Die Wanderung

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Zoe PoV

Ich war stolz auf meine Freundin. Jahrelang hatte sie die Menschen gehasst, doch nun hatte sie sie zu lieben gelernt. Und das nach einer Verwandlung. Ich wusste nicht, was ich von den Zweibeinern halten sollte, sie verschmutzten ihren eigenen Lebensraum und gefährden dadurch sich selbst und ihre Nachfahren. Im Himalaya galt es schon als schweres Verbrechen, Fleisch- und Knochenreste nicht zu vergraben. Die Menschenwelt war da ganz anders. An jeder Ecke befanden sich Müllcontainer, dennoch lag auf gefühlt jedem Zentimeter Plastik und Kartons. Glücklicherweise hielten wir, die Schüler der Forest Life Academy, unser Territorium sauber und befreiten es von Müll.

Während wir am Rande einer Stadt entlang schlichen, stach mir der Dreck der Menschen noch mehr auf als sonst. "Es ist schrecklich, was die Menschen alles achtlos liegen lassen! Weißt du noch die Regeln im Gebirge Melissa?", versuchte ich, meine Freundin vom Schwärmen über Menschen abzulenken. Auch sie sah sich um und erwiderte traurig: "Natürlich erinnere ich mich! Mir ist schon aufgefallen, dass die Menschen nicht nur gute Seiten haben. Das was hier liegt kenne ich nicht. Zu uns kommen nur sehr selten Zweibeiner und alle Fleischfresser, Vegetarier und Veganer, räumen die Reste ihrer Mahlzeit weg. Sie werden immer vergraben und nichts bleibt liegen. Es ist respektlos gegenüber den Gefressenen und den Mitbewohnern, seinen Schmutz liegen zu lassen." Meine Freunde wirkten erstaunt. So etwas gab es in der Welt der Menschen nicht. "Wie kann es sein, dass jeder den gleichen Regeln folgt? Ihr seid doch nicht alle Wandler, die sich untereinander verständigen können, oder?", stellte Jo die Frage, welche wohl auch den anderen eingefallen war. "Keine Ahnung. Das war irgendwie schon immer so und hoffentlich bleibt es auch", erwiderte ich.

Bella PoV

Zum Glück folgten Melissa und Zoe unserer Aufforderung und begannen, von gemeinsamen Abenteuern zu erzählen. Wir kamen gut voran und legten in unglaublicher Geschwindigkeit eine große Strecke zurück. Die Zeit verging wie im Flug und als wir in der Ferne schon die ersten Häuser von Innsbruck erkennen konnten, ging langsam die Sonne unter. "Mir tun die Pfoten weh!", jammerte Nick, der Fischkatzenwandler. "Hör auf rumzuheulen! Wir sind alle müde, aber wir sind ja auch fast zwölf Stunden lang durchgehend unterwegs gewesen", gab Jo finster zurück. Den ganzen Tag über hatte Nick sich mit einer Sache beschäftigt. Er hatte sich beschwert. Entweder war es zu warm oder zu kalt, der Wind blies zu stark, es ging kein Wind, er hatte Durst, er hatte Hunger, er war es leid mit Wölfen zu reisen und es stank nach Schaf und Gams. Jo hatte ihn einmal fast angegriffen, ich hatte ihn gerade noch zurück halten können. Natürlich verstand ich meinen Freund, auch ich hätte Nick liebend gerne eine reingehauen, aber wir sollten zusammenhalten und uns nicht in Fetzen reißen.

"Übrigens, ihr seid ja Wölfe. Und Wölfe können doch gut jagen, richtig? Wie wär's also, wenn ihr jagen geht, ich mich währenddessen entspanne und ihr mir dann was zum Essen bringt. Nayla, Antonia, Melissa und Zoe können mich ja in der Zwischenzeit massieren und einen weichen Schlafplatz für mich suchen." Fassungslos starrte Jo ihn an. "Nur weil du zu faul bist, irgendwas zu tun, heißt das nicht, dass du dich entspannen kannst, während wir uns um Essen und Schlafplätze kümmern. Du hättest ja nicht mitkommen müssen, es wäre wesentlich ruhiger und fröhlicher, wenn du nicht jedem hier alles verderben würdest. Das heißt, entweder du hilfst bei der Jagd oder du hungerst. Wenn ich jetzt auch nur ein einziges Wörtchen höre, außer "In Ordnung, ich helfe mit", dann kannst du morgen allein schauen, wie du weiterkommst. Vielleicht erweist sich einer von den anderen als geduldig genug, um dich dann zu begleiten, aber ich habe wirklich keine Lust mehr. Wenn es in der Schulordnung nicht ausdrücklich verboten wäre, außerhalb des Unterrichts zu kämpfen und wenn Bella mich nicht zurückgehalten hätte würdest du nämlich vor Angst vor mir weglaufen!", schrie er ihn an. "Du brauchst nicht gleich so auszuflippen, ich habe nur einen Vorschlag gemacht. Auch für mich wäre es übrigens schöner, ohne stinkende Wölfe zu reisen!" "Dann geh!, brüllte Jo. "Hau ab und entspann dich irgendwo, solange ich dich weder hören, sehen oder riechen muss!"

Forest Life Academy 1, Das erste AbenteuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt