Lösung. Wenn der Mann nicht mehr auftauchen würde.

"Ich... Ich kann das nicht abstellen. Ich hab... Vier Jahre auf ihn aufgepasst.. immer. Und jetzt... Wo er so anfällig ist... Wie könnte ich ihn da allein lassen? Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du nicht drauf lauerst, dass was passiert? Oder dass du genau auf die Uhr guckst, wann er das Haus verlässt und dann wirst du nervös, wenn du merkst, dass er lange weg ist? Zu lange? Wie jetzt gerade zum Beispiel?"
"Natürlich. Natürlich. Wie könnte ich das auch abstreiten? Aber ich glaube, gerade durch diese Sorgen machen wir es ihm schwerer. .. und uns.. Aber... Du hast Recht... Ich kann auch nicht aus meiner Haut...", Nuschelte Nickys Mutter.
"Er ist jetzt gerade viel zu lange weg...", Brummte der Mann und seine Mutter nickte.

Na, da könnte er ja jetzt Mal einen Auftritt hinlegen, dachte sich Nick ironisch, trat um den Busch herum und ließ Berta von der Leine.

"Keine Sorge. Der Insasse meldet sich hiermit zurück. Spaziergang erfolgreich ausgeführt und geht jetzt duschen. Danach gedenkt er zu furzen, sich am Sack zu kraulen und am PC zu zocken. Einwände?", Fragte Nicky sauer.
Er hasste es. Immer wurde über ihn gesprochen. Nicht mit ihm. Über ihn. Immer so, als sei er ein Kind, was erstmals allein nach Hause läuft. Er hasste es. Er wollte nicht darauf reduziert werden, was ihn von anderen unterechied. Und die Verkehrserziehung hatte er ja nicht vergessen. Sein Kopf dröhnte wieder mehr. Er wusste nicht, ob es daran lag, dass er sich so sehr aufregte, oder weil er eben einfach Kopfschmerzen hatte. Aber würde er sich jetzt an die Stirn greifen, würden sie aufspringen und ihn umkreisen wie die Geier ein totes Gnu. Sie sollten bitte einfach Mal genervt von ihm sein. Nicht mehr alles entschuldigen. Wobei... Nein. Nicht sie. Nur seine Mutter. Der Mann sollte bitte gehen.

"Nicholas, Schatz, alles okay?", Fragte seine Mutter sofort besorgt.
"Ja. Ich störe euch nicht weiter beim über mich reden.", Brummte Nicky und steuerte direkt die Terrassentür an.

"Nicky... Ich wollte nochmal mit dir sprechen. Vielleicht könnten wir-"
"Es gibt nichts zu besprechen. Ich habe mit dir Schluss gemacht von dieser "Beziehung". Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Lass mich einfach endlich in Ruhe!", Schnauzte Nicky den Mann an und stürmte ins Haus.

Remember me - wird fortgesetzt auf StorybanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt