Adriana 05

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Nach einigen Minuten hatte sich mein Körper beruhigt. Mein Atem ging gleichmäßig, ich fühlte mich langsam wieder erholt und Krusten zog sich über meine Wunden.

Mein Blut arbeitete fleißig daran neue Haut zu bilden, nur die pochenden Kopfschmerzen plagten mich immer noch. Ich rieb mir meinen Kopf in der Hoffnung, dass sie verschwanden.

Mein Blick schweifte zu meinen Händen, die zuvor von kleinen Schnitten übersäht gewesen waren. Nun verzierten meine Hände blassrosa Fäden.

Meine Arme waren immer noch durch ein Seil miteinander verwoben. Ich tastete die Knoten an meinem Rücken ab und vor meinem inneren Auge bildete sich ein Abbild der Verflechtungen, sodass ich mich durch einfachere Verrenkungen befreien konnte.

Ich setzte mich auf und begann die Fesseln von meinen Füßen zu lösen. Respekt, William Fossling hatte meine Füße besser gefesselt, als ich dachte. Zumindest eine Sache konnte er. Ich zuckte mit den Schultern.

Aber ich war ja nicht blöd und hatte selbstverständlich ein Messer in meinen Stifel versteckt. Ich gebe zu, es ist nicht das beste Versteck, aber wegen der Zeitnot war mir nichts anderes übriggeblieben als noch schnell ein Messer in mein Stiefel wandern zu lassen.

(Notiz an mich: er hatte es offensichtlich nicht entdeckt - mehr Messer in Stiefeln verstecken!)

Schnell trennte ich die einzelnen Seile mit dem Messer auf, bis mich die Erleichterung der Freiheit traf. Ich sprang auf, zuckte aber im selben Moment ruckartig zusammen.

Ich schlug meine Hand gegen meinen Kopf und rieb ihn heftig. Mann! Warum müssen Kopfverletzungen immer so langsam heilen?

Endlich war ich alleine im Zimmer und dieser Idiot hat mir auch noch Zugang verschafft. Ich wusste, dass Dr. Beckmann seine wichtigsten Unterlagen nicht in seinem eigenen Büro aufbewahrte (da würde ja jeder als erstes nachschauen).

Also betrachtete ich den Schreibtisch in diesem Zimmer genauer. Der kleine Holzschreibtisch stand etwas einsam in der Ecke und hatte vier Schubladen. Ich zog sie einzeln auf und mir flog unzählige Blätter entgegen.

Volltreffer! Die letzte Schublade klemmte. Ich betrachtete sie genauer und sah, dass ein silbernes Schlösschen schuld war. Ich löste eine Haarnadel aus meiner verunstalteten Frisur und schob sie in die Öffnung des Schlosses. Ich prokelte am Schloss herum, aber es ließ sich einfach nicht öffnen.

Eigentlich sollte ich mir die Dokumente schnellstmöglich schnappen und hier abhauen, aber dieses blöde Ding ließ sich einfach nicht öffnen.

Genervt steckte ich meine Haarnadel zurück, fixierte meine Frisur und versucht es auf die altmodische Variante:
Ich zog mit jeder Faser meines Körpers an der Schublade, bis sich ein Nagel im mürben Holz löste.

Schnell entfernte ich die Latte und griff in die Schublade. Alles was ich greifen konnte, zog ich aus der schmalen Spalte heraus und betrachtete die ordentlich zusammen getackerten Blätter. Diese wiesen nun knicke und kleine Risse auf und trugen die Überschrift „Farmacia".

Glücklich steckte ich die Dokumente in meine Seitentasche. Jetzt nichts wie raus hier!

Das Schloss der Tür konnte ich zum Glück in Sekundenschnelle, nun mit meiner Haarnadel, öffnen.

Vorsichtig öffnete ich die leicht knarzende Holztür und lugte in den Gang hinaus. Ich hatte mir zuvor alle Gänge genau eingeprägt und eilte Richtung Ausgang. Langsam schlich ich wie ein Panther die schmalen Gänge entlang und drückte mich gegen die Wände, in denen Türen eingelassen waren.

Ich lauerte an einer Ecke und wartete auf den richtigen Moment, um abzubiegen. Mein Atem ging schwer und ich musste mich zusammenreißen, dass man ihn nicht durch das gesamte Gebäude hörte. Also drückte ich eine Hand gegen meinen Mund und versuchte krampfhaft meinen Puls zu beruhigen.

Mein Herz raste dermaßen laut. Ich war so konzentriert, dass ich fast die schweren Schritte, die immer lauter wurden, nicht registrierte.

Das gestampfte wurde immer lauter und ich zerrte an der Türklinke hinter mir, aber sie war abgeschlossen. Ich hatte absolut keine Zeit, um das Schloss zu knacken, also eilte ich so schnell es ging in die andere Richtung zurück und weg vom Ausgang.

Schnell ratterte ich nochmal den Gebäudeplan mit allen Gängen durch meinen Kopf und verschanzte mich in einer Nische. Denn ich musste an dieser Wache vorbei, wenn ich den geplanten Ausgang nutzen wollte.

Verzweifelt legte ich meinen Kopf in den Nacken und sah, wie sich ein Lüftungsschacht über meinen Kopf erstreckte.

CruorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt