KAPITEL SIEBENUNDDREIßIG

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Jasper hatte mit vielem gerechnet. Dass Hanjae ihn wegen seinem Verhalten am gestrigen Abend vielleicht sogar aus der Wohnung schmeißen wollte, dass er eine Ansage bekam, irgendwie so etwas. Womit er aber absolut gar nicht gerechnet hatte, war ein Geständnis, denn das hatte ihn innerlich absolut von den Socken gehauen. Okay, er hatte ja gemerkt, dass ihm Hanjae nicht per se abgeneigt gewesen war, aber Gefühle für ihn? Oder zumindest Interesse an ihm? Das war dann doch mehr als Jasper sowohl in der Situation als auch im generellen erwartet hatte.

Den Fast-Kuss? Den noch weniger. Danach sehnte er sich zwar fast seit dem Augenblick, an dem er Hanjae das erste Mal gesehen hatte, denn solchen Lippen konnte man nicht widerstehen. Aber, dass es ausgerechnet heute dazu kommen würde? Oder eben auch nur fast.

Denn der Augenblick, dieser verdammt beschissene Augenblick, dem Jasper schon seit Minute Eins entgegenfieberte — auch wenn er nie wirklich der Annahme gewesen war, dass es wirklich dazu kommen würde — wurde unterbrochen. Und Jasper hatte um ehrlich zu sein absolut gar keine Ahnung, was überhaupt abging.

Warum zur Hölle klopfte jemand so energisch an die Wohnungstür und warum wich Hanjae jegliche Farbe aus dem Gesicht, sobald er das hörte?

Wer auch immer es war, Jasper verfluchte die Person innerlich. Er war kurz davor gewesen, Hanjae zu küssen — fucking finally! Doch stattdessen wurde ihr Moment zerstört, wie eine Seifenblase, die einfach rücksichtslos in der Luft zerplatzt wurde.

Hanjaes Hände lösten sich aus dem Stoff von Jaspers Jacke (die eigentlich dem Detective gehörte, aber seit wann nahm Jasper schon darauf Rücksicht?) und mit einem Räuspern trat er von Jasper zurück, der am liebsten nach Hanjaes Armen gegriffen und ihn zurück zu sich gezogen hätte. Scheiß auf die Person, die gegen die Tür klopfte! Doch Hanjae schien das anders zu sehen, und bevor Jasper irgendetwas sagen konnte, hatte sich Hanjae vollends von ihm gelöst und verließ wortlos das Wohnzimmer, wohl um zu schauen, wer gerade ihren Moment zerstört hatte.

Jasper fluchte und diesmal nicht nur innerlich. Warum hatten sie auch so ein Pech? Das war der Moment gewesen! Dennoch siegte seine Neugierde, und vielleicht auch der Groll gegen die unbekannte Person, und Jasper folgte Hanjae in den Flur.

Doch als Hanjae die Tür öffnete, wollte Jasper am liebsten zurück ins Wohnzimmer verschwinden und das wenn möglich komplett ungesehen.

Was machte Hanjaes Mutter hier?

Sein erster Eindruck von der Frau war kein besonders guter gewesen. Okay, sie wollte ihren Sohn unter der Haube sehen, das war eine Sache. Aber Jasper hatte ihren Blick nicht vergessen, die Abschätzung, mit der sie ihn bedacht hatte. Und auch wenn er sich normalerweise nicht viel daraus machte, was fremde Leute über ihn dachten — es gab nur wenig, was ihm mehr scheiß egal sein konnte — hatte es ihn dieses eine Mal mehr getroffen als sonst. Und auch wenn Jasper es nicht zugeben wollte, lag es nun mal daran, dass es Hanjaes Mutter war. Und so war es ihm zuvor noch wie eine unerreichbare Spinnerei vorgekommen, hatte Hanjaes Geständnis es nun doch bestätigt, dass Jasper die Meinung von Hanjaes Mutter vielleicht doch nicht so egal sein sollte.

Weil sollte er Hanjae je daten vielleicht, nur vielleicht würde das ja doch Mal der Fall sein, Jasper war sich noch dessen unsicher, da sollte er zumindest ein neutrales Verhältnis zu dieser Frau haben.

»Park Hanjae!«, kam es wütend von ihr und Jasper wurde von ihrer geladenen Ausstrahlung beinahe von den Füßen gerissen. Was ging hier ab? War sie sauer auf Hanjae? Was zur Hölle war beim Brunchen bitte passiert? Jasper könnte schwören, dass ihn der Blick von Hanjaes Mutter wie messerscharfe Dolche traf, als sie ihn hinter ihrem Sohn im Flur entdeckte.

»Warum ist er denn noch hier?«, rief sie aus und nun verstand Jasper gar nichts mehr. Konnte ihr es nicht egal sein, dass er noch bei Hanjae wohnte? In ihren Augen war er doch nur ein Freund, also wo bestand das Problem? »Redest du deswegen diesen albernen Mist? Hat er dich verführt und deswegen hast du mit Mina Schluss gemacht?«

Mr. PolicemanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt