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Ich stand die zwei Meter von ihm entfernt und erwiderte seinen Blick. Selbst im Dunkeln blitzten seine Augen gefährlich auf. Das Licht über seinem Kopf verstärkte die Dramatik nur noch mehr.

So wie er sich den ganzen Abend über verhalten hatte, hatte ich keine Lust mit ihm zu reden oder mich von ihm weiter herumkommandieren zu lassen, weil ihm scheinbar einer abging, wenn ich mich scheiße fühlte.
Nein, ich hatte jetzt keinen Bock auf Seto Kaiba und seine Tyranneien.

Er schien begriffen zu haben, dass ich kein Beifuß gab, ihm nicht wie ein braves Hündchen hinterher hechelte. Darum stieß er sich vom Laternenmast ab und marschierte auf mich zu.
"Einsteigen", zischte Kaiba. Er hatte unter meinen Arm gegriffen, zog mich zu sich heran.
"Und mein Fahrrad?" Mehr schaffte ich nicht zu sagen. Seine Nähe, der Blick, seine ganze Haltung - irgendwas war anders und ich schob meinen Ärger fürs erste beiseite.

"Dein Fahrrad ist mir scheißegal", fluchte Kaiba und zerrte mich Richtung Gehsteig, wo seine Limousine bereitstand.
"Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen!?"
"Vorsicht, Jonouchi", er schubste mich regelrecht in den Wagen, "du solltest jetzt lieber ganz still sein."
"Wenn es um vorhin ging: das ist mein Job, okay? Außerdem waren-"
"Denkst du, das interessiert mich?!" Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Kein wirklich beruhigendes Lächeln. "Du lernst einfach nicht dazu, was, Jonouchi?" Er klopfte einmal hart auf die dunkle Scheibe. Der Fahrer fuhr das Plexiglas herunter und Kaiba blaffte seinen Chauffeur an, dass er unverzüglich anhalten sollte.
Ich sah aus dem Fenster. Wir waren noch nicht einmal aus dem Viertel raus. Vielleicht wollte mich Kaiba aus dem Wagen schmeißen. Mir würde das nichts ausmachen. Zu Fuß könnte ich zurück zum Club laufen, mir mein Fahrrad schnappen und nach Hause fahren. Mein Vater war mittwochs eh nie zu Hause und selbst wenn, machte es keinen Unterschied. Seit Seto Kaibas Männer meinem Alten einen Besuch abgestattet hatten, hatte dieser mir nicht einmal mehr ins Gesicht sehen können. War schon eine schräge Situation gewesen, als ich wegen meines Mitarbeiterausweises doch in meine Wohnung zurückkehren musste und mein Alter sich die meiste Zeit auf dem Klo verschanzt hatte. Was in unserer Bude auch passiert war (Gewalt konnte es nicht sein, denn dafür sah der Mann nicht genug demoliert aus), es hatte etwas mit ihm gemacht. Ob auf Dauer - das würde sich noch zeigen.

Also, warum nicht einfach zurück nach Hause radeln. Wer sagte, dass ich Kaibas Befehlen hörig sein musste? Ich war immer noch ein freier Mensch und konnte tun und lassen, was ich wollte...

"Aussteigen", sagte der Braunhaarige. Ich stieg also aus. Zu meiner Überraschung machte es mir Kaiba nach.
"Was wollen wir hier?" Ich kapierte nicht, was in seinem Kopf vorging.
"Du hast heute eine Grenze überschritten...", Kaiba stockte. "Scheinbar kann man es dir nur auf diese Weise beibringen." Er hielt mich am Handgelenk fest und steuerte das Motel auf der anderen Straßenseite an. In mir flackerten viele kleine Fragezeichen auf, hauptsächlich wegen Seto Kaibas unberechenbarer Art. Das passte einfach nicht zu diesem selbstverliebten Perfektionisten.

Ohne die Rezeptionistin zu grüßen, verlangte er nach einem Zimmer. Wie ein verängstigtes Reh übergab sie ihm dem Schlüssel, Kaiba knallte das Geld auf den Tisch, schnappte sich den Schlüssel und zog mich weiter durch den Flur. Ich fragte mich, wie wir zwei für sie ausgesehen hatten. Kaiba ging dermaßen ruppig mit mir um und ich schnauzte ihn von der Seite wie ein Straßenschläger an - wie ein schräges Pärchen mit Vorliebe für Versöhnungsex. Vielleicht dachte sie aber auch, dass unser Verhalten eine Art Rollenspiel war. Meine schwarze Bluse aus dem mein halber Ausschnitt guckte und dazu Kaibas Anzug ala Geschäftsmann - wenn das nicht nach >Chef vögelt Sekretärin< schrie.

Rein da!" Kaiba streckte seinen Arm aus und zeigte in das schäbige Zimmer. Was für einen Einfall hatte er jetzt schon wieder?!
Erst einmal schlug er die Tür zu. Ich suchte mir eine gute Position und stemmte die Hände in die Hüften. "Wird das hier irgendso 'ne kranke Sexnummer?!", fragte ich.
"Du hast nicht das Recht, mich auch nur irgendwas zu fragen!" Er kam einen Schritt auf mich zu. "Du glaubst doch nicht, dass ich dir das durchgehen lasse?!"
"Wenn du-" Aber er ließ mich nicht ausreden.
"Niemand", seine Stimme brodelte, "hörst du! Niemand dringt ungestraft in meine Privatsphäre ein! Auch nicht so ein dummer Köter wie du."
"Ich", endlich machte es bei mir Klick. Plötzlich ergab sein ganzes Verhalten einen Sinn.
"Wage es nicht, mich anzulügen, Jonouchi. Ich weiß, dass du in meinem Zimmer herum geschnüffelt hast."
"Es stimmt, ich war in deinem Zimmer", gestand ich kleinlaut. "Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist, und es tut mir auch wirklich leid. Aber ich schwöre, ich habe nirgendwo rein gesehen. Ich war nur kurz drin und-"
"Und das soll ich dir glauben?!"
"Ehrlich, ich wollte deine Privatsphäre nicht verletzen." Kaiba glaubte mir nicht. Das konnte ich in seinem Gesicht ablesen. Gerade steckte darin so viel Wut und Hass. Ich fühlte mich elend. Dass Kaiba verletzt war, konnte ich verstehen, und es war sein gutes Recht, wütend und aufbrausend zu sein.

Inu no GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt