Herbstdate

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„Dad, ich muss gleich los. Ich habe eine Verabredung!" schreie ich gestresst durchs Haus. „Marlia, du bist dauernd weg, mit wem triffst du dich ständig, du bist gar nicht mehr Zuhause. Verheimlichst du mir was?" fragt mein Dad, während er zu mir raufkommt. „Man Dad, ich bin kein Kind mehr, ich bin 19 Jahre alt und da ist man halt kaum Zuhause." versuche ich wie jedes Mal aufs Neue meine Freiheiten einzufordern. Langsam nervt es, ich meine, eigentlich bin ich auch etwas selbst schuld. Wenn ich ihm sagen würde, dass es da eine Frau gibt, mit der ich übrigens gleich ausgehen will, würde er es wahrscheinlich verstehen. Das Problem ist, ich habe die Sorge, dass er mich abstoßen wird, sobald er erfährt, dass ich lesbisch bin. Deswegen muss ich da jedes Mal aufs Neue durch. Während wir dieses Gespräch geführt haben, habe ich mich eilig, fertiggemacht und mit den Worten: "Bis heute Abend, es könnte spät werden, habe dich lieb." verlasse ich das Haus. Draußen verdrehe ich erstmal die Augen, dann laufe ich zu meinem Auto, dass an der Straße parkt. So langsam werde ich nervös. Ich freue mich mega, sie heute wieder zu sehen, zu lange ist es her, dass wir uns das letzte Mal sahen. Klara war meine Lehrerin, als ich Abitur gemacht habe. Ich hatte sie in Mathe und Deutsch. Ich hatte mich damals vom allerersten Tag, an dem ich sie durch die Schulgänge laufen sah, gemocht. Ich weiß nicht wieso, ich wusste einfach, dass sie ein toller Mensch ist, außerdem sah sie dazu noch wunderschön aus. Sie hatte blonde lange Haare, die sie meist zusammen, flocht aber auch zwischendurch mal offen. Ich beneide ihre schönen vollen Haare und dann hat sie auch diese wunderschönen, fast schon mystischen blauen Augen. Dieses Blau war so rein und wunderschön, einfach zum drin verlieren. Anfangs bemerkte sie meine Schwärmerei für sie nicht. Doch die Gefühle in mir wurden immer stärker und ich war auch nicht wirklich zurückhaltend. Ich habe oft mit ihr in den Pausen das Gespräch gesucht und wir haben uns dabei näher kennengelernt, anfangs war es auf Professioneller Ebene, doch irgendwann wurde es immer persönlicher. Ich fühlte mich so, wohl bei ihr und hatte deshalb keine Schwierigkeiten mich vor ihr zu öffnen und sie zögerte zwar anfangs noch aber dann wurden die Gespräche lockerer. Irgendwann merkte ich, dass sich etwas verändert hatte, an ihrem Verhalten, sie zog sich auf einmal immer weiter zurück, als würde sie Angst haben oder etwas unterdrücken. Irgendwann schaute sie mich dann gar nicht mehr an und flüchtete, wenn ich in der Nähe war. Das machte mich traurig und gleichzeitig wütend, weil ich es einfach nicht verstehen konnte. Das ging bis zum Ende meines Fachabiturs. Ich machte meinen Abschluss und wollte mich wenigstens von ihr verabschieden, aber sie war nicht da bei der Abschlussfeier. Weshalb ich ihr einen Brief schrieb, wo darinstand, wie sehr ich die Zeit mit ihr vermisste und hoffte sie bald wieder zu sehen. Ich hatte panische Angst, sie würde mich ablehnen, denn sie fehlte mir extrem. Nach langem Überlegen, überwand ich mich dann doch dazu und verschickte ihn. Es dauerte nicht lange, da bekam ich eine Nachricht, von einer unbekannten Nummer. Ja ich hatte ihr meine Nummer auf den Brief geschrieben. Sie antwortete auf meinen Brief und schlug vor sich mal zu treffen. Seitdem haben wir uns oft zum quatschen und Kakao trinken oder spazieren oder auch ins Kino gehen getroffen. Wir genossen die Zeit zusammen. Heute hatte ich sie offiziell auf ein Date eingeladen, deshalb bin ich super nervös und hoffe, dass alles klappt. Ich steige also in mein Auto und fahre zu ihr nach Hause. Ich wollte sie abholen, sie hatte mir ihre Adresse geschickt.
Desto näher ich ihrer Adresse kam, desto nervöser wurde ich. Als ich ankam, stieg ich langsam aus dem Auto, als Klara mir auch schon entgegenkam. Ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, was mich automatisch auch lächeln lässt. Wir umarmen uns herzlich. „Schön dich endlich wieder zu sehen." murmle ich in ihre Haare. „Ja, finde ich auch, eine Woche mit einer Klasse auf Klassenfahrt, war viel zu lang und öde ohne dich." jammert sie. Dann lächelt sie wieder, genau wie ich und ich bitte sie einzusteigen. Im Auto, gebe ich ihr eine Schlafmaske, die sie sich auf die Augen machen soll. „Oh, wird das hier jetzt eine Entführung." witzelt sie leise lachend. „Vielleicht..." entgegne ich ernst aber dann lachen wir beide los. „Ok, ich fahre jetzt los, nachher muss ich kurz anhalten und aussteigen aber du bleibst hier und darfst nicht gucken." erkläre ich meine Mission. „Geht klar." stimmt sie lächelnd zu und lehnt sich im Sitz gemütlich zurück. Ich fahre schnell zu einem Café, wo wir oft Kakao trinken gehen, da dass der beste in der Stadt ist, kaufe zwei warme Kakao und fahre dann weiter.

Nach einer halben Stunde sind wir an einem großen Wald angekommen, mittlerweile ist es schon etwas dunkler geworden. Ich helfe Klara noch beim aussteigen und führe sie dann in den Wald. An einer Lichtung, mache ich halt und nehme Klara die Maske von den Augen. Augenblicklich treffen ihre blauen wunderschönen Augen auf meine grün leuchtenden Augen. Einen Moment vergessen wir alles um uns herum und starren den anderen einfach nur an. Hypnotisiert von dem Wunder der schönen Augen der anderen, bis ein Rascheln uns erschreckt. Nervös streiche ich mir eine Strähne hinters Ohr. Dann gebe ich ihr die Sicht frei. „Wow, dieser Ort ist im Herbst einfach wunderschön. Woher kennst du diesen Ort, denn habe ich hier in dem Wald noch nie gesehen." staunt sie mit strahlenden Augen. „Ist ja auch ein geheimer Ort." sage ich mysteriös und lächle sanft. „Es ist magisch." flüstert sie jetzt und nimmt meine Hand. Durch diesen plötzlichen direkten Körperkontakt, verliere ich für einen winzigen Moment meine Wahrnehmungskraft. Ein Kribbeln breitet sich dort, wo sie meine Hand festhält aus und ich spüre wie sich meine Wangen leicht rosa färben. Dann fällt mir der Kakao ein, denn ich noch festhalte und gebe ihr einen Becher. „Danke." haucht Klara leise und trinkt einen kleinen Schluck. Ich tue es ihr gleich um meine Nervosität etwas herunterzuspielen. „Wollen wir dann?" fragt sie fröhlich wie immer. Ich liebe ihre fröhliche, gutmütige manchmal aber auch freche Art, ich könnte jedes Mal dahinschmelzen, sie ist einfach so süß. Da ich nicht antworte, fuchtelt sie mir wenig später mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. Entschuldigend schaue ich sie an. „Es tut mir leid, was hast du gesagt." stammle ich unbeholfen. Sie lächelt sanft und wiederholt das eben gesagte. Also laufen wir Hand in Hand einen Pfad entlang, überall liegen bunte Blätter und auch die Bäume hängen noch voller bunter Blätter, zwischendurch werden einzelne Blätter zu Boden geweht. Zwischen Klara und mir entwickelt sich ein gemütliches Gespräch, während wir die Natur genießen. Plötzlich bleibt sie stehen und gibt mir ein Zeichen, dass ich lauschen soll. Die Stille umgibt uns sofort, nur unseren eigenen Atem hören wir noch. Doch dann höre ich ein Rascheln, als würde etwas auf uns zu kommen. Sofort klammere ich mich ängstlich an Klara. Sie zittert auch etwas und wir beide starren angestrengt in die Richtung aus der das Geräusch immer lauter wird. Im nächsten Moment taucht ein kleiner Igel vor uns auf. Sofort atmen wir beide erleichtert auf. „Oh man, hast du uns aber erschreckt kleiner." sage ich leise. Der Igel schaut uns kurz mit seinen kleinen Knopf Augen an und verschwindet dann in die Richtung aus der wir kommen. „Oh wie süß." quitsche ich. „Ja, total." stimmt Klara mir zu. Dann fangen wir beide an zu lachen, darüber, dass wir Angst hatten. Unsere Blicke treffen wieder aufeinander, sie vermischen sich, blau und grün. Ich mache einen kleinen Schritt auf Klara zu während ich den Blickkontakt halte, sie tut es mir gleich. Sie schließt ihre Augen und ich neige mich zu ihr rüber, schließe ebenfalls meine Augen und lege sanft meine Lippen auf ihre. Ein angenehmes, leichtes Kribbeln strömt durch meinen gesamten Körper, ich spüre wie mein Herzschlag langsamer und wieder gleichmäßiger wird. Vorsichtig lege ich meine Hand auf ihr Herz und sofort passt sich mein Herzschlag ihrem an. Dann intensiviere ich den Kuss und öffne meine Lippen. Klara lässt mich ihren Mund erkunden und versucht es dann auch bei mir. Nach einigen Sekunden, gehen wir schweratmend auseinander, immer noch nah beieinanderstehend und wieder Blickkontakt aufnehmend. „Ich liebe dich Marlia." kommt es aufrichtig, gefühlvoll und sanft von Klara. Mein Herz rast auf einmal wieder. Ich nehme ihre Hand und lege sie auf mein Herz. „Spürst du das?" frage ich leise. Sie nickt. „Ich liebe dich Klara, ich bin so froh dich kennengelernt zu haben und ich will mehr, ich möchte mein Leben mit dir verbringen, möchtest du meine Freundin sein?" nervös schaue ich sie an. Sie spürt wie nervös ich bin und lächelt. Sie nimmt auch meine Hand und legt sie zurück auf ihr Herz. Ich spüre auch bei ihr ein heftiges Herzklopfen. „Ich bin ganz deiner Meinung, ich möchte mein Leben gerne mit dir teilen und ich möchte deine Freundin sein." antwortet sie lächelnd. Sofort küsse ich sie glücklich und eine Träne rollt aus meinem Auge. Sie ist im ersten Moment etwas überrumpelt, von dem plötzlichen Kuss aber erwidert ihn dann. Um uns herum fliegen viele Bunte Blätter zu Boden. Wir lösen uns leicht und bemerken dann den schönen Blätterregen, der nur für uns da zu sein scheint. Wir küssen uns erneut glücklich und genießen noch etwas die Natur, bevor wir uns auf den Rückweg machen.

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