Hadern

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Abigail

"Abby, was machen wir denn jetzt?", fragte Megan verunsichert, als ich sie auf dem Weg zum DJ-Pult traf. Huch, ich hatte sie über das Geplänkel mit Kommissar Sanders ganz vergessen. Ich drehte mich zu ihr und berührte sie leicht am Arm.

"Die Polizei ist hier. Man hat mir gesagt, dass ich irgendwie die Menschen hier herausschaffen soll, und ich glaube, das geht am besten, wenn wir dem DJ Bescheid sagen. Lass uns ein weiteres Mal meinem Vater das Leben versüßen." Meine Stimme triefte vor Sarkasmus und ich spürte den Vulkan in meinem Inneren leicht brodeln, so wie immer, wenn ich einen Gedanken an Dad verschwendete. Diese ganze Sache hier war schädlich für die Geschäften meines Dads, sehr schädlich sogar. Ich meine, ein Mord in der Disco, wer wollte dann bitte noch hier herkommen? Ich für meinen Teil würde es vermeiden, egal wie hart gesotten ich auch war.

Die größten Freuden des Lebens. Rache, Vergeltung. Die Hingabe und die Lust. Das war es, wofür ich lebte. Die meiste Zeit jedenfalls, denn für Shopping und anderweitigen Spaß musste ich schließlich auch noch Platz finden.

Ich stolzierte abermals in die bebende Menge und zog Megan hinter mir her, als ich Ben und Tessa in einer Ecke zusammen sah. Der Anblick ließ meinen inneren Vulkan laut grollen. Ben hatte seine Hand bereits unter ihrem T-Shirt und knetete eifrig ihre Brüste, während sie ihm förmlich das Gesicht ableckte. Es erstaunte mich, dass sie sogar in diesem Zustand schwer von dem anhänglichen, dummen Hündchen zu unterscheiden war, das sie manchmal in einer albernen Handtasche mit sich herumtrug. Angewidert wandte ich mich ab. Das war sogar für meine Verhältnisse etwas zu dick aufgetragen.

In den Augenwinkeln konnte ich plötzlich die leichenblasse Gesichtsfarbe Kyras ausmachen, die wie immer in einem krassen Gegensatz zu ihren rabenschwarzen Haaren stand. Sie trug ihre üblichen Grufti-Klamotten, mit denen sie sich problemlos jedem Trauermarsch hätte anschließen können und warf mir von der anderen Seite der Tanzfläche einen nicht besonders freundlichen Blick zu. Ich ahnte den Grund für ihre ständige Feindseligkeit schon seit langem: Kyra war der Ansicht, dass ich viel zu viel Zeit mit Megan verbrachte, da sie schließlich ihre beste Freundin sei. Und, wie ich ebenfalls vermutete, vielleicht auch ein wenig mehr als das.

Mit einem Seufzer setzte ich mich wieder in Bewegung und hielt auf das DJ-Pult zu. Die Masse der schwitzenden und schmierigen Körper weckte leichte Würgereize in mir und ich wäre am liebsten umgedreht.

Aber was tut man nicht alles, um seinem heißgehassten Vater den Tag zu versauen.

Ich konnte nichts außer bebenden Leibern sehen. An der steigenden Lautstärke merkte ich jedoch, dass ich mich in die richtige Richtung kämpfte. Kurz darauf konnte ich schon die kleinen roten und grünen Lichter sehen, die die Regler und Anzeigen des DJ-Pults beleuchteten. Nach einer gefühlten Ewigkeit stöckelte ich durch die kleine Schwungtür hinter das Pult. Megan schleifte ich förmlich hinter mir her. Ich baute mich neben dem DJ auf und trommelte ihm ungeduldig auf dem Oberarm, bis er sich endlich die Kopfhörer herunter nahm und sich mir zuwandte.

"Meine Dame, Musikwünsche nehmen wir hier nicht an", herrschte er mich an, ohne mich überhaupt richtig anzuschauen. Damit wollte er sich gerade wieder seiner Arbeit zuwenden, als ich meine Hand an seine Wange legte und seinen Kopf zu mir drehte.

"Mein Herr, mir scheint, als wüssten Sie nicht, wen Sie vor sich haben. Ich bin Abigail Freeman, falls es Sie interessiert. Aber das ist eigentlich nebensächlich, denn ich habe Ihnen etwas mitzuteilen, was Sie sehr wohl interessieren sollte: Auf der Toilette wurde eine Leiche gefunden und die Polizei braucht Platz für die Ermittlungen. Also bitte informieren Sie die Leute hier darüber. Schöne Nacht Ihnen noch." Damit ging ich, denn mit diesem ignoranten Idioten wollte ich nicht mehr Worte austauschen, als absolut nötig war. Mit leicht offenem Mund starrte er mir hinterher. Ich verlieh meinem Abgang einen besonderen Ausdruck, indem ich meine Haare zum Abschluss gekonnt über die Schulter warf und ihm einen teils gleichgültigen, teils verächtlichen Blick schenkte.

Avenging Angel - Schönheitsschlaf für Anfänger | #DreamAward2018 #SpringAwards18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt