Souls - Die letzte Seele | Grman

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„Na sieh mal einer an, wer uns mit seiner Anwesenheit beehrt!"
Es ist die Stimme meines jüngsten Bruders Sammael, die mich so gnadenlos aus dem Schlaf reißt. Ich schätze Geschwister sind in jeder Welt gleich. Nervig.
„Hätte nicht gedacht, dich hier so bald wiederzusehen."
„Hast du mich vermisst oder was soll dieses Theater? Immerhin wohne ich hier. Ich war nur zeitweilig für Seele 99 auf der Erde zuhause.", brumme ich genervt und will mir das Lacken über den Kopf ziehen, als es mir ohne Vorwarnung aus der Hand gerissen wird. „Alter!"
„Alter mich nicht, ich kam in derselben Sekunde auf die Welt, wie du. Wir sind Drillinge, schon vergessen?"
„Nein, aber dann solltest du auch wissen, wie sehr wir es hassen beim Schlaf gestört zu werden!", beschwere ich mich und kicke gegen sein Bein in der Hoffnung ihn zu vertreiben.
Stöhnend stolpert Sammael von meinem Bett und drückt sich wimmernd die Hand auf die schmerzende Stelle.
„Das tut weh, Dantalion.", winselt er.
„Selbst schuld. Du nervst."
„Das ist voll gemein!"
„Was soll dieses wilde Gejaule hier?!", ein weiterer Schrei macht sich bemerkbar und lässt uns augenblicklich verstummen. Kurz darauf wird die Tür aufgerissen und Morax taucht auf.
„Morax- „will ich direkt beginnen die Situation zu erklären, doch erhebt die Hand und bringt mich zum Schweigen.
„Ich will es gar nicht wissen. Seid einfach leiser. Ihr seid lauter als Kerberos. Das sollte ein Ding der Unmöglichkeit sein!", schreit er wieder. Dabei verändert sich das Blau in seinen Augen vor Zorn in ein blutiges Rot und ich werde mich nie daran gewöhnen, wie gruselig das immer aussieht. Morax ist Ausbilder. Eigentlich ist er nett, wenn man von seiner Brutalität, seinem Desinteresse und seiner Ungeduld mit uns absieht. Ich muss allerdings zugeben, dass wir es ihm auch nicht leicht machen. Es ist ein wahres Wunder, dass er uns noch nicht umgebracht hat, so oft wie er uns damit schon gedroht hat. Als rechte Hand des Herren dürfte er das, wenn er es als richtig erachtet.
„Sorry.", murmle ich und mache Anstalten mich in meinem Bett umzudrehen, als ich an der Kehle gepackt und aus dem Bett gezogen werden. Erschrocken schnappe ich nach Luft und kralle mich haltsuchend an die Hände, die mir die Luftröhre zuschnüren.
„Wo ist die 99. Seele, Dantalion?", verlangt Morax zu wissen.
„Was- „während ich verzweifelt nach Luft ringe, werfe ich einen kurzen Blick auf Sammael, der meinem Blick gekonnt ausweicht, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Es ist demütigend für uns Seelenräuber so offen dominiert zu werden. Daher gilt für unbeteiligte Dämonen die Regel, dass sie den betroffenen Dämon nicht ansehen dürfen, um ihn vor weiterer Scham zu bewahren.
„Die Seele, die du gestern einsammeln solltest. Wo hast du sie versteckt?", wiederholt er mit tiefer Stimme. Dabei verstärkt seinen Griff um meinen Hals und für eine Sekunde wird mir tatsächlich schwarz vor Augen.
„In der Tasche!", krächze ich. Schließlich lässt er mich los und ich huste wild, atme gierig Luft ein. „Musste das sein?", keuche ich und sehe ihm dabei zu, wie er meine Seelentasche vom Boden fischt und darin nach Courtneys Seele wühlt.
„Möglicherweise nicht, wenn du sie gleich herausgerückt hättest.", meint er darauf nur und sucht unbeirrt weiter.
Grummelnd setze ich mich wieder aufs Bett. Die Müdigkeit ist auf jeden Fall verflogen. Ein weiteres Mal sehe ich zu Sammael, der mich nun unsicher anlächelt. Als ich daraufhin nur beschwichtigend abwinke, beobachte ich, wie er erleichtert ausatmet und hebe einen Mundwinkel. Sammael nervt zwar manchmal extrem, aber am Ende des Tages sorgt er sich um mein Wohl.
„Na endlich.", schließlich zieht Morax eine hellblaue, strahlende Kugel aus meiner Tasche und hält sie vor seine Nase, ehe er einen langen Seufzer von sich gibt. „Gut. Ich bringe die Seele dann jetzt in die Seelenhalle und lasse sie eintragen. Du machst dich bitte fertig. In einer Stunde musst du im Büro des Herren sein. Lord Abbadon hat heute nur für dich das Siegel des Tores aufheben lassen, das heißt, du kriegst sie mit Leichtigkeit auf. Komm anschließend in den zweiten Stock und klopf dort an der Tür. Ich hole dich dann.", erklärt er in Lichtgeschwindigkeit.
Während seines ganzen Geredes war ich allerdings durchgehend verwirrt.
„Ich soll zum Schloss? Wozu? Habe ich schon wieder Ärger?"
Morax lacht knapp. Tatsächlich habe ich öfter Ärger, als ich zugeben möchte. „Nein. Ausnahmsweise nicht. Es müssen einige Formalitäten abgeklärt werden für deine letzte Seele."
„Ich dachte ich sammle sie einfach ein und gebe sie ab, sowie jede andere Seele auch.", gebe ich zu.
„Natürlich wirst du das. Aber Lord Abbadon muss dir die Seele erst zuweisen.", erklärt Morax weiter.
Ein empörter Laut entflieht mir. „Jetzt ernsthaft? Ich darf mir die letzte Seele nicht selbst aussuchen? Denkst du nicht das habe ich mir verdient, Morax?"
„Was ich denke, und du willst spielt hier keine Rolle!", fährt er mich an.
Ich presse die Lippen aufeinander.
„Abby macht die Gesetze, nicht wir oder sonst wer. Sei pünktlich oder ich reiße dir den Arsch auf."
Mit der letzten Drohung läuft die rechte Hand des Herren aus meinem Zimmer und wirft die Tür mit einem lauten Knall zu.
Einige Momente, nachdem Morax bereits weg ist herrscht eine tiefes Schweigen, bevor ich genervt meine Faust gegen die dunkle Zimmerwand knallen lasse. Gerade mit so viel Kraft, dass kein fettes Loch dabei entsteht.
„Fuck! Was soll das! Lord Abbadon ist doch echt unfair! Ich hab's verdient mir Seele 100 selbst auszusuchen!", beschwere ich mich lauthals.
„Ich bin mir sicher der Herr wird es dir nicht allzu schwer machen", versucht mich Sammael milde zu stimmen „Bestimmt kriegst du einen Menschen, der schon an seinem Limit angekommen ist und du musst ihm nur einen kleinen Stups in die richtige Richtung geben."
„Das glaubst du ja wohl selbst nicht.", schnaube ich nur. „Wahrscheinlich bekomm ich ein krankes Neugeborenes und muss ihm die Hölle schönreden."
"Babys verfügen aber über keine Entscheidungsfähigkeit, David.", tadelnd schnalzt Sammael mit der Zunge und schüttelt dabei seinen Kopf
Seine Antwort quittiere ich stumm, allerdings mit einem Blick, der ihm klar mitteilen sollte, was ich gerade von ihm halte.
„Was auch immer. Hilfst du mir mich vorzubereiten?"
„Willst du dir ein Outfit raussuchen?", will er neugierig wissen und zeigt in Richtung unserer begehbaren Kleiderschankes.
„Wir ziehen hier jeden Tag dasselbe an, du absoluter Witz von einem Dämon!", zische ich und schlage mir frustriert die Hände ins Gesicht.
„Was soll jetzt schon wieder! Ich will dir bloß helfen, du Fiesling! Und du bist schon wieder grundlos gemein zu mir!"
„Wo ist Akuma! Ich will Akuma!", verlange ich nach unserem älteren Bruder.
„Aki ist auf Mission. Du Blödmann musst meine Hilfe annehmen, wenn du sie so dringend willst!"
„Meinetwegen.", brumme ich geschlagen, wissend, dass ich nur Zeit verliere, je länger ich mit Sammael diskutiere. „Hilf mir eine beeindruckende Rede klarzumachen."
„Wozu brauchst du denn eine Rede?", fragt er. „Du kriegst den Auftrag der letzten Seele doch sowieso."
„Mag sein, aber vielleicht gibt mir Abby was Leichtes, wenn ich mich ein bisschen bei ihm einschleime."
„Du weißt, dass nur Morax ihn so nennen darf."

„Morax kann mich mal an meinem bald legendären Seelenräuberarsch-!"