KAPITEL DREIUNDFÜNFZIG

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Es war schon spät am Nachmittag, als Jasper die Tür zur Wohnung aufschloss und in den Flur trat. Er zog seine Jacke aus und warf ein Blick in das Wohnzimmer, welches jedoch verlassen war. Eigentlich sollte Hanjae Zuhause sein, dem war sich Jasper ziemlich sicher, aber auch in der Küche stieß er nicht auf ihn. Hatte er sich womöglich vor der Arbeit hingelegt und schlief etwas, bevor sie am Abend loswollten? Aber als Jasper bemüht leise die Tür in das Schlafzimmer öffnete — für den Fall, dass Hanjae tatsächlich schlief — fand er das Bett frisch gemacht vor. Stattdessen fiel ihm die nur angelehnte Balkontür auf und er erspähte Hanjae, der auf dem Balkon saß und etwas zu lesen schien.

»Hi«, begrüßte Jasper ihn, als er die Tür aufstieß und nach draußen trat. Hanjae schien ihn zuvor nicht gehört zu haben, denn er zuckte sichtbar zusammen und wandte sich erst dann zu ihm um.

»Hi Jasp«, erwiderte er. Jasper hatte Hanjae schon länger nicht mehr allein rauchen sehen. Er schlug keine Zigarette ab, wenn Jasper selbst am Rauchen war oder jemand anderes, aber er konnte sich nicht daran erinnern, wann er den Detective das letzte Mal allein auf dem Balkon hatte rauchen sehen. »Alles okay?«, fragte er also und trat hinter Hanjae, ehe er seine Arme von hinten um ihn schlang.

Hanjae faltete das Papier in seinen Händen zusammen, bevor Jasper einen Blick darauf werfen konnte. Dem Detective entkam nur ein Brummen und er wusste nicht recht, ob das ein ja, oder eher ein nein signalisieren sollte, aber er hakte auch nicht nach. Wenn Hanjae darüber reden wollte, würde er es schon tun.

»Wie war dein Tag? War es schön mit Javier?«, fragte Hanjae stattdessen und reichte Jasper eine Zigarette, die er dankend annahm.

»Anstrengend, aber ja. Ich glaube seine Hochzeitsfeier wird pompöser als die der Royals ausfallen. Aber immerhin habe ich schon den passenden Anzug für das Ereignis.«

»Ich habe ja gesagt, dass du noch öfter in deinem Leben einen Anzug gebrauchen kannst. Wie gut, dass du auf mich gehört hast.«

Jasper schnaubte lachend. »Hm ja, wie gut, dass ich auf dich gehört habe.« Er atmete den Rauch aus und drückte Hanjae einen Kuss auf die Wange, was diesen hochschauen ließ. »Trotzdem übertreibt Javier. Ich dachte eigentlich er würde mehr Wert auf die anschließenden Flitterwochen legen, aber so wie er das Geld für die Feier verpulvert, fallen die wohl eher kurz aus.«

»Heißt es nicht immer, dass die Hochzeit der glücklichste Tag im Leben einer Frau sein soll? Das gleiche gilt auch für einen Mann, zumindest Javier. Lass ihn doch das Geld verpulvern, es ist nicht so, als würde Zac das wirklich schmerzen.« Hanjae nahm einen letzten Zug seiner Zigarette und drückte sie dann vor sich im Aschenbecher aus. »Und ich glaube nicht, dass er sich deswegen bei der Planung ihrer Flitterwochen zurückhalten wird.«

»Ich vergesse manchmal, dass der Typ noch mehr Geld auf Tasche hat als du«, erwiderte Jasper.

»Deutlich mehr. Deutlich sehr viel mehr«, korrigierte Hanjae und griff nach Jaspers Hand, um ihre Finger miteinander zu verschränken. »Dank dieses Briefes wird das auch so bleiben.«

Jasper zog irritiert seine Augenbrauen zusammen. »Wie meinst du das?« Er griff nach dem Brief, als Hanjae ihm den Umschlag reichte.

»Meine Eltern haben ihr eisernes Schweigen gebrochen. Oder vielmehr ihr Anwalt.«

Verwirrt faltete Jasper das Papier auseinander und überflog den Text.

»Das ist ein Witz, oder?«, entkam es ihm und er las den Text erneut — er musste das falsch verstanden haben. »Das kann nicht deren Ernst sein.«

»Ich schätze schon«, erwiderte Hanjae und nahm den Brief zurück, ehe er ihn in den Umschlag schob. »Ich wusste ja, dass sie nicht gut reagieren würden, aber das habe ich, um ehrlich zu sein nicht erwartet.«

Mr. PolicemanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt