Eine neue Schülerin

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Bella PoV

In meiner ersten Nacht an der Forest Life Academy dachten Nayla, Antonia und ich gar nicht daran zu schlafen. Stattdessen erzählten wir uns Geschichten aus unserem „alten" Leben. Wir waren sowieso viel zu aufgeregt. Morgen würde nicht nur unsere Mitschülerin Zoe eintreffen, auch der Unterricht begann.
„Als ich klein war habe ich mich immer wieder verwandelt. Aber eines Tages sah ein Nachbar mich, wie ich als Murmeltier im Garten meiner Familie unterwegs war. Er rief beim Zoo an, weil er dachte ich wäre von dort ausgebrochen! Glücklicherweise wusste meine Mutter, was mit mir passieren würde, wenn die Tierpfleger kommen würden. Sie hat mich, als Franz, so heißt der Nachbar, gerade nicht hinsah, ins Haus geholt und mir bei der Rückverwandlung geholfen. Franz musste den Tierpflegern einiges erklären. Er war total verwirrt, weil er sich ganz sicher war ein Murmeltier gesehen zu haben", erzählte Antonia. Wir konnten uns das Lachen kaum verkneifen. „Hat euer Nachbar herausgefunden, was mit dem ausgebrochenen Murmeltier geschehen ist?", erkundigte ich mich grinsend. Kichernd antwortete meine neue Freundin: „Nope. Sonst wäre er vermutlich an Herzinfarkt gestorben. Er fand mich nämlich extrem niedlich, bis ich ihm an Halloween einen ziemlich gemeinen Streich gespielt habe. Er wollte mir wegen gesunder Ernährung keine Süßigkeiten geben! Könnt ihr euch das vorstellen? Stattdessen gab er mir Obst und Gemüse!"

Solche Geschichten erzählten wir uns die ganze Nacht und hatten echt viel Spaß. Irgendwann wechselte Nayla das Thema: „Morgen... Ähm also eigentlich heute, es ist ja schon nach Mitternacht, haben wir doch in der ersten Stunde Verwandlung. Könnt ihr das gut? Ich bin nämlich noch sehr schlecht darin." „Frag mich doch nicht! Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie verwandelt. Ich wusste ja nicht mal, dass ich das überhaupt kann. Ich werde mich morgen vermutlich blamieren!", bemerkte ich. „Ach was. Verwandeln ist nicht schwer. Macht euch doch keine Sorgen. Notfalls helfe ich euch eben. Ihr werdet euch garantiert nicht blamieren. Unser Lehrer in Verwandlung ist übrigens ein Wolf. Wahrscheinlich liebt er dich", meinte Antonia. „Apropos Wolfswandler! Gibt es hier eigentlich noch andere Wölfe? Wenn ja haben die dann ein Rudel?", fragte ich neugierig. Dieses Mal antwortete Nayla mir: „Zweimal ja. Der Alpha von ihnen ist echt süß. Er heißt Jonas, wird aber von allen Jo genannt. Dann ist da noch die Beta Luisa und der Omega. Der heißt Lorenz und ist manchmal ein bisschen brutal. Er kann sich hin und wieder nicht zurückhalten. Seit ich hier bin hatte er schon zwei Wutattacken. Aber die Wölfe sind leider sehr kratzbürstig, wenn es um uns geht. Sie reden kaum mit uns und den anderen Schülern. Ich glaube, dass liegt daran, dass wir nicht so stark sind und einige sogar in ihr Beuteschema passen. Solltest du dich ihnen anschließen, könnte die Gefahr bestehen, dass du dich von uns fernhalten musst."
Natürlich konnte auch hier nichts einfach sein. Von meinen neuen Freundinnen konnte ich mich nicht einfach so trennen, aber ich wollte mich auch dem Rudel anschließen. Vielleicht schaffte ich es aber diesen Jo oder wie er hieß dazu überreden, den anderen Schülern gegenüber nicht so misstrauisch zu sein.

Wir unterhielten uns noch ein paar Stunden über die Schule, die Schüler und die Fächer. Plötzlich viel uns auf, dass die Sonne schon langsam aufging. Wir hatten ganze neun Stunden lang geredet.
Schnell zogen wir uns um und verließen anschließend die Hütte. Kalter Wind wehte über dem Gelände und wir genossen den die frische Morgenluft, als wir zusammen zur Cafeteria gingen. Außer uns sahen wir auf der anderen Seite der Cafeteria nur drei Jugendliche, die uns misstrauisch beobachteten und miteinander tuschelten. Zwei Jungen und ein Mädchen, die definitiv nach Wölfen rochen. Fragend schaute ich zu Nayla. Sie verstand meinen Blick und nickte leicht. Diese drei waren die Wolfswandler, über die wir uns in der Nacht unterhalten hatten und sie sahen nicht nach sehr freundlichen Leuten aus, obwohl der mittlere Junge wirklich süß war. Jonas, wenn Nayla und ich den gleichen Geschmack hatten. Er hatte braune Haare und durchdringende grüne Augen. Der zweite Junge wirkte irgendwie fieser. Seine gelben Augen schienen mich zu durchbohren. Das Mädchen lächelte mir für einen kurzen Moment zu. Ihre grünen Augen funkelten dabei. Ihre langen, welligen Haare waren rabenschwarz und ich muss zugeben, dass ich keine Lust hatte mich mit ihr anzulegen. Sie sah nämlich ziemlich stark aus.

„Von rechts nach links nach rechts. Luisa, Jo und Lorenz. Ach und, ich glaube die reden über dich...", murmelte Nayla. „Ach echt? Ich hätte gedacht die reden über den Weihnachtsmann", behauptete ich. Antonia grinste und erwiderte: „Echt? Gibt's den wirklich?" „Mann, euer Ernst? Ich wollte es doch nur anmerken! Und außerdem solltet ihr aufhören so über den Weihnachtsmann zu reden. Sonst bekommt ihr am Heilig Abend keine Geschenke", beschwerte Nayla sich.
Offenbar hatte das Wolfsrudel gehört, worüber wir uns unterhalten hatten, denn Jo zog belustigt die Augenbrauen hoch und Luisa grinste uns zu. Lorenz verdrehte nur die Augen und sagte so laut, dass wir es nicht überhören konnten: „Die reden über den Weihnachtsmann und diese blöde Gams glaubt auch noch an den? Solche kindliche Teenager hab ich noch nie gesehen. Und die eine ist noch dazu eine Artgenossin! Voll peinlich." Jo warf ihm einen scharfen Blick zu und Luisa rief uns tatsächlich zu: „Hört bloß nicht auf Lorenz! Das meiste was er sagt ist völliger Unsinn!" Ich tauschte einen kurzen, erstaunten Blick mit meinen Freundinnen. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass die beiden anderen Wolfswandler ihren Freund zurechtweisen würden. Vielleicht waren sie doch nett und Nayla hatte sich getäuscht. Möglicherweise war das Rudel sehr wohl dazu bereit mit seinen Mitschülern zu kommunizieren. „Ich würde mich auch von den anderen Schülern fernhalten, wenn mein Kumpel so gemein wäre", flüsterte Antonia uns leise zu. Dann setzten wir uns gemeinsam an einen der Tische.

Zoe PoV

Lautlos wie ein Schatten huschte ich durch das Gras. Endlich hatte ich die Forest Life Academy erreicht. Seit mich diese dämlichen Leute vom Zoo aus dem Himalaya geholt hatten war so viel passiert. Der sprechende Specht hatte mich in meinem viel zu kleinen Gehege besucht und mir von einem Wandlerinternat erzählt. Ich wusste schon immer von meiner zweiten Gestalt. Ich hatte mich nur noch nie verwandelt. Ohne mein dichtes Fell wäre es viel zu kalt gewesen. Deswegen hatte ich fast mein ganzes Leben als Schneeleopardin in den Bergen verbracht. Dann fingen mich die Menschen ein. Glücklicherweise haben sie mich zuerst vorsichtig an die Hitze hier in Tirol gewöhnt. Daher konnte ich jetzt ohne Probleme in meiner Tiergestalt auf die Forest Life Academy zu laufen.
Auf einmal landete vor mir ein Buntspecht und ich hörte eine freundliche Stimme in meinem Kopf, genau wie beim letzten Mal. "Zoe! Ich bin Frau Wollseif. Ich bin froh, dass du zu uns gefunden hast. Bevor ich dich in die Cafeteria bringe, musst du mir versprechen, dass du dich an die wichtigste Schulregel hältst. Ich bitte dich nicht darum, weil ich dir nicht vertraue, sondern weil du als wildes Tier aufgewachsen bist und zu den gefährlichsten Raubtieren der Welt zählst. Die Regel lautet: Beutegreifer sehen nicht auf Beutetiere herab und verletzen sie niemals!" "Okay. Das krieg ich hin. Ich schätze mal, dass ich auch keinen anderen Schüler fressen darf. Dann würde ich sie ja verletzen. Stimmt's?", meinte ich. Frau Wollseif erwiderte:" Richtig. Du kannst natürlich trotzdem Beutetiere erlegen. Aber du musst dich vorher vergewissern, dass es KEIN Woodwalker ist. Dann komm mal mit." Das tat ich auch. Der Vogel führte mich zu einem großen Baum. Vor ihm stand eine rundliche Frau. Sie hatte irgendwelche Stoffteile in der Hand. Als ich mich verwandelte, legte die Frau den Stoff vor mir auf den Boden und wandte sich dann höflich von mir ab. Der Specht tat es ihr nach. Ich schaffte es mich mühsam in die Stofffetzen zu winden und auch Frau Wollseif verschwand kurz hinter einem Busch und kam als kleine Frau mit langer Nase wieder zum Vorschein. Anschließend brachten mich die beiden Frauen in die Cafeteria. Überall waren Menschen und es war ein seltsames Gefühl selber einer zu sein, ohne mein Fell, ohne meine scharfen Krallen und Zähne, mit denen ich mich wehren konnte. „Antonia! Bella! Nayla! Kommt her!", rief Frau Wollseif. Drei Mädchen näherten sich mir neugierig. Die eine hatte lange, braune Haare und schokoladenfarbene Augen. Die andere hatte mitternachtsblaue Augen und dunkelblonde Haare. Das dritte Mädchen musterte mich interessiert aus blaugrauen Augen. Seine langen Haare waren blond und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
„Hi, ich bin Bella. Und das sind Nayla und Antonia.", meinte eines der Mädchen. Schüchtern lächelte ich ihnen zu und setzte mich an ihren Tisch.

Also, das war auch schon das fünfte Kapitel. Ich hoffe es hat euch gefallen. Schreibt mir doch mal, ob ihr Antonia, Bella und Nayla an ihrer Beschreibung erkennt.
Bye!

Forest Life Academy 1, Das erste AbenteuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt