18. Qualvoller Abschied

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Miriam

Diese eiserne Kälte, die die blaugrauen Augen vor mir ausstrahlten, erinnerten mich an unsere erste gemeinsame Zeit. Während unserer Reise hatte ich es geschafft den großen Eisblock in Elians Herzen zum schmelzen zu bringen, doch nun schien es schlimmer zu sein, als zuvor. Diese Wärme war komplett aus seinen Augen verschwunden.

,, Meine Aufgabe ist erfüllt, ihr seid an dem Ort, wo ihr euch am sichersten fühlt und nun ist es an der Zeit eure Bestimmung zu folgen", sprach Elian mit seiner typischen monotonen Stimme. In seinen Augen war jeglicher Glänz gewichen, der mir Hoffnung geschenkt hatte seine Zuneigung zu erlangen. Nun war dort nichts mehr, ein trüber Fleck hatte die schönen Augen dieses Mannes eingenommen.

,, Wieso sprichst mich in der formellen Sprache an!? Ich dachte du siehst mich nicht so", fragte ich ihn verletzt. Er hatte mir doch gestern Abend erklärt, dass er mich als ganz normaler Mensch ansah! Wieso sprach er mich jetzt in der Höflichkeitsform an!?
,, Ich habe euch ins Schloss, an eurem zustehenden Platz gebracht. Hier ist es meine Pflicht euch meinen Respekt zu erweisen ", antwortete mir Elian gefühlskalt.

Still bannten sich Tränen in meine Augen und rollten mir nacheinander über die Wangen, zu meinem Kinn und tropften mir dann auf den Schoß. Der Mann vor mir, war nicht der Elian, den ich kennenlernen durfte. Schwerfällig stand ich mit meinem gesunden Bein auf und hielt mich sofort an Elian fest. Mitja wollte mir helfen, doch wurde er von mir abgeblockt.

Ich zog mich zu Elian hoch und legte ihm meine zitternde Handfläche auf die braungebrannte Wange. Er regte sich kein Millimeter und sah aus wie eine kalte Steinstatur.
,, Hör auf damit! Das bist du nicht, du bist ein wundervoller Mensch mit einem großen Herzen und kein emotionslos Objekt! Elian, ich bitte dich darum so zu sein, wie du bist", schluchzte ich verzweifelt und strich mit meiner Hand, über sein markantes Kinn.

,, Mein wahres Ich, ist als ich sechs Jahre alt war gestorben und ich danke euch dafür, dass ihr mir einen kleinen Einblick in die Gefühlswelt gezeigt habt. Trotzdem werde ich nun gehen müssen und mein trostloses Leben weiterführen ", erwiderte Elian auf meine Bitte und machte alles noch viel unerträglicher. Mein ganzes Herz zog sich schmerzvoll zusammen, bei der Vorstellung, diesen liebevollen Mann nie wieder zu sehen.

,, Nein! Bitte bleib", bettelte ich ihn, unter Tränen an, doch es nützte nichts und das wusste ich. Elian würde gehen und mich hier zurücklassen, wo ich niemals glücklich werden würde.
,, Mitja, pass bitte gut auf seine Hoheit auf, wenn ich nicht mehr da bin. Er wird deine Gesellschaft brauchen", wandte sich Elian an meinen besten Freund und ignorierte meine verzweifelte Bitte vollkommen.

,, Natürlich, das verspreche ich ", stimmte Mitja sofort zu, nachdem er meinen schmerzlichen Gesichtsausdruck musterte. Schon seit Geburt an, war der blonde Junge bei mir und verstand meine Körperhaltung aus 100 Metern Entfernung. Leider hatte auch er seine Pflichten und konnte unsere Freundschaft in den Jahren nicht so gut pflegen.

,, Eure Hoheit ich bin euch zutiefst dankbar für alles, was wir zusammen erleben durften. Ihr seid eine wahre Augenweide und habt ein gutes Herz, ich bin mir sicher ihr werdet ein guter König. Passt auf euch auf und habt ein schönes Leben ", verabschiedete sich Elian von mir und verbeugte sich tief.

,, Nein, warte!", rief ich ihm hinterher, als er auf die Tür zuschritt. Mitja war bei mir, um mich an Elians Stelle zu stützen, der seine große Hand an die Klinke meiner Tür legte.
,, I.. Ich liebe dich!", sagte ich lautstark. Elian stoppte sofort in seiner Bewegung und Mitja zog scharf die Luft ein.

Langsam drehte sich Elian zu mir um. Seine Augen waren geweitet und sprachen seinen puren Schock aus. Ein Prinz, der sich in einen Bauern verliebt hatte. Jeder wusste das diese Liebe niemals erblühen durfte und doch hatte ich es gewagt. Ich hatte mich in den Elian verliebt, der mir sachte durchs Haar fuhr, der für mich da war, wenn ich nicht schlafen konnte oder wenn es mir schlecht ging.

,, Ich weiß, dass ich dich nicht lieben darf und mir sind die Konsequenzen dafür bewusst, aber ich wollte, dass du es weißt", schluchzte ich untröstlich. Meine Tränen flossen unaufhaltsam über meine blassen Wangen und berichteten von meiner endlosen Traurigkeit. Für mich war die Reise zusammen mit diesem starken Mann ein Geschenk Gottes, weil er mir die Welt erleuchtet hatte.

Plötzlich wurden meine beiden Hände von zwei größeren umschlossen. Mit Tränen überlaufendem Gesicht blickte ich zwei blaugraue Augen an, die ein leichten Glanz wiedererlangt hatten.
,, Ich würde eure Liebe erwidern, wenn es mir erlaubt wäre, doch diese Lippen sind für mich unerreichbar. Schließt mich aus eurem Herzen und vergebt es an jemanden, der eure Liebe erwidern darf", bat mich Elian mit einem schmerzlichen Unterton.

Mit seinen Händen wischte er mir die Tränen aus dem Gesicht und hinterließ ein leichtes Kribbeln auf meiner gereizten Haut.
,, Ich bin im klaren darüber, dass ich dich gehen lassen muss, aber bevor du gehst möchte ich dir etwas auf deine Reise mitgeben ", meinte ich schweren Herzens und ging mit Mitjas Hilfe zu meiner großen Kommode.

Vorsichtig öffnete ich das erste Schubfach und nahm ein kleines Säckchen heraus, das mit 20 Silbermünzen gefüllt war. Dazu nahm ich mir noch eine Kette heraus, die ich selber gemacht hatte. Es handelte sich um einen schwarzen Faden, an dem als Anhänger eine Sonne hing aus Edelstein. Er war zart lila mit einigen karibikblauen Ornamenten, genauso wie es meine Augen waren. So würde er mich immer in Erinnerung behalten.

,, Hier, nimm sie auf deine Reise mit und teile sie dir gut ein. Es ist nicht sehr viel, aber es wird dir dein Leben ein wenig erleichtern ", meinte ich zu Elian und legte ihm den Beutel mit den Geld in die geöffnete Handfläche. Bevor er etwas erwidern konnte, drückte ich ihm meinen schlanken Zeigefinger auf die rosanen Lippen, welche überraschender Weise sehr weich waren.

,, Und damit du mich auch niemals vergisst, schenke ich dir diese Halskette. Es ist ein echter Edelstein, also gib gut auf ihn acht", erklärte ich ihm leise und hang sie ihm um den Hals. Bevor ich es vergaß, zog ich mir meinen Umgang aus und legte ihn Elian an. Er bräuchte ihn nun mehr als ich. Schweigend humpelte ich zu der Wand neben dem Fenster und schlug auf sie.

Automatisch öffnete sich ein geheimer Gang im Boden, der unter das Schloss nach draußen führte.
,, Wenn du dem Gang immer weiter geradeaus folgst, kommst du an einer Stelle zwischen Graben und Schlossmauer raus", informierte ich Elian niedergeschlagen. Ehrenvoll verbeugte er sich vor mir und wollte stumm seinen Weg gehen.

,, Warte!", rief ich hysterisch, sodass er in seiner Bewegung stoppte. Mit Mitjas Hilfe lief ich zu Elian und blieb vor ihm zum stehen. Ich bat Mitja ein paar Schritte zurückzugehen, was dieser dann auch tat. Nun war es meine Chance einen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen. Schnell stellte ich mich auf Zehenspitzen und presste meine Lippen auf die von Elian.

Geschockt weitete er die Augen, aber konnte mich nicht mehr daran hindern, weil ich selber von ihm abließ. Mitja sah mich mit offenen Mund und großen Augen an, in denen sein Entsetzen widergespiegelt wurde.
,, Miriam! Was de-", wollte mich mein bester Freund zurechtweisen, doch ich hielt ihn mit einer einfachen Handbewegung auf.

,, Es wird niemand erfahren! Ich wollte die Gewissheit haben, dass sich wenigstens ein Wunsch erfüllen würde", erklärte ich Mitja, der daraufhin kein Wort mehr sagte. Leicht verbeugte sich Elian vor mir und ich hätte meinen können eine Träne gesehen zu haben. Ohne noch einmal nach hinten zu gucken, ging Elian seinen Weg und jeder einzelne Schritt der uns entfernte, riss mein Herz in weitere Einzelteile.

Die Legende des Prinzen (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt