Kapitel 2

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Am nächsten Morgen wachte Traumfeder pünktlich auf. Die meisten Krieger, die für den Kampf eingeteilt waren, standen schon bereit, Krallenstern gab seiner zweiten Anführerin Schneewolke letzte Anweisungen, Glanzfeder verabschiedete sich von Nordlicht und Federsturm tappte zu Traumfeder.

„Pass auf dich auf", flüsterte er, dann verschwand er in der Dunkelheit. Traumfeder sah hinter ihm her, ihr war bewusst, dass der Kampf auch schlecht ausgehen konnte.

Krallenstern versammelte seine Katzen und zog dann los.

Seelensturm reihte sich neben Traumfeder ein, ihre Augen leuchteten. „Ich bin alle Kampfzüge noch einmal durchgegangen, bestimmt kann ich alle Eisclan Katzen vernichten".

Traumfeder sagte nichts. Sie hatte ein schlechtes Gefühl und wollte am liebsten im Lager bleiben.  Doch das würde Seelensturm nicht verstehen und Krallenstern schon gar nicht, er würde sie nur als Verräterin bezeichnen und das wollte Traumfeder natürlich vermeiden.

An der Grenze zum Eisclan machte Krallenstern Halt, aber so früh am Morgen waren keine Patrouillen unterwegs, die sie erwischen konnten.

Genau genommen sind wir ja jetzt in ihr Territorium eingedrungen und sie hätten einen Grund, uns anzugreifen, dachte Traumfeder und die Zweifel schoben sich wieder in ihre Gedanken.

Als die Kampftruppe in den Nadelwald des Eisclans vordrang, sah sich Traumfeder ständig um. Eulenpfote hielt sich dicht an ihr, anscheinend hatte die Schülerin ein wenig Angst. Traumfeder gab ihr mit ihrer Anwesenheit ein wenig Sicherheit und legte ihren Kopf kurz an das Ohr ihrer Schülerin. „Du schaffst das schon".

Eulenpfote nickte stumm und drückte sich an ihre Mentorin.

Nach scheinbaren Ewigkeiten kam das Lager des Eisclans in Sicht.

Krallenstern positionierte sich direkt vor dem Eingang und wartete, bis alle anderen bereit standen.
Es war eine Zeit lang komplett still, nur die Vögel stimmten nun ihre ersten Lieder für den Tag am.

Dann gab der Anführer das Zeichen zum Angriff.

Mit lauten Kampfschreien durchbrach der Trupp den Lagerwall, stürmte auf die feindliche Lichtung und schwärmte dort aus.

Aus allen Bauen sahen verschlafene Katzen, deren Augen sich geschockt weiteten, als sie die Blitzclan Katzen sahen. Eisclan Krieger strömten aus dem Kriegerbau, positionierten sich sofort vor der Kinderstube, dem Ältestenbau und dem Heilerbau. Sie schüttelten sich die Müdigkeit aus den Pelzen und fauchten kampfbereit.

Die Blitzclan Katzen stürzten sich auf sie und gruben ihre Zähne und Krallen in das Fell der Feinde, sofort spritzte überall Blut und hinterließ rote Sprenkel auf dem Boden.

Traumfeder stand unentschlossen auf der Lichtung, als sie plötzlich jemand von hinten ansprang. Ein großer Krieger drückte sie zu Boden und bohrte seine Krallen in ihre Schulter. Ein stechender Schmerz breitete sich in ihrem Körper aus, als der Kater ihr Fellbüschel ausriss. Traumfeder unterdrückte einen Schrei und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, doch der Krieger war stärker als sie.

Sie warf sich unter seinen Krallen hin und her, was aber nur dazu führte, dass ihre Haut riss und Blut an ihrer Flanke hinunterlief.

Die Krallen des Katers kamen ihrer Kehle bedrohlich nahe, aber in diesem Moment wurde das Gewicht von ihrem Rücken genommen.
Blitzschnell richtete sich Traumfeder auf und wirbelte herum.

Dort stand Eulenpfote, die sich an den feindlichen Krieger gekrallt hatte. Todesmutig hing sie an ihm, mit allen vier Pfoten in seinem Fell verankert.

Er warf sich herum und die Schülerin flog im hohen Bogen auf den sandigem Boden. Sie rutschte ein Stück über den Boden vor die Pfoten zweier anderer Katzen.
Für einen Moment blieb sie auf dem Boden liegen und rührte sich nicht.

Traumfeder sah erschrocken zu der kleinen Kätzin. Sie war doch nicht etwa tot? Sie hatte keinen Knichenbruch hören können, doch das war im Kampflärm nicht verwunderlich.

