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Nachdem der Morgen ein frustrierendes Ende genommen hatte, hoffte ich, heute Abend einmal meinen Kopf frei zu bekommen, und was half besser, als ein sechs Stunden Parkourlauf durch Dominos nobelsten Night Club?

Spontan hatte ich einen Anruf von meinem Chef erhalten. Eine Reservierung für den VIP-Bereich wäre heute kurzfristig reingegangen und Kameda-san, eine der fest Angestellten des Night Clubs, hatte sich heute Morgen krank gemeldet.

Da stand ich also nun. Mitten in der Woche, am Smooth-Wednesday, an dem sich die High Society von Domino zu versammeln schien. Jeder, der sich für den heißesten Shit hielt, kam mindestens alle drei Monate hierher. Die einzelnen Lounges waren nobel und exquisit, der >einfache Pöbel<, wie mein Boss die Wochenendbesucher bezeichnete, hatte am Mittwoch keinen Zutritt.

Es war kurz vor zehn. Gleich würde Sanji, unsere Security, den Haupteingang aufschließen. 
Mir ging so langsam der Stift. Es war mein erster VIP-Abend. Zwar hatte ich schon die ein oder andere Persönlichkeit kennen lernen dürfen, aber bedienen durfte ich bisher noch keinen von ihnen. Mein Chef hatte da zu wenig Vertrauen in mich, und ich selbst bekam bei dem Gedanken ganz schwitzige Hände.

"Nur keine Angst, Kazuha." Suzuki-senpai klopfte mir auf die Schultern. "Mach' es einfach so wie immer, dann kann nichts schief gehen."
"Danke, Senpai", stöhnte ich und krallte mir das Tablett.

Nach und nach füllte sich der Club. Die Musik wurde von Gelächter und hitzigen Gesprächen übertönt. Ich versuchte mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Zum Beispiel darauf, nicht über meine eigenen Beine zu stolpern. Das war zwar für den ein oder anderen Gast ganz amüsant, aber nicht für meinen Boss, der mir finstere Blicke zuwarf. Der Chef des Night Clubs stand für gewöhnlich hinter den Kulissen, aber heute half er unserer Barkeeperin hinter dem Tresen. Wie Suzuki-senpai mir erzählt hatte, hatte er viele Connections. Darunter zählten auch Verbindungen zu der Geschäftswelt und eine Reihe von Politikern. Das ein oder andere Gesicht kam mir bekannt vor, ein paar Models hatten es sich auf eine der Sitzecken bequem gemacht und eine Schmalzlocke aus den Abendnachrichten fläzte zwischen zwei heißen Blondinen. Viel Zeit zum Gucken blieb nicht. An den Wochenenden war der Night Club fast doppelt so voll wie heute. Dafür verlangten die Gäste des Smooth-Wednesday eine Sonderbehandlung, als wäre ich ihr persönlicher Betreuer für den heutigen Abend. Ich erledigte Aufgaben, die ich nicht gerade in die Kategorie Kellnerin einordnen würde. Einmal wies mich eine der überkandidelten Weiber an, sie auf die Toilette zu begleiten. Eine halbe Stunde hatte ich damit zu kämpfen, den Latexanzug einmal zurück über ihren Körper zu zwängen. Am Ende musste ich in die nächste Drogerie flitzen und eine Tube Gleitgel kaufen, was mich weitere zwanzig Minuten gekostet hatte. Und zum Dank beschwerte sich die Tussi auch noch, dass ich ihre Frisur zerstört hätte. Dabei war nur eine Strähne aus ihrem Dutt gerutscht. War doch eh egal, wenn sie sich von diesem reichen Muttersöhnchen abschleppen lassen wollte.

Stöhnend lehnte ich mich an den Tresen.
"Nur eine Minute", seufzte ich, als unser Boss außer Reichweite war.
"Du schlägst dich super", machte mir Suzuki-senpai Mut. Ich hob den Daumen und lächelte breit. Von ein paar reichen Schnöseln ließ ich mich doch nicht klein kriegen! Erst recht nicht von diesen Pseudo Erwachsenen, von denen die meisten kaum älter als ich waren. Die gaben doch bloß das Geld ihrer Eltern aus. Solche Leute konnte ich nicht ernst nehmen.

"Erzählst du mir nachher, was es mit dem Halsband auf sich hat?", Suzuki-senpai lächelte verschmitzt. Sie war nicht die erste im Club, die mich darauf angesprochen hatte. Die Männer, die etwas mit meinem Accessoire anzufangen wussten (ich fragte erst gar nicht woher), versuchten mehr über mich und meinen >Beziehungsstatus< herauszufinden. Statt meine üblichen Sprüche rauszuhauen, tat ich das, was mir Suzuki-senpai beigebracht hatte - einfach lächeln und nichts sagen. Dank Kaibas fragwürdigen Erziehungsmethoden fiel es mir nicht sonderlich schwer, meinen Mund zu halten. Na toll! Hatte es Kaiba also geschafft, in meine Gedanken vorzudringen. Die letzten drei Stunden waren so reibungslos über die Bühne gegangen und jetzt lenkte mich ein einziger Gedanke von der Arbeit ab.

Inu no GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt