KAPITEL EINS

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Mein Name ist Amela Majda. Ich bin 23 Jahre alt und wohne in Compton.

Compton ist eine Stadt, welche ca. 10 Kilometer südlich von Los Angeles im Bundestaat Kalifornien liegt. Hauptsächlich ist sie für ihre hohe Kriminalitätsrate bekannt und den Bandenkriegen, die immer noch herrschen. Es gibt jedoch nicht nur Arme und kriminelle Bewohner in Compton, sondern auch eine Mittelschicht. Ich würde mich selbst nicht als Arm bezeichnen den immerhin hatte ich eine Wohnung...

...auch wenn es eine Einzimmerwohnung war und eher einem Rattenloch glich als einer gemütlichen Wohnung, war ich zufrieden, ein Dach über dem Kopf zu haben.

Ich arbeitete als Krankenschwester im örtlichen Martin Luther King Jr. Community Hospital. Mein Traum war es jedoch irgendwann Medizin zu studieren, doch für ein Stipendium haben meine Noten nicht gereicht, und die Studiengebühren konnte ich mir leider nicht leisten. Ich gehörte nicht zu den jungen Frauen, deren Eltern Geld hatte. Ich gehörte zu den Mädchen, die gar keine Eltern hatten.

Meine Mutter starb als ich vier Jahre alt war und wer mein Vater ist, ist nicht bekannt. Ich habe jedoch einen großen Bruder, Sami Majda. Er ist 27 Jahre alt und nahm seine Rolle als großer Bruder zu meinem Leidwesen immer sehr ernst. Sein Beschützerinstinkt war sehr ausgeprägt, vor allem als ich noch gemeinsam mit ihm bei unserem Großvater lebte. Seit dem er alleine wohnt und auch ich ausgezogen bin wurde es besser.

Mein Großvater, Azim Majda, war der Vater meiner Mutter. Er zog uns nach dem Tod unserer Mama groß und nahm uns zu sich. Wie man an unseren Namen erkennen kann, haben wir Arabische Wurzeln. Es war mein Großvater welcher in den 70er Jahren nach Amerika auswanderte mit nichts als einem Rucksack an seinem Körper.

Er ist ein großzügiger aber auch strenger Vater für und gewesen. Seit dem wir aus dem Haus sind, besuche ich ihn regelmäßig. Ich liebe ihn sehr, auch wenn er seine Gefühle immer zurück hält weiß ich, dass auch ich sein ein und alles bin. Trotz seiner Großzügigkeit, hatte jedoch auch er nicht die finanziellen Mittel mein Studium zu finanzieren, was ich auch gar nicht wollte.

Mehr Familienmitglieder habe ich nicht. Ich habe jedoch noch Freunde, welche ebenfalls zu meinem engsten Kreis gehören.

Da wären Max, mein Arbeitskollege und engster Vertrauter. Er ist Assistenzarzt im zweiten Jahr.

Shilla, meine beste Freundin, seit dem Kindergarten und ehemalige Nachbarin. Sie arbeitet in einem exklusiven Nachtclub als Bedienung.

Phillip, auch Philly genannt, er ist der Freund von Shilla, und vervollständigt unsere "Vierergang". Er arbeitet als Manager im selben Club wie Shilla arbeitet. So haben sie sich auch kennen gelernt.

Aufgrund unserer Jobs, die viel mit Schichtstbeit gekoppelt war, gab es leider viel zu selten gemeinsame Treffen bei denen alle Zeit haben. Doch hin und wieder schafften wir es, zusammen auszugehen.

Heute jedoch, war keiner dieser Tage. Ich hatte Frühdienst und es was mal wieder die Hölle los. Ein Notfall nach dem anderen wurde eingeliefert. Eine Schusswunde jagte die nächste. Es schien, als ob wieder ein Kampf zwischen den Gangs statt gefunden hat.

In Compton gibt es die Bloods und die Crips. Sie sind wohl die bekanntesten Gangs und jeder weiß man sollte sich von Ihnen fern halten. Vor allem weil diese beiden Banden immer schon in Krieg zueinander standen. Dann gibt es noch die Mara Salvatrucha, auch bekannt als MS13. Sie sind ebenfalls gefährlich, sind jedoch im Gegensatz zu den anderen beiden Gruppierungen nicht Afro-Amerikaner sondern haben Mexikanische Wurzeln. Latinos.

Die blood tragen die roten Bandanas (Kopftücher) während die Crips, blaue trugen. Ihr Erkennungszeichen. Die MS13 haben meist die Zahl 13 am körper tättoviert. Warum ich so viel über die Gangs weiß?

Nun ja wir leben in Compton und einfach jeder hier weiß über die Geschichte und Zusammenhänge bescheid. Schließlich regieren sie die Straßen und wem sein eigenes Leben wichtig ist, geht ihnen aus dem Weg.

~

Es ist endlich 15.00 Uhr als ich meine Zeiterfassungskarte durch das Lesegerät schiebe und endlich das Krankenhaus verlassen kann. Ich war müde, aber wollte noch nicht nach Hause. Ich wollte was für meinen Körper tun, viel zu lange habe ich ihn vernachlässigt und kein Sport mehr betrieben. Mein Sofa war gefühlt schon an meinem Hintern angewachsen wenn ich nicht gerade arbeiten war.

Philly hat mir ein Fitnessstudio empfohlen, welches in meinem Budget lag. Also eines, welches günstig war, aber alle Geräte hatte, die ich benötigte. Das Studio lag in einem Industriegebiet weshalb ich erst mal mit der Bahn hinfahren musste. Doch ich war motiviert. Ich wollte es durchziehen.

Nach 45 Minuten Fahrt kam ich endlich an. Von außen sah das Gebäude aus wie eine alte Fabrikhalle. Es war dreckig und das Gelände umzäunt mit einem Stachelzaun. Wo bin ich hier nur gelandet?

Mutig drückte ich die schwere, alte Metalltüre auf und stand wenige Sekunden tatsächlich in einen Studio. Es war voll. Voll mit Menschen die schwitzten weil sie hart trainierten. Mein Blick ging rüber zum Empfangstresen. Ein alter Mann stand dahinter und konzentrierte sich auf ein Stapel Papier welcher vor ihm lag.

Ich lief zu ihm rüber und er quittierte meine Anwesenheit mit einem fragenden Blick. "Entschuldigen Sie Sir, ich bin hier um mich im Studio anzumelden?" Sprach ich leise mein Vorhaben aus.

Er sah mich ernst an, nahm seine Brille ab und legte sie beiseite: " Wie du siehst in die Hütte voll, wir nehmen keine neuen Mitglieder auf" erklärte er mit zusammengezogener Stirn. Er war wirklich nicht gerade die Freundlichkeit in Person. Eher wie ein alter Kriesgrämmiger Mann. "Oh das wusste ich nicht, Philly hat mir das Studio empfohlen, schade" gab ich als Antwort zurück.

Ich zog meinen Rucksack enger über die Schulter und drehte mich zum gehen um als ich von dem alten Mann aufgehalten wurde in dem er sprach: "warte meinst du Philly, wie Phillip Stewart?" Mhhh er kannte Philly wohl. "Ja genau den meine ich" entgegnete ich und drehte mich wieder zu ihm um.

"Wenn das so ist, hätte ich eventuell doch noch einen freien Platz. Du hast Glück, heute früh erst gab es eine Abmeldung. Du kannst seinen Platz haben" erwiedert er und kramte einen Anmeldebogen aus einer Schublade.

Was für ein Zufall? Wohl eher nicht. In das Studio kommt man also nur mit Vitamin B und meines war wohl Philly. Jetzt würde ich nur noch gerne wissen woher Philly diesen alte Miesepeter kennt.

Im ersten Moment war ich jedoch einfach nur froh die Mitgliedschaft unterschreiben zu können. Nachdem das getan war durfte ich mich im Studio umsehen.

Es war sehr alt, der Boden wies einige Flecken und Risse auf. Die Geräte waren alle aus Metall. Nicht modern jedoch effektiv. In der Mitte des großen Raumes stand ein Boxring. Viereckig mit Seilen so wie man ihn kennt. Die Bereiche waren alle offen jedoch unterteilt in Geräte, krafttraining, Cardio und Boxen.

Auf den ersten Blick konnte ich erkennen, dass die Mitglieder hier zu 90% aus Männern bestand. Juhu. Nicht. Es waren nur wenige Frauen zu sehen. Aber immerhin gab es getrennte Kabinen und Duschräume für das jeweilige Geschlecht. So konnte mir immerhin da meine Privatsphäre sicher sein.

Ich zog mich in der Umkleidekabine um und schloss meinen Rucksack im Spint ein. Mein braunes, Hüftlanges Haar Band ich zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen.

Mit einem Handtuch in der Hand lief ich zurück ins Studio. Kurz sah ich mich um, um zu sehen, wo ich starten würde, als mein Blick an zwei Eisblauen Augen hängen blieb....

𝙻𝚞𝚌𝚑𝚊 𝚘 𝚖𝚞𝚎𝚛𝚎, 𝚙𝚎𝚚𝚞𝚎𝚘. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt