Der Aufstieg von Nisshoku

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Nach diesem Vorfall gingen einige Jahre ins Land, in denen ich versuchte mir mein eigenes Leben aufzubauen. Unabhängig von Männern und vor allem von deren Meinungen. Noch heute verfolgten mich seine abwertenden und hasserfüllten Worte wenn ich versuchte zu schlafen. Mein Herz war zwar nicht mehr gebrochen, aber von all den Dingen die ich erlebt hatte vernarbt. Dennoch musste ich voran schreiten - Einfach aufzugeben, wenn ich bereits ganz unten angekommen war, war einfach nicht meine Art. Also versuchte ich eine Nische zu finden, in der ich als Dämon einer Arbeit nachgehen konnte, die mich nicht einschränkte und in der ich den Menschen helfen konnte, anstatt sie nur sinnlos abzuschlachten aufgrund meines Hungers. Und schlussendlich fand ich eine Arbeit: Ich wurde für die Menschen so etwas wie eine Heilige. Sie beteten zu mir als eine Rachegöttin. Das Prinzip war einfach: Frauen aus jeder Altersklasse kamen zu meinem Schrein und hinterließen ein wenig Geld, so wie einen Zettel, auf den sie niederschrieben, wen ich für sie töten sollte und warum es dieser verdient hatte. Zeigen tat ich mich nie und Leichen konnten niemanden erzählen, dass ich eigentlich ein Dämon war, weshalb alle davon ausgingen, dass das, was ich tat, ein Geschenk der Rachegöttin sei. Es fühlte sich gut an, diesen schwachen Menschen zu helfen und die Menschen zu töten, die von Grund auf Böse waren. Ob ich ein schlechtes Gewissen deshalb habe? Niemals. All diese bösen Menschen hatten es verdient zu sterben und schlussendlich von mir gegessen zu werden, so dass nichts mehr von ihrer Existenz übrig blieb. Je mehr Aufträge ich bekam, desto beliebter wurde ich unter den Leuten und desto mehr verbreiteten sich die Taten der Rachegöttin wie ein Lauffeuer über das Land, bis es schließlich auch die falschen Ohren zu hören bekamen.

- POV Muzan -

Warum störst du mich, während ich über meiner Recherche sitze?",fragte ich Michikatsu, der nun mir untergeben war.

,,Ich wollte Ihnen mitteilen, dass wir die Lilie auch bei den Küstenregionen nicht auffinden konnten. Es tut mir leid."

Diese ernüchternden Worte waren nichts neues für mich, weshalb ich das Gespräch lediglich mit einem kurzen Nicken abtat und mich dann weiter in mein Buch über die Blumen und Heilkräften Japans vertiefte.

Nach unserem Kampf, den ich fast gegen seinen Bruder verloren hätte, suchte er mich mit einer ungewöhnlichen Bitte auf. Er wollte auch ein Dämon werden, so wie seine Schwester, da er immer stärker werden wollte. Er wollte beide irgendwann in Sachen Stärke übertreffen, so dass er nie mehr in ihren Schatten stand. Natürlich ließ ich mich darauf ein, musste aber schnell feststellen, dass er zwar talentiert war, jedoch noch Meilen zwischen seinem Bruder und vor allem seiner Schwester standen: Selbst als Dämon. Dennoch konnte ich mit seiner Hilfe eine Armee aus 6 verschiedenen Dämonen zusammenstellen, die ich als hochrangige Monde betitelte. Meine besten Exemplare, die allesamt extrem mächtig waren. Doch die Suche nach der blauen Spinnenlilie war noch immer erfolglos. Nicht mal die anderen Dämonen waren in der Lage sie zu finden. Doch diese Blume war nicht das Einzige, was ich vergeblich suchte: Auch seine Schwester Nisshoku war unauffindbar, dabei wollte ich ihr nicht mal etwas Böses. Mittlerweile bereute ich meine Worte, denn als sie nicht mehr bei mir war, spürte ich diese extreme Leere in meinem Herzen, die nicht mal die Lilie füllen könnte. Schließlich hatten wir einander immer davon gesprochen, wie wir gemeinsam in der Sonne laufen und endlich ein normales Leben führen konnten. Sie war die erste und einzige Person gewesen, die versuchte mich zu verstehen und mir ein Gefühl von Sicherheit gab, dass ich so vorher noch nie gespürt hatte. Es war wie immer: Sobald man etwas verliert, erkannt man erst wie wichtig es einem war. Allem Anschein nach hatte ich mich nämlich tatsächlich in sie verliebt. Doch das ich heimlich nach ihr suchte, konnte ich keinen meiner Monde erzählen. Zumal ich niemanden von ihnen meine Geschichte mit ihr anvertraut hatte. Lediglich Kokoshibu, wie nun sein Name lautete, wusste von unserer engen Beziehung zueinander. Allerdings war er so loyal, dass er niemanden davon erzählte. Daher suchte ich auch alleine nach ihr, um mich für all meine Worte entschuldigen zu können. In der Hoffnung, sie irgendwann wieder in meinen Armen halten zu können.

Lange Zeit wusste ich nicht wo ich anfangen sollte zu suchen, da ich ihre Aura auch nirgends spüren konnte. Vermutlich machte sie sich einer blutigen Teufelskunst zu nutzen, die ihre Existenz vor mir verstecken könnte. Doch eines Tages belauschte ich ein Gespräch zwischen zwei Menschen, junge Frauen, die anscheinend ganz euphorisch waren.

Hast du schon von der Rachegöttin gehört?"
Nein, was für eine Gottheit soll das sein?"
Es heißt, dass sie Frauen wie uns hilft. Man muss lediglich ihren Schrein besuchen und einen Zettel schreiben, wo der Name der Person drauf steht, den sie umbringen soll und was der Grund dafür ist. Erachtet sie den Grund als gerechtfertigt, dann dauert es keine 2 Tage und diese Person ist tot. Angeblich würde sie nichts weiter als die Knochen übrig lassen."
Das klingt verrückt...aber vielleicht wäre das die Möglichkeit, wie ich meinen Ehemann los kriege.."
Wollen wir es ausprobieren? Ich weiß, wo ihr Schrein liegt."

Die beiden Frauen machten sich also auf den Weg zu diesem Schrein, weshalb ich ihnen aus Neugierde folgte und mit sicheren Abstand den Prozess beobachtete. Ihren Wunsch hatten die beiden schnell auf ein Papier gebracht, weshalb sie danach auch schon wieder die Stufen hinunter liefen und ich mich in Ruhe umsehen konnte. Auf den ersten Blick wirkte es wie ein normaler Schrein von einer Gottheit, weshalb ich mich schnell dazu entschied, dass es wohl eine falsche Fährte wäre, weshalb ich mich umdrehte, um zu gehen. Kaum hatte ich mich umgedreht, konnte ich Nisshokus Aura deutlich spüren, weshalb ich mich sofort umdrehte, doch außer einem kräftigen Windstoß konnte ich niemand weiteren wahrnehmen. Also war sie sie es doch. Sofort ergriff mich der Drang danach sie zu verfolgen, weshalb ich diesen schlussendlich nach gab.

Somit beobachtete ich sie, wie sie diesen armen Mann innerhalb weniger Sekunden auf sanfteste Weise tötete: Sie trennte seinen Kopf mit einem sauberen Schnitt ab, weshalb er nicht mal Schmerzen spürte und somit direkt verstarb. Nun, wo sie sich nicht bewegte, konnte ich sie auch wieder klar sehen: Sie war noch immer so wunderschön wie damals, jedoch war ihre Aura erdrückend. So sehr, dass es mich fast in die Knie zwang. Diese Frau war einfach unglaublich. Um so eine Stärke zu erlangen, muss sie bereits hunderte Menschen getötet und gegessen haben. Doch kurz hatte ich weg gesehen, war sie auch schon mit der Leiche verschwunden. Nur noch sein Kopf lag auf dem kalten Boden, die Augen geschlossen und in seiner eigenen Blutlarche. Scheiße, jetzt musste ich schnell sein, um sie wieder einzuholen - doch noch konnte ich ihre Aura wahrnehmen. Und schlussendlich kam ich vor einer großen Minka mitten im Wald zum stehen: Ihr Geruch lag hier überall, weshalb ich mir nun sicher war: hier musste sie leben. Somit atmete ich einmal tief durch, ehe ich durch den wunderschönen Garten schritt und schlussendlich vor der Tür zum stehen kam. Noch einmal atmete ich tief aus, ehe ich anklopfte.

Doch zu meinem Erschrecken machte nicht Nisshoku die Tür auf, sondern ein kleines Kind, das mir mit seinen roten Augen und den schlitzförmigen Pupillen direkt in die Augen starrte.

Es besaß rote, lange Haare und genauso wie Nisshoku ein rotes Mal auf der Stirn.

Und da wurde es mir klar: Dieses Kind war von meinem Blute.

Me & the DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt