5

27 0 0
                                    

"DAS.DARF.DOCH.WOHL.NICHT.WAHR.SEIN." Immer wieder schlug ich mit der Stirn auf die Holzplatte meines Schreibtisches ein. Mein Holzkopf konnte das ab. Was ich jetzt brauchte, war ein Gefühl, das meine Gedanken überdecken konnte, und Schmerz war nun einmal das einzige, mit dem ich umgehen konnte. Trotzdem hörte ich im richtigen Moment auf, bevor ich mir noch ernsthafte Verletzungen zuzog.
Das Gesicht zur Seite gedreht, legte ich meinen Kopf auf das harte Holz und schloss die Augen. Wenigstens hatte ich meine Ruhe. Meinem Vater wollte ich so früh nicht unter die Augen treten. Ich trug immer noch das Halsband, das ich dank meiner Schuluniform unter meiner blauen Schleife hatte verbergen können. Zwar sah ich damit wie ein großes, missglücktes Valentinstagsgeschenk aus, aber immer noch besser als vor aller Welt als der größte Volltrottel dazustehen und damit einmal mehr Seto Kaiba zu beweisen, dass ich tatsächlich dieses dumme Versager-Hündchen war, zu dem er mich gemacht hatte.

Es kostete mich Mühe, meine Augen zu öffnen und mich langsam wieder aufzurichten. Die Auswirkungen meines Katers waren immer noch deutlich spürbar, mein Magen knurrte wie ein ausgehungerter Wolf und in meinem Mund haftete der Geschmack von Schnaps und Magensäure. Alles schrie nach einer kalten Dusche, einer extra großen Portion Ramen und einer Mütze voll Schlaf. Der Zettel in meinem Blazer sagte etwas anderes. Ich kräuselte die Lippen. Dieser Geldsack hatte mir doch tatsächlich Hausaufgaben aufgebrummt. War das zu fassen?! Dabei hatte ich dem Lernen längst Lebewohl gesagt. Natürlich war das für Kaiba nur eine weitere Möglichkeit, meine Blödheit zur Schau zu stellen. Jedem auf der Schule war bekannt, dass ich nicht die beste Schülerin war, mich bloß von Schuljahr zu Schuljahr gehangelt hatte und überglücklich war, die Schulbank nie wieder drucken zu müssen.

Seto Kaibas Grinsen hatte sich in mein Hirn eingebrannt. Wie er mir den Zettel überreicht hatte, nachdem ich endlich meine Sachen aus dem Bad holen durfte. Richtig selbstzufrieden. Oh, das sollte er mir irgendwann büßen!

Den Zettel aus der Tasche meines Blazers gekramt, glättete ich zunächst das stark zerknüllte Papier.
Zehn Regeln hatte Kaiba aufgestellt. Alle sollte ich mir genau durchlesen und bis morgen Abend auswendig gelernt haben. Lesen UND Auswendiglernen - allein bei den Worten schüttelte es mich. Ich hatte weder die Nerven, noch die Geduld, mich mit Kaibas Gemeinheiten auseinanderzusetzen. Das einzige, das mich antrieb, waren die Konsequenzen, sollte ich mich weigern, Kaibas Anweisungen zu befolgen. Ich atmete tief ein und begann zu lesen:

Regel Nummer eins: Das Hündchen hat seinen Meister nur mit >Herr< oder >Kaiba-dono< anzusprechen.

"Tickt der nicht mehr ganz richtig", brüllte ich mein Zimmer zusammen und hätte am liebsten den Zettel in den nächsten Verbrennungsofen geworfen. Was glaubte Kaiba, wer er war? Ein König? Und ich sein Hofnarr? Ich schüttelte den Kopf, ermahnte mich, ruhig zu bleiben. Kaiba wollte doch nur, dass ich ausflippte. Genau deshalb veranstaltete er diese Spielchen - um mich explodieren zu sehen.
Die Augen zurück auf den Wisch gelenkt, las ich weiter:

Regel Nummer zwei: Das Hündchen tut das, was sein Herr ihm sagt.
Regel Nummer drei: Der Herr hat zu entscheiden, welche Erziehung für sein Hündchen angemessen ist.

Der Puls an meiner Schläfe begann heftig zu hämmern. "Ganz ruhig. Du wirst jetzt nicht ausrasten."

Regel Nummer vier: Ein braves Hündchen ist ein glückliches Hündchen.
Regel Nummer sechs: Hält sich das Hündchen nicht an die Regeln, wird das Hündchen sofort darauf hingewiesen und entsprechend bestraft.
Regel Nummer sieben: Das Hündchen ist stets gepflegt.

"Wofür hält der mich? Für einen streunenden Köter?!" Ich knallte meine Faust auf den Tisch.

Regel Nummer acht: Das Hündchen weiß sich zu artikulieren. Schimpfworte und anstößige Bemerkungen sind zu unterlassen und werden entsprechend bestraft.
Regel Nummer neun: Das Hündchen denkt erst, bevor es spricht - siehe Regel Nummer acht.

Inu no GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt