Kapitel 14

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Laute Stimmen ließen Traumfeder am Tag des Treffens mit Eulenschwinge aus dem Schlaf aufschrecken.
Verschlafen richtete sie sich auf und sah nach hinten zu Mondseele und den Jungen.

Die Königin sah nicht weniger verwirrt und erschrocken aus.

Traumfeder wollte gerade auf die Lichtung sehen, da schob sich Froststern in den Bau, ihre Augen blitzten wütend.
Zuerst dachte Traumfeder, dass die weiße Kätzin von dem Besuch an der Grenze und dem Gespräch mit Eulenschwinge erfahren hatte, aber dann bemerkte sie, dass der Blick der Anführerin an ihr vorbei ging und auf Mondseele gerichtet war.

Die Königin riss die Augen auf, als Froststern sie musterte. Flussjunges und Seejunges versteckten sich verängstigt hinter ihrem Rücken.

„Ist es wahr?", fauchte Froststern wütend.
„Was meinst du?"
Mondseele trat nervös von einer Pfote auf die andere, auch Traumfeder war angespannt.

Froststern stieß ihren Kopf vor und senkte die Stimme, Traumfeder musste sich anstrengen, um noch etwas zu hören.

„Ich habe einen Traum vom Himmelclan erhalten. Deine Jungen sind auch die eines Streuners! Du hast gegen das Gesetz verstoßen. Du hast uns verraten. Du hast gesagt, wie wären Blattsprungs Junge. Wir haben sie wie unseresgleichen behandelt. Ist das wirklich wahr?"

Entsetzt beobachtete Traumfeder, wie Mondseele einen Schritt zurückwich, ihre Jungem nach hinten drängte und ihr Fell ängstlich aufstellte.
Eine Weile war es still, die Königin sagte nichts darauf, nach einer Weile senkte sie nur den Kopf.

Für Froststern schien das Schweigen eine Zustimmung zu sein.
Sie trat zurück und atmete tief durch.

„Nun, es tut mir leid, aber ich kann und darf so etwas in meinem Clan nicht dulden. Du kennst die Gesetzte und wir müssen danach handeln. Auch ich. Ich werde es dem Clan verkünden und dann muss ich leider die Maßnahmen ergreifen, die nötig sind."

Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sie sich um und verschwand wieder, Stille breitete sich aus.

„Ist es wahr?", fragte Traumfeder nach einiger Zeit.
Mondseele ließ sich auf die Seite fallen, alle Kraft schien sie verlassen zu haben.
„Ja, es stimmt. Flussjunges und Seejunges sind die Jungen eines Streuners. Als ich sie auf die Welt gebracht habe, habe ich behauptet, es wären Blattsprungs Junge. Er war kurz zuvor in einem Kampf gestorben, also konnte es keiner prüfen. Ich wollte doch einfach nur, dass sie...nicht getötet werden...und ich auch nicht!"

Traumfeder nickte langsam. Deswegen also war Seejunges schwarz-weiß. Sie wusste auch, was nun mit den dreien passieren würde.

Von draußen konnte sie Froststern hören, die zu ihrem Clan sprach. „Traum...Himmelclan...Verräter..."
Diese Wortfetzen reichten Traumfeder, um zu wissen, dass es wirklich ernst war.
Nicht mehr lange, dann würden auch Mondseele, Flussjunges und Seejunges Opfer der Gesetzte werden.

Und sie fasste einen Entschluss. Diese drei sollten nicht unschuldig sterben. Sie würde sie retten.

„Komm mit", sagte sie mit fester Stimme.
„Wohin? Es hat doch sowieso keinen Sinn mehr!", klagte Mondseele.
Traumfeder sah sich um. Alle Katzen waren auf der Lichtung, dorthin konnten sie unmöglich gehen. Aber die hintere Wand der Kinderstube war nicht besonders dick. Wenn sie sich beeilen würde, könnte sie ein Loch machen und die anderen so befreien!

Ohne auf Mondseeles Aussage zu antworten, rannte sie zu der Wand und fing hektisch an, die Äste beiseite zu schieben. Immer schneller und hoffend darauf, drei Tode zu verhindern, entwirrte sie kleine Zweige, riss Blätter ab und schleuderte sie hinter sich.

Die Königin hatte wohl verstanden, was sie vorhatte, rannte zu ihr und half, ein Loch zu erschaffen. Dadurch, dass die Kinderstube direkt an den Lagerwall anschloss, konnten sie dadurch direkt nach draußen.

Auf der Lichtung war Froststern fast mit ihrer Ansprache fertig, die Katzenmenge rief wild durcheinander.

„Ich werde sie holen", rief die Anführerin über die Stimmen hinweg.
Panisch rissen die Kätzinnen immer stärker an den Ästen, bis sich ein Loch ergab, das gerade so groß genug für eine ausgewachsene Katze war.