Doch im nächsten Augenblick wurde sie von ihrem Gegner abgelenkt. Es war ein großer, schwarzer Kater mit weißen Pfoten und blauen Augen, den Traumfeder von den großen Versammlungen kannte. Es war Aschenflug, ein erbarmungsloser Krieger, der einer der besten Kämpfer im Eisclan war.
Er war schon von unzähligen Narben gezeichnet und auch in diesem Kampf waren bestimmt schon einige dazu gekommen, denn sein Fell hing auch schon in blutigen Fetzen nach unten. Trotzdem sah er sehr entschlossen aus.

Traumfeder nahm ihre ganze Kraft zusammen, sie ignorierte den stechenden Schmerz in ihrer Schulter und ging in Angriffsstellung.

Aschenflug kauerte sich ebenfalls hin. Traumfeder wusste, dass sie ihn nicht mit Kraft schlagen konnte, also musste sie geschickt sein. Sie fixierte seine rechte Seite und sprang los. Tatsächlich reagierte er und verlagerte sein Gewicht auf rechts.

Traumfeder griff aber seine linke Seite an und schaffte es so, ihm zu Boden zu reißen. Sie versuchte, ihn festzunageln, aber er wehrte sich gut. Aschenflug kam wieder auf die Pfoten und Traumfeder musste einen harten Schlag auf ihre Nase einstecken.
Ihre Kraft verschwand langsam, lange würde sie das nicht mehr durchhalten können.

In diesem Moment tauchte Eulenpfote neben ihr auf. Zusammen schlugen sie auf Aschenflug ein, immer stärker und im absoluten Gleichtakt, bis er zurückwich und im Gebüsch verschwand.

Für einen Moment lächelten sich Mentorin und Schülerin an, dann sah Traumfeder sich um. Der Blitzclan schien dem Eisclan überlegen zu sein, die Katzen des feindlichen Clans flohen nach und nach.

Froststern, die Anführerin des Eisclans, kämpfte mit Krallenstern.

„Wie kannst du es wagen, uns grundlos in unserem eigenen Lager anzugreifen?", fauchte sie, während sie Krallenstern Fell ausriss.

Er zischte bedrohlich und ging wieder auf sie los. „Wir kommen im Auftrag des Himmelclans".

Froststerns Miene verhärtete sich, sie wich Krallensterns Anfriff aus und verschwand in der Menge der Katzen.
„Wir werden euch vernichten!", jaulte Krallenstern und sah sich nach seinen Kriegern um.

Erdpelz und Feuernacht kämpften zusammen gegen gleich drei Eisclan Krieger, ihr Fell hing in Fetzen von ihren Körpern, aber sie waren entschlossen.

Da sah Traumfeder, wie zwei der feindlichen Katzen auf Seelensturm losgingen.
Die dunkel getigerte Kätzin rannte los, bahnte sich ihren Weg zwischen den kämpfenden Katzen hindurch und erreichte ihre Schwester. Ohne zu zögern sprang sie den einen Krieger an und riss ihn von Seelensturm weg.

Dann ließ sie einen Hagel von Schlägen auf ihn nieder regnen. Mit aufgerissenen Augen starrte der Kater zu ihr, dann befreite er sich und stürzte davon.
Seelensturm schlug die andere, eine weiße Kätzin, in die Flucht.

Da erregte etwas am Rand der Lichtung Traumfeders Aufmerksamkeit.

Krallenstern griff die Kinderstube an, in der, soweit Traumfeder wusste, eine Königin und ihre Jungen lagen.

Traumfeder gefror das Blut in den Adern. Der Anführer wollte doch nicht etwa die unschuldigen Jungen verletzen? Es war eine Sache, Krieger und Schüler anzugreifen, aber doch keine Jungen.

Sie wollte eingreifen, aber in diesem Moment schob sich Nordlicht vor seinen Anführer, fauchend und mit ausgefahrenen Krallen.

„Du wagst es, dich mir in den Weg zu stellen?", fauchte Krallenstern.
„Wir sind keine Streuner, Krallenstern", sagte Nordlicht ernst. „Wir kämpfen gegen Krieger, nicht gegen wehrlose Junge".

Mit einem letzten Fauchen wandte sich Krallenstern ab.

„Blitzclan, Rückzug, wir haben gewonnen!", schrie er. Die kämpfenden Katzen hielten inne und die Blitzclan Katzen machten sich mit zufriedenen Gesichtsausdrücken auf den Weg aus dem Lager.

Krallenstern wartete, bis seine Krieger aus dem Lager verschwunden waren. Traumfeder sah noch einmal auf das zerstörte Lager und die Eisclan Katzen, die mit blutenden Wunden auf dem Boden lagen.

‚War das wirklich ein gerechter Kampf?', schoss es der Kriegerin durch den Kopf.

„Traumfeder, komm jetzt", rief Seelensturm über die Lichtung. Traumfeder schüttelte sich und trabte hinter den Blitzclan Kriegern her.

Warrior Cats - Die Macht des HimmelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt