Als auf den Feldern der Verdammnis wieder alles in Ordnung war, rief ich meine Soldaten zusammen, den meisten fehlten bloß ein paar Gliedmaßen, fünf auch der Kopf, und pfiff nach Dark Flow. Die Stute kam angetrabt und ich stieg auf. Während dem Reiten spürte ich allerdings jeden blauen Fleck den mit die Töchter des Danaos verpasst hatten. Zuhause würde ich ein wenig Ambrosia schlucken müssen.
Im Palast gab ich einen schnellen Bericht im Thronsaal ab und ging dann auf mein Zimmer. Langsam schlenderte ich durch die dunklen Korridore und kam meinem Zimmer immer näher. Auf einmal spürte ich etwas in meinem Nacken prickeln. Ich blieb stehen und horchte. Durch den Gang kam etwas auf mich zu. Es bewegte sich schnell und stieß ein lautes Fiepen und Pfeifen aus. Die Geräusche verbanden sich zu einer hellen Stimme die einzelne Wörter schrie und sich dabei anhörte als würden ganz viele Stimmen auf einmal das Selbe Wort sprechen. Die Stimmen schrien meinen Namen. Langsam drehte ich mich um.
Durch den Gang hinter mir kam eine Welle aus purem Schatten auf mich zu. In dem Schatten leuchteten immer wieder Augen auf und fiepten: "Nico! Nico! Nico! Nico!" Mir ging viel zu spät auf, was da auf mich zukam, die Welle überschwemmte mich einfach! Duzende kleine Wesen schubsten mich um und hüpften wild pfeifend auf mir herum "Nico! Nico! Nico!", kreischten meine Cacao Puffs und setzten zu einem Gruppenkuscheln an.
Ich prustete lachend los und zog meine kleinen Dämonen an mich. Vor fast einem Monat waren diese kleinen Teufel einfach verschwunden. Zuerst hatte ich geglaubt, sie hätten sich bloß im Schloss verlaufen und hatte sie gesucht, aber als ich sie da nicht gefunden hatte, hatte ich befürchtete, dass sie abgehauen waren, weil ich mich nicht gut genug um sie gekümmert hatte. Mir traten fast schon Freudentränen in die Augen, als ich die kleinen Dämonen umarmte. "Wo, zum Tartaros wart ihr? Ich hab mir schon Sorgen gemacht!", schimpfte ich schniefend und versuchte jeden von ihnen zu knuddeln, was schwierig war, weil sie einfach nicht stillhielten.
Schließlich rappelte ich mich auf und rief: "Bei Fuß, Cacao Puffs! Ich bring euch jetzt in mein Zimmer!" Die kleinen Dämonen umschwirrten meine Füße wie eine dunkles Wasser und fiepten immer wieder meinen Namen. Irgendwann mischte sich dieses Wort mit einem neuen, aber anscheinend mussten sie alle zusammenarbeiten um sich verständlich auszudrücken. Bis alle Cacao Puffs kapiert hatten, dass sie nun ein neues Wort sagen wollten dauerte es ein paar Sekunden aber dann schrien sie alle: "Verlaufen! Verlaufen! Verlaufen!" "Ihr habt euch verlaufen? Einen ganzen Monat lang?", wiederholte ich ungläubig. Die Cacao Puffs begannen zustimmend wieder meinen Namen zu schreien und dann ein neues Wort zu formen. Erst hörte es sich an als wollten sie etwas wie "Phobie" oder "Grube" sagen, dann änderte sie aber anscheinend ihre Meinung und versuchten vielleicht "weit" oder "Welt" zu formen.
Was am Ende, als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete, herauskam war "Unterwelt! Weit! Unterwelt! Weit! Unterwelt! Weit!" Sie mussten es ein paar mal wiederholen, bevor ich verstand. "Ohh, ihr habt euch in der Unterwelt verlaufen und zwar so weit, dass ihr Ewig nicht mehr zurückgefunden habt! Und ich dachte ihr habt euch bloß im Palast verirrt." In meinem Zimmer legte ich meine Rüstung ab, die sogar ein paar Dellen vom Kampf mit den 49 Schlägermädchen hatte. Ich stöhnte leise über die blauen Flecken und zog auch meinen Chiton aus, um zu überprüfen, wie schlimm ich wirklich verletzt war. Meine Cacao Puffs begannen entsetzt zu kreischen: "Verletzt! Verletzt! Verletzt!", diesmal brauchten sie sich nicht einmal aufeinander abzustimmen. Wieder setzten sie zu einer Gruppenumarmung an und drängten mich auf mein Bett. Ich versuchte noch "Ist nicht so schlimm" zu sagen, aber sie wollten sowieso nicht hören.
Die Cacao Puffs fühlten sich nicht ganz fest an aber sie bestanden auch nicht aus Rauch oder Luft. Sie waren mehr so wie flaumige schwarze Fellknäul ohne einem richtigen Körper darunter. Ich hatte als Kind einmal einen kleinen Hund, einen Zwergspitz, streicheln dürfen. Das Fell war ein einziger Flaumbausch gewesen, aber darunter hatte sich immer noch ein Körper befunden. Meine Cacao Puffs fühlten sich ganz ähnlich an, nur dass sie weniger wie Fell, mehr wie kleine Wolken waren und sich kühl wie Wasser anfühlten. Durch sie hindurchgreifen konnte, oder sollte man besser trotzdem nicht.
Wenn ich meine Finger zu tief in ihr Fell schob, drangen die Erinnerungen und die Traumen in meinen Geist ein, aus denen sie geschaffen waren. Meine Traumen. Ich schaute mich unter meinen Cacao Puffs um. Seit sie zu mir gekommen waren fühlte ich mich leichter. Allen Schmerz, Trauer und jeden Schock den ich erlebt hatte, hatte sich in einen eigenen kleinen Dämonen verwandelte. Natürlich verließ mich die Erinnerung niemals ganz, aber sie wurde leichter zu ertragen.
Ich versuchte jeden der Cacao Puffs zu erkennen. Auf meinem Schoß hatte sich Scham zusammengerollt. Entstanden aus der Erinnerung von meiner Demütigung durch Cupit. An mich kuschelten sich auch Schmerz, Einsamkeit und Zerrissenheit. In der Nähe schlief Angst, die Angst, die ich alleine im Tartarus verspürt hatte. Gleich daneben putzte sich Verzweiflung. Am Boden kämpfte Wut spielerisch mit Verrat. Beide waren aus der Erinnerung, als Percy mir gesagt hatte, dass Bianca gestorben war. Ich war so wütend auf ihn gewesen, hatte mich einfach verraten gefühlt, weil er mir versprochen hatte auf meine Schwerster aufzupassen. Ich schob den Gedanken zur Seite, nahm Scham von meinem Schoß, setzte ihn aufs Bett und ging ins Bad nebenan um endlich zu duschen.
Als ich die Tür hinter mir schloss, schienen die Cacao Puffs allerdings durchzudrehen! Auf einmal knallten kleine Dinge gegen die Tür und ich hörte ein Kratzen. Schnell riss ich die Tür auf und eine Wand aus Dämonen stürzte über mich herein. Ich stieß einen überraschten Schrei aus als sie wild meinen Namen fiepten. Ich brauchte lange um sie wieder zu beruhigen.
Schließlich beschloss ich, dass mich die Cacao Puffs auch nackt sehen konnten, weil sie ja eigentlich aus meinen peinlichsten und schmerzvollsten Seiten entstanden waren. So fand ich heraus, dass meine Haustier-Dämonen wasserscheu waren.
Zurück in meinem Zimmer trocknete ich mich ab und trank einen Schluck Nektar um die blauen Flecken zu vertreiben. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es ohnehin schon Zeit zum Abendessen war, also zog ich eine frische Prinzentracht an, zog meine Stiefel an und setzte meine Krone auf. Dann ging ich los, meine Cacao Puffs alle bei Fuß.
Im Esszimmer staunten meine Eltern nicht schlecht, als ich verkündete, dass meine kleinen Teufelchen nach Hause gefunden hatten. "Trainier sie gut, damit sie keinen Unsinn anstellen!", mahnte mich Dad und ich nickte. Während dem Essen piepte mein Handy in meiner Tasche kurz und ich schaute verstohlen unter dem Tisch nach. Will hatte wieder geschrieben.
Was ist, Deathboy? Kommst du jetzt, oder nicht?
Eigentlich hieß es in der Nachricht Hadessohn und nicht Deathboy, weil es dieses Wort im altgriechischen nicht gab und unsere Handys aber auf diese Sprache eingestellt waren. Ich erinnerte mich wieder an Wills Einladung. "Mom, Dad. Ich bin am 23. August auf eine Übernachtungsparty eingeladen, darf ich dahin?", fragte ich. Hades überlegte kurz, nickte dann aber. "Ja, das sollte gehen." Auch Persephone stimmte zu. Ich schrieb Will zurück:
Bin dabei, Sunshine.❤️Wünscht du dir irgendwas spezielles zum Geburtstag?🎁
Einen Kuss, vielleicht?😇 fragte Will scheinheilig
Lässt sich einrichten 😘
Das Restliche Abendessen über redeten meine Familie und ich über alles Mögliche, besonders über Hekate und wie es ihr ging. Thanatos, der wie immer neben mir saß mischte sich auch bald in das Gespräch mit ein und ich fütterte die Cacao Puffs unter dem Tisch heimlich mit kleinen Fleischstückchen. Als ich aufschaute begegnete mein Blick dem von Persephone und sie zog eine Augenbraue hoch, als Zeichen, dass sie genau gesehen hatte, was ich da tat. Ich versuchte es mit einem unschuldigen Lächeln, war mir aber sicher, dass das bei ihr nichts brachte.
Als ich in dieser Nacht einschlief kuschelten sich meine Cacao Puffs um mich und zum ersten mal seit Wochen hatte ich fast gar keine Albträume.
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Solangelo 2 - Lücken in der Unterwelt
FanfictionNicos Tagesablauf im Palast seines Vaters ist nicht ganz so, wie seiner Freunde an der Oberfläche glauben. Als Prinz der Unterwelt hat er gewisse Pflichten und geht auch Thanatos, dem Gott des Todes gerne zur Hand. Besonders als Hekate, die Göttin d...