„Geh vor, ich gebe dir die Jungen", wies Traumfeder die Königin an.
Ohne zu zögern nickte Mondseele und zog sich durch das Loch. Kaum war sie durch, nahm Traumfeder Seejunges auf und gab sie nach draußen.
Mondseele setzte sie hinter sich und nahm gleich darauf Flussjunges entgegen.

Traumfeder hörte schon Schritte, die sich dem Bau näherten und beeilte sich, hinterherzukommen.

Gerade, als der Eingang des Baues zitterte und die Ankunft einer Katze ankündigte, war sie auf der anderen Seite. Schnell nahm sie Seejunges auf, Mondseele trug Flussjunges immer noch.

„Lauf!", zischte Traumfeder durch ein Maulvoll Fell.
Kaum hatte sie ausgesprochen, raste sie auch schon los, sah sich immer wieder nach Mondseele um. Die Königin hatte während der Zeit in der Kinderstube offenbar an Kondition verloren, denn sie schaffte es kaum, hinterher zu kommen.
Traumfeder bremste ab.
Froststern könnte sie bei diesem Tempo sofort einholen.

Sie setzte Seejunges ab und sah Mondseele eindringlich an.
„Ich lenke sie ab. Du musst hinter die Grenze der Territorien gehen, dort bist du erstmal sicher. Ich komme nach."

Mondseele nickte mit Angst in den Augen und Traumfeder setzte Seejunges auf den Rücken der Königin. Dann nickte sie den dreien zu und wartete, bis sie im Gebüsch verschwunden waren.

Jetzt musste sie nur noch verhindern, dass die Eisclan Katzen ihnen folgten. Also schlich sie wieder zu dem Loch in der Kinderstube zurück. Froststern stand schon vor dem Lagerwall, mit ihr einige Krieger.

„Sie sind verschwunden! Wir müssen sie finden!"

Traumfeder sah den Weg an, den Mondseele eingeschlagen hatte. Dann bewegte sich in die entgegengesetzte Richtung und trat absichtlich auf eines Ast. Das Knacken ließ Froststern und ihre Krieger herumfahren.

„Da lang", befahl sie und stürzte auf Traumfeder zu. Diese wirbelte herum und rannte los, schlug Haken um Bäume und zog sich unter Ästen von Büschen durch. Sie musste die Eisclan Katzen auf eine falsche Fährte führen! Also rannte sie immer weiter vom Lager weg, versicherte sich immer wieder, dass die Krieger ihr auch folgten und raste immer schneller.

Äste klatschten ihr ins Gesicht, nach einiger Zeit hatte sie die Orientierung verloren, ihre Kraft ließ auch nach. Was sollte sie nur tun?

„Kreist sie ein!", hörte sie Froststerns Stimme von hinten. Immer wieder sah sie Fell aufblitzen und sie konnte eine Katze ausmachen, die sich ihr von links näherte. Sie wollte gerade nach rechts ausweichen, da sah sie den nächsten Verfolger.

Ihr blieb nichts anderes übrig, als ein Risiko einzugehen. Sie blieb stehen, wobei sie noch ein Stückchen über den Boden rutschte, wendete und raste wieder los, direkt auf die erstaunte Froststern zu.

Traumfeder schlug einen Haken um sie herum und rannte weiter, immer mehr spürte sie, dass ihr die Kraft ausging. Ihre Lungen brannten und sie rang nach Luft, während sie die letzten Reserven aus sich herausholte.

Sie wusste, wie sie weitermachen musste, und so schob sie sich durch ein dichtes Gebüsch durch. Die Schmerzen, als die Dornen und Zweige ihr das Fell ausrissen, ignorierte sie. Am anderen Ende des Busches kam sie wieder auf die Beine und rannte weiter, machte irgendwann kehrt, rannte auf der selben Spur zurück und sprang auf den Baum, der ihr am nächsten stand. Sie zog sich hoch, Stück für Stück, bis die Blätter sie umschlossen.

Dann ließ sie sich, für einen Moment aufatmend, auf einen Ast fallen und sah nach unten. Gerade eben zogen sich auch die Eisclan Krieger unter dem Gebüsch durch, bemerkten ihre Fellfetzen und nickten zufrieden. Dann folgten sie der Spur weiter, ohne Traumfeder zu bemerken.

Sie wartete ein paar Herzschläge lang, bis sich ihre Atmung normalisiert hatte, dass stand sie auf und kletterte über die Äste auf die nächsten Bäume, weg von Froststern und ihren Kriegern.

Das Gefühl von Triumph überkam sie, sie hatte es geschafft, sie abzuhängen!

Die Krieger würden ihrer Spüren folgen und sie irgendwann verlieren, bis sie das gemerkt hätten, wäre Traumfeder schon bei Mondseele und den Jungen.

Glück strömte durch sie hindurch. Sie hatte drei Tode verhindert.

Warrior Cats - Die Macht des HimmelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt