• Chapter Eight •

35 3 0
                                    

"Lass das innere Bein am Pferd und fang ihn mit dem äußeren Zügel wieder ein. Zirkellinie halten. Sehr gut. Jetzt galoppier ihn in Ruhe an, dann reitest du einmal aus dem Zirkel wechseln und hältst ihn dann im Außengalopp. Denk dran, beim Wechseln Hand weg vom Pferdemaul und treib ihn mit dem äußeren Schenkel weiter, damit er dir nicht umspringt. Das Gleichgewicht bleibt außen. Bring eine leichte Stellung ins Pferd. Jawohl. So, klemm ihn dir zwischen die Knie. Hand weg. An der offenen Seite stellst du ihn nach innen um, verlagerst dein Gleichgewicht und legst die Schenkel um. Die Hand zieht aber nicht im Pferdemaul. Lass ihn seinen Schwerpunkt selbst finden. Er schafft das! Langes Bein, zieh das Knie nicht nach oben. Super.
Jetzt geh auf die ganze Bahn und verlänger an der langen Seite seine Galoppsprünge. Gib ihm wieder Luft am Gebiss und halt dich nicht vorne fest. Bleib im Sattel sitzen. Vorwärts mit ihm! Mach das Bein zu und fall nicht nach vorne. Sehr gut, lob ihn.
Dann fängst du ihn wieder ein, parier durch zum Trab. Leichttraben und lass dir die Zügel aus der Hand kauen! Feierabend für heute!", schrie mir Steiner seine Anweisungen einmal quer durch die Reithalle von der Tribüne aus zu.

Heiliges Kanonenrohr!
Luft, ich brauche Luft! Am besten gleich ein ganzes Beatmungszelt! Da hat man eine Dreiviertelstunde Unterricht bei Steiner und die Gesichtsfarbe gleicht einer überreifen Tomate!
Aber wenigstens hatte es heute etwas Gutes: Dee lief heute einfach wie ein Traum! So unglaublich flüssig und vollkommen auf mich und meine Hilfengebung fixiert, dass wir das Projekt "L-Dressur" weiter in Angriff nehmen konnten. Seit zwei Monaten arbeiteten wir jetzt schon mit ihm an den einzelnen Elementen dieser Leistungsklasse. Immerhin ist mein Lieblings-Trakehner schon seit einem Jahr unter dem Sattel und beherrscht die E- und A-Dressuren schon fast im Schlaf. Und an manchen Tagen, wenn wir uns mit den Grundlektionen befassen, kommt es mir so vor, als wäre Dee komplett unterfordert.
Kennt ihr das, wenn ihr einfach Schritt - Trab Übergänge reitet und euer Pferd plötzlich anfängt auf das Gebiss zu beißen und einfach loszugaloppieren? Oder er so unkonzentriert und unaufmerksam ist, dass er auf keine Hilfe mehr reagiert und dann über seine eigenen Füße stolpert?
Nein?
Ich schon! Bei ihm gibt es kein einfaches 08/15 Reiten. Der Herr möchte sowohl körperlich, als auch geistig ausgelastet werden und das mal unter einen Hut zu bringen und jedes mal so kreativ zu sein, geht echt an die Nerven.

Okay, eigentlich darf ich mich ja nicht beschweren. Schließlich hab ich ihn mir schon als Fohlen gekauft und er war da schon so ein Auftreiber, der Alles und Jeden mitkriegen und sehen musste. Seinen Spitznamen Nervzwerg hat er damals ja nicht umsonst bekommen. Es verging wirklich kein Tag, an dem er sich keinen Blödsinn einfallen hat lassen.

Aber für die Arbeit mit ihm sind diese Eigenschaften gar nicht übel. Ich habe selten ein arbeits- und lernwilligeres Pferd gesehen. Schon nach der zweiten Wiederholung der Übung, kann er sie beim dritten Mal beinahe fehlerfrei ausüben. Oder es passiert durch Zufall, dass er eine Übung anbietet und wir es dann ausnutzen und sie üben. Deswegen kann er auch schon einen relativ guten Galoppwechsel springen, obwohl wir den eigentlich erst nächstes Jahr angehen wollten.

"War doch gar nicht so übel heute", meinte Steiner grinsend, als ich neben ihm anhielt.
"Nicht so übel?", hakte ich ungläubig nach, bereit meinem Chef verbal an die Gurgel zu springen, "Ernsthaft? Das war mit Abstand die beste Reitstunde auf Destino in den letzten sechs Monaten! Pfft, nicht so übel!" Mein Gesicht glühte noch immer vor Anstrengung, während ich weiter vor mich hinfotzelte und meinem Baby den Hals tätschelte.
"Komm Dee, wir lassen uns den Erfolg heute nicht madig machen!" Gespielt hochnäsig ritt ich im Schritt weiter.
"Guys, the dramaqueen is back!", gröhlte mein geliebter Schotte Ryan vom Hallentor aus.
"Halt die Klappe Pupsi!", grummelte ich entnervt in seine Richtung und versuchte ihn und den Lockenkopf hinter ihm zu ignorieren. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich die beiden im Moment hasste.

Aber...das ist etwas, womit ich mich definitiv nicht jetzt befassen werde. Dazu hab ich im Moment einfach viel zu gute Laune!

"Denkst du deine beiden sind in zwei Wochen fit für den Lehrgang? Immerhin haben wir schon Anfang Februar", fragte mein Chef gelassen und beobachtete mich aufmerksam.
"Dee ist auf jeden Fall bereit, aber bei Jess bin ich mir nicht sicher. Ihre Verletzung war ziemlich schwer." Das Stütchen hatte vor ein paar Wochen wohl ihre Tage gehabt und so stark in die Boxenwände geschlagen, dass sie sich rechts das komplette Sprunggelenk aufgerissen hatte. Bis runter auf den Knochen. Wir konnten ja von Glück reden, dass keine Sehne betroffen und auch das Gelenk nicht gebrochen war. Das hätte dann nämlich anders geendet. Glücklicherweise verheilte die Verletzung recht gut und ohne eine Entzündung. Nur leider war sowas nicht von Heute auf Morgen weg. Schon gar nicht bei der Schwere der Verletzung.
"Dieses Weib bringt mich irgendwann noch um", knurrte Steiner sauer. "Hast du schon gemistet?"
"Ja, Dee war heute der Letzte."
"Gut, dann mach ihn fertig und komm dann ins Stübchen."
"Geht klar Chef." Er hat mich noch nicht mal ausreden lassen, schon ist er aufgesprungen. Ich muss zugeben, Anfang Februar lagen die Außentemperaturen auch nicht gerade in warmen Plusbereichen.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 30, 2016 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Love Passion and HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt