Kapitel 11

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Das erste was ich hörte war irgendein gleichmäßiges, gruseliges Piepen. Langsam öffnete ich meine Augen und versuchte mich aufzurappeln, was jedoch gewaltig schief ging, da dabei fast jede Faser meines Körpers schmerzte. Was war hier los? War ich etwa in einem Krankenhaus? Ich schaute auf meine Arme wo lauter Schläuche hingen. Nein bitte kein Krankenhaus! Nein nein nein! Ich bekam leichte Panik. Eine Ärztin kam in das blitzblanke Zimmer hinein. Sie kam lächelnd zu meinem Bett. "Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun.", sagte sie und sah auf die Schläuche, welche ich mit meiner Hand umschlungen hielt, bereit sie raus zu reißen. Ich funkelte sie gereizt an. "Sie sind aber nicht ich." Das Zischen aus meinem Mund schockierte sie leicht, sie bekam ihren Blick jedoch schnell wieder unter Kontrolle. "An was erinnerst du dich?" Ich strengte mich an um mich zu erinnern weshalb ich hier war. "Ich äh- Ich glaube ich wurde angefahren." Meine Augen wurden von meiner eigenen Aussage riesig. " Das stimmt. Der Autofahrer konnte noch bremsen, jedoch flogen Sie einige Meter weit. Der Autofahrer rief einen Krankenwagen an und Sie wurden hier hergebracht. Sie haben eine Gehirnerschütterung bzw. Platzwunde, 3 Rippenbrüche und einen Beinbruch erlitten. Außerdem haben sie viel Blut verloren und waren eineinhalb Tage bewusstlos. Jedoch können Sie von Glück sprechen das Sie keine Langzeitigen Schäden davontragen!" Ich sah die Frau schockiert an.
Was sagte sie denn da? Eineinhalb Tage? Mein Gott!
Ich brummte vor mich hin. "und wie lange soll ich Ihrer Meinung nach in diesem bescheuertem Gebäude bleiben?", fragte ich gereizt mit einem leicht sarkastischem Unterton.
Sie räusperte sich: "Mindestens 3 Tage zur Beobachtung und medizinischer Versorgung. Hören Sie. Wir wollen Ihnen hier nur helfen. Es gibt also keinen Grund sich mit Fluchtversuchen in Gefahr zu bringen." Während sie das sagte seufzte ich und ließ mich langsam zurück in mein Kissen fallen.
"Wie sie meinen." Ich sah die Wand an. Nach einigen Sekunden des Schweigens verließ sie diesen grässlichen Raum.
Meine Gedanken schweiften ab. Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Mein Vater war da.
Vielleicht ist es an der Zeit euch aufzuklären.
Meine Kindheit ist geprägt von wunderschönen und zugleich tragischen Erinnerungen. Als mein Vater damals anfing zu trinken, weil seine Mutter zu der er ein inniges Verhältnis hatte starb gab er meiner Mutter die Schuld. Sie war die Letzte die sie lebend gesehen hatte. Sie hatten sich gestritten und als meine Mutter dann wütend weg fuhr erlitt seine Mutter einen Herzinfarkt. Er kam nie darüber hinweg. Ich war damals 8 Jahre alt.
Später fing er an meine Mutter wegen jeder Kleinigkeit zu beschuldigen und zu schlagen. Ich und meine große Schwester Kessy blieben von seinen Gewalttätigkeiten nicht unverschont. Gott sei Dank war er die meiste Zeit nicht zu Hause.
Als ich 14 war wollten Mom, Kessy und ich zusammen ins Kino. Die beiden saßen vorne während ich auf der Rückbank saß. Kessy hatte gerade von einem super peinlichen Erlebnis mit ihrer Freundin erzählt und wir lachten. Und dann passierte es. Nur in dieser einen bescheuerten Sekunde. Mom war eine Sekunde lang abgelenkt weil wir so lachten. Wir krachten in die Seite eines LKW's. Weil sie beide vorne saßen wurden sie komplett zertrümmert. Natürlich überlebten sie das nicht. Ich hatte dieses Unglück nur überlebt, weil ich hinten saß. Manchmal wünsche ich mir ich hätte es nicht überlebt. Warum war ich nicht an ihrer Stelle?
Damals kannte ich Ryan schon. Sein Vater war Polizeichef und hatte gute Kontakte. Außerdem besaß er viel Macht. Er wusste von den Aggressionen meines Vaters. Und er wollte mir helfen. Er war sowas wie ein Ersatzvater fr mich. Ich konnte immer zu ihm kommen. Und so hat er mir auch damals geholfen. Er sorgte dafür das ich für tot gehalten wurde. Damit ich nicht zu ihm zurück musste. Meinem Vater. Natürlich musste ich fort. Ich bekam einen neuen Namen und Geld. Daniel, Ryans Vater, hat mir das alles ermöglicht. Es war besser für mich. Ich hatte es so gewollt. Ich wollte nicht ins Jugendamt oder zu meinem Vater. Außerdem wollte nein brauchte ich eine neue Umgebung. Einen Neuanfang. Irgendwo wo ich nicht ständig an meine Vergangenheit erinnert wurde.
Natürlich konnte Daniel keine 14 jährige alleine in eine neue Stadt ziehen lassen.
Linda (beste Freundin der Mutter) wollte damals sowieso umziehen also nahm sie mich mit.
Als wir umgezogen waren wurde ich jedoch mächtig von ihr enttäuscht. Sie hatte niemanden außer meiner Mutter gehabt. "Du erinnerst mich so sehr an sie. Ich halte das einfach nicht länger aus ich drehe durch!"
Sie hatte mich fort geschickt. Anscheinend wäre ich ohne sie ja besser dran. Ich wollte aber nicht ins Heim und flehte sie an. Ich flehte sie auf Knien an. Sie fühlte sich schuldig und wir machten einen Deal. Sie kaufte mir eine Wohnung in der ich lebte und die sie bezahlte und dafür lies ich sie in Ruhe. Wir konnten sowieso nicht zum Jugendamt gehen schließlich war ich ja tot!
Ich lernte in jungen Jahren für mich selbst zu sorgen. Lange trauerte ich um Mom und Kessy. Ehrlich gesagt bin ich nie darüber hinweg gekommen. Nachts habe ich mich in den Schlaf geweint. Gleichzeitig litt ich unter starkem Verfolgungswahn. Ich hatte immer und überall Angst das mein Vater gleich aufkreuzen und mich mitnehmen würde. Um mich zu schlagen.
Da war niemand der mir Halt gab.
Als ich 16 wurde kam Ryan her. Er wollte sich um mich kümmern. Auch wenn das lange nicht mehr nötig war war ich ihm dankbar.

Den bis dahin hatte ich schon längst gelernt eiskalt zu sein. Vertrauen ist dein Abgrund. Gefühle sind deine Schwachstelle.

Das Schneemonster - eiskalt und wunderschönWo Geschichten leben. Entdecke jetzt