Mr. Policeman

KAPITEL NEUN

Jasper schien sich nicht daran zu stören, dass sein Gegenüber ihn dabei beobachtete, wie er in Rekordzeit den Döner verschlang, den Hanjae ihm einen Moment zuvor gekauft hatte. Er selbst trank nur eine Cola und verfolgte über den Rand seines Glases hinweg, wie der Junge den Döner verputzte. Nachdem sie wieder die Wohnung von Javier verlassen hatten, war die Stimmung zwischen ihnen ein wenig angespannt gewesen. Jasper nahm es ihm offensichtlich noch übel, was Hanjae über seinen besten Freund gemutmaßt hatte. Sobald er ihm jedoch angeboten hatte ihm etwas zu Essen zu kaufen, schien sein Groll wieder ein wenig verflogen zu sein. Wenn vielleicht auch nicht gänzlich, aber immerhin etwas. Zu Hanjaes eigener Überraschung erleichterte ihn dies mehr, als er erwartet hatte. Genau wie die Tatsache, dass Javier anscheinend noch vom Erdboden verschluckt war und Jasper somit wohl zumindest noch einige Tage bei ihm bleiben würde. Natürlich würde er das dem Jungen nicht einfach so ins Gesicht sagen, denn sein süffisantes Grinsen konnte Hanjae sich bildlich vorstellen, wenn er gestehen würde, dass ihm seine Anwesenheit nicht nur nicht störte, sondern sogar gefiel — zumindest ein klitzekleines wenig.

»Bist du dir sicher, dass du nichts essen möchtest?«, fragte Jasper mit vollem Mund, ehe er den letzten Bissen hinunterschluckte.

»Ziemlich sicher. Aber nett von dir, dass du nachfragst, ob ich mir etwas zu Essen von meinem eigenen Geld kaufen möchte.«

Zwar schien der kurzzeitige Zorn von Jasper verflogen zu sein, jedoch änderte sich wohl nichts daran, dass sie kein normales Gespräch führen konnten, ohne dass einer den anderen unterschwellig provozierte und triezte. Zu seiner eigenen Überraschung seufzte Jasper nur und wischte sich dann seinen Mund am Ärmel des Pullovers ab, den er trug und der eigentlich Hanjae gehörte. Dieser beobachtete das mit einem Stirnrunzeln, verkniff es sich jedoch, den Jungen darauf hinzuweisen oder gar zu maßregeln.

»Wie lange geht eigentlich noch dein Urlaub?«, fragte Jasper, als er den Rest des Döners mit einem Schluck seines Getränks herunter spülte.

»Ich hole meinen Resturlaub aus den letzten beiden Jahren nach, also noch eine Weile.« Dass das keineswegs freiwillig war, verschwieg Hanjae lieber. Immerhin dachte Jasper immer noch, dass er Anwalt sei — zumindest hoffte Hanjae das, denn so richtig schien ihm das sein Gegenüber ja von Anfang an nicht abgekauft zu haben. Mittlerweile glaubte er zwar nicht mehr, dass Jasper einfach verschwinden würde, wenn er herausfand, dass er Detective war, allerdings hatte er mit dieser Lüge angefangen und diese nun aufzudecken, hielt er für schwachsinnig. Jasper würde wohl noch einige Tage bei ihm bleiben, solange konnte er das Lügengerüst wohl noch aufrechterhalten, schließlich war er das sowieso gewöhnt, im Bezug zu der Sache mit Mina.

Er hatte keine Ahnung, ob er Jasper danach überhaupt jemals wieder zu Gesicht bekommen würde — wenn er ihn nicht zufällig gerade auf Streife dabei erwischen würde, wie er versuchte ein Fahrrad zu knacken — also hielt er es für besser, für den kurzen Zeitraum einfach weiter mit seiner ursprünglichen Notlüge zu leben und Jasper keinen Grund zu geben sich bei ihm unsympathisch zu machen. Um ehrlich zu sein konnte er kein Stück einschätzen, was Jasper von ihm hielt.

In Javiers Wohnung hatte er gesagt, dass er ihn als Freund betrachtete, weswegen er die Bemerkung von der Nachbarin nicht korrigiert hatte, allerdings war sich Hanjae nicht sicher, ob Jasper ihn nicht vielleicht sogar für nervig oder dergleichen hielt, aber bei ihm blieb, weil Hanjae ihn bei sich wohnen ließ und ihn kostenlos durchfütterte. Denn dafür nahm man wohl auch die Anwesenheit einer Person in Kauf, wie man nicht wirklich leiden konnte, oder?

»Und du fährst nirgends hin? Wenn du so viele restlichen Urlaubstage angesammelt hast, kannst du die letzten Jahre ja auch nicht großartig weggefahren sein. Wieso jetzt nicht?«, fragte Jasper weiter und schob den kleinen Metallteller, der vor ihm auf dem Tisch stand, ein Stückchen von sich weg. »Willst du nicht ohne deine Freundin fahren?«