Ich tauchte direkt vor den Geistern wieder aus den Schatten auf. Hier hatte sich eine ganze Gruppe von ihnen zusammengerottet. Widerliche Viecher!
Ich hob mein Schwert und richtete es auf die ausgebrochenen Seelen. Thanatos und ich stimmten beide einen Sprechgesang auf altgriechisch an, mit dem man mehrere Geister auf einmal zurückschicken konnte. Die Erde begann zu rumpeln, die Schatten um uns wurden dichter und schon ging ein Spalt im Boden auf, sog die Seelen ein und schloss sich wieder. Kein großes Tamtam.Ich drehte mich zu den Menschen um und wäre fast in die Luft gesprungen. Es war Wills Familie! Mein Freund stand vor ihnen, bereit sie zu beschützen. Neben ihm hatte sich niemand anderes als Apollo persönlich aufgebaut, ebenfalls kampfbereit.
Ich knurrte wütend: "Diese bescheuert, nervigen Geister. Erlauben sich einen kleinen Ausflug und glauben sie könnten gleich Dinge tun wie ganze Familien von Sterblichen zu erschrecken." Ich musterte erst Will, der genauso erschrocken wirkte, wie ich es war und dann den Rest seiner Familie. Ich erkannte diese Svenja wieder, die sehr geschockt wirkte, außerdem seine Mutter. War diese schwangere Frau, die sich an einen der Männer drückte etwa eine Wolkennymphe? Sah ganz danach aus."Alles Okay, Will?", fragte ich meinen Freund. "Ja, danke, Nico. Deine Geister können einem echt einen Schrecken einjagen.", antwortete er. Alekto raschelte mit ihren Flügeln und verlangte stumm nach Aufmerksamkeit.
"Ich hab dir aber schon mal erzählt, dass die nur bellen und nicht beißen. Wir sind eh dabei sie wieder dingfest zu machen. Darf ich dir Thanatos und Alekto vorstellen?", erklärte ich.
Will wirkte ein wenig misstrauisch. Er murmelte: "Der Gott der Toten und eine der drei Furien. Wow. Ich bin beeindruckt."
Ich konnte ihm ansehen, dass ihm meine Begleitung nicht ganz geheuer war. Einer aus Wills Familie murmelte etwas und die Wolkennymphe antworte ihm leise, sodass ich es nicht verstehen konnte. Alekto hatte es ebenfalls bemerkt.
Hinter mir flatterte sie auf. Ich sah sie zwar nicht, aber da sie Sekunden später auf meiner Schulter landete war sie im Flug wieder geschrumpft. Sie schnupperte in Richtung der Wolkennymphe.
Ich sagte bestimmt: "Ruhig Alekto. Lass die armen Sterblichen in Frieden. Die hatten schon genug Schock für den Tag."Apollo mischte sich ein: "Erstens, für Sterbliche war das genug Schock für die ganze Woche, zweitens du hast eine Furie auf der Schulter und zuckst nicht mal mit der Wimper? Du überrascht mich immer wieder, Nico di Angelo."
Ich lächelte geschmeichelt.Svenja war nicht ganz so beeindruckt von mir wie Apollo. "Was zum Teufel ist hier los? Will, wer sind diese Leute? Warum trägt dieser Mann ein Kleid? Und was ist das für eine Bestie?", brüllte sie hysterisch. Sie stapfte auf Will zu und baute sich über ihm auf, was mich innerlich in Kampfstellung gehen ließ. Für meinen Geschmack war diese Irre viel zu nah bei meinem Liebsten.
Thanatos schien sie auch nicht zu gefallen. Er mochte es bestimmt nicht ein Mann in einem Kleid genannt zu werden.
Trotzdem klang er unbeeindruckt als er sagte: "Apollo, weiß du, wovon sie redet? Ich seh hier nämlich nirgendwo Männer in Kleidern. Nur ein paar Sterbliche, zwei Götter, zwei Halbgötter, eine Furie und eine Wolkennymphe. Oh, und was immer das da ist." Er deutete auf Svenja.
Das wiederum ließ diese alte Tante in die Luft gehen. Leider war es keine gute Idee den Gott des Todes einen blinden Trottel zu nennen, besonders nicht, wenn man ihn eh schon gereizt hatte.
Auch Alekto wurde unruhig und zischte wütend.
"Ruhig, Alekto.", mahnte ich sie wieder und fragte Will: "Benimmt sie sich schon den ganzen Tag so?" Will nickte.Thanatos war jetzt aber wirklich gereizt. Langsam ging er auf sie zu und wurde bei jedem Schritt größer und bedrohlicher. "Wie hast du mich eben noch genannt?", fragte er mit einer tödlich ruhiger Stimme, die so nur Herrscher der Unterwelt aufbringen konnten.
Die Wellen der Macht, die von ihm ausgingen und Svenja zittern ließen wie Espenlaub, beeindruckten mich zwar nicht weiter, den Rest von Wills Familie aber schon. Ich sah, wie der junge Mann, den ich vorher schon bemerkt hatte, sich schützend vor die Wolkennymphe schob. Dann begegnete mein Blick dem des Mannes und ich sah pure Angst darin. Angst, etwas das ich selbst nur zu gut kannte.
"Thanatos es reicht. Hör auf damit.", befahl ich dem Gott des Todes. Thanatos gehorchte und trat wieder zurück. Ich beschloss, diese Familie besser nicht erst der Gnade einer Gruppe Toten und dann der Gnade eines Totengottes und einer Furie auszusetzen, zumal keiner davon Gnade kannte. In der Unterwelt gab es so etwas nicht, es gab auch kein Erlassen von Strafen, kein Bitten. Deshalb sagte ich: "Wir gehen jetzt besser. Müssen noch den Rest der Gegend durchkämmen, wenn wir vor dem Abendessen fertig sein wollen."
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Solangelo 2 - Lücken in der Unterwelt
Hayran KurguNicos Tagesablauf im Palast seines Vaters ist nicht ganz so, wie seiner Freunde an der Oberfläche glauben. Als Prinz der Unterwelt hat er gewisse Pflichten und geht auch Thanatos, dem Gott des Todes gerne zur Hand. Besonders als Hekate, die Göttin d...