Realität und Traumwelt

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„Ja, es gibt schon wieder jemanden in den ich mich verliebt habe." erzähle ich grade meiner Betreuerin und im nächsten Moment, wünschte ich, ich hätte es nicht getan. -Ich wollte es doch geheim halten, wieso sage ich ihr das, jetzt weiß sie sicher Bescheid.- ärgere ich mich über mich selbst. „och nein, nicht wirklich." höre ich Frau Herbst mitleidig leise lachen. Sofort muss ich leise mitlachen. Ich liebe ihr Lachen, es macht mich glücklich. Außerdem tut es gut darüber zu lachen, da es einfach so dumm ist, dass ich mich in sie verliebt habe obwohl ich weiß, dass sie einen Mann hat und zwei erwachsene Kinder außerdem dazu noch meine Betreuerin ist. Ein Verhältnis mit ihr wäre verboten. Erleichtert stelle ich fest, dass sie es scheinbar doch nicht weiß, trotzdem mahne ich mich innerlich in Zukunft vorsichtiger zu sein, ich will nicht den gleichen Fehler begehen wie die letzten zwei Male. Eine kurze Pause tritt ein in der wir beide nachdenklich irgendwo hinschauen, bis Frau Herbst wieder anfängt zu reden. „Es tut mir leid, dass du das schon wieder durchmachen musst aber vielleicht ist es bei dir auch einfach eine Schutzfunktion. Du lässt dich auf Gefühle für unerreichbare Personen ein, weil du weißt die Beziehung funktioniert sowieso nicht also kannst du auch nicht verletzt werden, also versteckst du dich in deiner Traumwelt anstatt dich wahren Gefühlen zu stellen, weil die Gefühle in der Realität viel stärker sind und viel doller wehtun können. Ich meine, klar du verspürst neben den positiven Gefühlen auch Sehnsucht und Schmerz aber die Schmerzen die bei einer Beziehung auftreten können sind viel schlimmer." erklärt sie. Ich nicke verstehend. „Das macht Sinn, ich kann tatsächlich was dazu sagen." entgegne ich überlegend. „Also damals, bevor ich mich das erste mal unglücklich verliebt habe, hatte ich eine Freundin, leider eine Fernbeziehung... Eines Tages kam plötzlich ein Brief von ihr, indem stand, dass sie mich nie geliebt hatte und nie gewollt hatte, was wir hatten. Ich war verletzt und lange traurig. Etwas später hatte ich nochmal eine Freundin aber nur kurz, da sie relativ schnell unsere Beziehung wieder beendete und mich einfach im Stich ließ, wo es mir am schlechtesten ging. Daraufhin konnte ich mich nicht mehr auf gleichaltrige einlassen. Seit dem habe ich mich immer in unerreichbare Personen verliebt." erzähle ich. „Ja um dich zu schützen." nickt Frau Herbst verstehend. „Aber was soll ich jetzt tun, wie kann ich meine Einstellung ändern, ich möchte nicht mehr Personen hinterherlaufen die sich sowieso nie für mich interessieren würden." frage ich traurig. „Du musst erstmal mit deinen Problemen fertig werden, dich selbst anfangen zu lieben und dann wird eines Tages eine Person in dein Leben kommen und es passiert ganz von allein. Wie würdest du dir denn eine Zukunft vorstellen?" antwortet sie mir und fragt mich dann neugierig. „Naja also in der Zukunft sehe ich mich mit einer ca. 20-30 Jahre älteren Frau, wir haben Kinder adoptiert und wir gehen beide arbeiten. Also natürlich wäre es mir egal wenn die Frau auch viel älter wäre, solange ich sie liebe ist mir das egal." sage ich und schau Frau Herbst dabei nicht an. „Also möchtest du definitiv eine ältere Person an deiner Seite haben." stellt sie fest. Jetzt schaue ich sie doch wieder an und verliere mich in ihren grün schimmernden Augen. „Ja genau." antworte ich leise. „Ich kann mir eine Beziehung mit gleichaltrigen einfach nicht mehr vorstellen, ich habe außerdem Angst zu versagen, nicht mithalten zu können und nicht reif genug für eine Beziehung zu sein, weshalb ich mir eine erfahrene Frau an meiner Seite wünsche." füge ich noch leise hinzu. „Verstehe..." kommt es ebenfalls leise von Frau Herbst. Sie schaut mir ebenfalls in die Augen und einen Moment ist es still zwischen uns. Dann beendet sie den Augenkontakt plötzlich und setzt sich aufrecht hin. Sie räuspert sich. „Ich sollte jetzt zurück ins Haus gehen, ich habe noch ein anderes Gespräch. Sehen wir uns morgen wieder?" meint sie wieder in normaler Lautstärke. Ich nicke langsam und stehe auf. „Dann bis morgen." sage ich leise und laufe zurück zum Haus in dem ich wohne.

Abends liege ich im Bett und starre in die Dunkelheit. -was hatte ihr Blick zu bedeuten? Mag sie mich auch? Kann es sein, dass sie meine Gefühle erwidert...- sowas und viel mehr geht mir durch den Kopf. Nach einer Weile schließe ich meine Augen und stelle mir die Situation von heute Nachmittag vor. Ich sehe uns beide im Garten sitzen und höre uns beide über mein Problem mit der Liebe reden. Ich stelle mir vor, wie ich anfange zu weinen und Frau Herbst aufsteht, sich zu mir setzt und mich umarmt. Ich sehe wie ich aufschaue und in ihre wunderschönen grünen Augen sehe. Dann stelle ich mir vor, wie sie sich vorbeugt und unsere Lippen sich berühren und spüre leichten Druck auf meinen Lippen. Ich spüre den Kuss immer deutlicher und merke wie ich in meine Traumwelt abdrifte.

Am nächsten Morgen wache ich gegen zwölf Uhr mittags auf. Ich stehe auf, gehe duschen und mache mich fertig für das Gespräch mit Frau Herbst. In meinen Gedanken erinnere ich mich an gestern Abend und spüre dabei Sehnsucht und gleichzeitig freue ich mich sie wieder in echt zu sehen und frage mich ob wohl dieses Mal meine Träume zur Realität werden.

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