Eine Welt in der, der Himmel nicht echt ist. In der das sogenannte Schicksal der Menschen eine Lüge ist. Davon sprach der Wanderer.
Luana starrt noch einige Minuten nach dem Aufwachen geradeaus in Richtung der Klippe, hinter dessen Tiefe nun allmählich die ersten Sonnenstrahlen hervorkriechen. Die Vögel beginnen zu zwitschern. Ein angenehm, frischer Geruch liegt in der Luft. Feuchtes Gras und kühle Erde. Nebel hängt über der hügeligen Landschaft.
Trotz des wenigen Schlafes, den die junge Frau hinter sich hat, ist ihr Geist bereits hellwach. Sie richtet sich auf und entdeckt den dunkelhaarigen Wanderer wenige Meter von der Klippe entfernt, an der sie vergangenen Nacht noch lange Zeit saßen. Mit dem Rücken gegen einen Felsen gelehnt und den Hut tief ins Gesicht gezogen, sitzt er in einer eher unbequem wirkenden Position und scheint zu schlafen.
Obwohl sie ihn inzwischen ein wenig näher kennenlernen durfte, kann Luana dennoch nicht behaupten ihn sonderlich gut zu verstehen. Etwas rätselhaftes, gar unheimliches haftet an ihm. Während sie in der einen Sekunde das Gefühl besitzt einen Blick hinter seine Fassade erhaschen zu können, so wirkt der Fremde im nächsten Augenblick verschlossen und abweisend. Doch das was sie bisher sah, lässt sich lediglich als eine verschlingende Dunkelheit in seinem Herzen beschreiben.
Die junge Frau schüttelt nachdenklich den Kopf und widmet sich ihrem noch immer verbundenen Unterschenkel. Allmählich ist es an der Zeit den Verband abzunehmen. Sie löst den weißen Stoff vorsichtig und muss letztlich mit Erstaunen feststellen, dass von ihrer tiefen Schnittwunde lediglich eine hauchdünne Kruste zurückgeblieben ist.
Die Verletzung war innerhalb eines Tages nahezu vollständig verheilt.
Besitzt Luana wirklich solche ausgeprägten Heilkräfte, wie Collei behauptete? Am Tag zuvor hatte sie es einfach so hingenommen, doch nun, da sie es mit ihren eigenen Augen sieht, ist es um einiges verwunderlicher.
Tatsächlich kann sie sich nicht daran erinnern, dass ihr etwas derartiges schon einmal passiert wäre. Nicht im Kindesalter. Und auch nicht in den letzten Jahren.
Was hat es mit dieser seltsamen Entwicklung auf sich?
Ihre Augen ruhen noch ein Weile auf der fast verheilten Wunde, ehe eine neue Idee sich in ihrem Kopf nach vorne drängt. Die junge Frau durchsucht ihre Tasche nach einem bestimmten Objekt. Nach wenigen Sekunden zieht sie das silberne Einhandschwert mit einem schwachen Grinsen hervor.
Solange der Dunkelhaarige noch schlief, könnte sie die Zeit auch für etwas sinnvolles nutzen.
Es ist das erste Mal, dass Luana versucht den Umgang mit dem Schwert zu üben. Genau genommen hatte sie den Einhänder nicht einmal angerührt, seit dem sie ihn für ein paar Mora von einem Schmied in Liyue erwarb.
Vielleicht könnte sie sich zumindest ein paar Grundlagen eigens beibringen, bevor die junge Frau dem berüchtigten Reisenden ohne jegliche Erfahrung gegenüber tritt. Wie schwer könnte dies schon sein?
Luana erhebt sich aus ihrem Schlafsack und testet die schwere der Waffe in ihren beiden Händen. Schließlich entscheidet sie sich für ihre linke Hand. Mehrere Schritte von ihrem Schlafplatz entfernt, schwingt die junge Frau das lange Stück Eisen durch die Luft. Sie versucht ein paar Grashalme abzutrennen. Dann die Blätter von einem kleinen Strauch und letztlich kommt sie vor einem dicken Baum zum Stehen. Ein breiter Stand, den sie für angemessen hält, den Einhänder unbeholfen über ihrem Kopf schwebend, holt Luana aus und schlägt seitlich in die feste Rinde des Baumes hinein. Lediglich eine leichte Kerbe entsteht darin.
Tief durchatmen. Ihr Griff um das Schwert verfestigt sich, ehe die junge Frau erneut ausholt, um zu zuschlagen. Es ist jedoch eben dieser Moment, in dem etwas anderes sie von ihrem Vorhaben abhält.
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To Be Loved By Him
Fanfiction[Zweiter Band von 'To Be Hated By Her'] ,,Wären wir uns nicht unter diesen Umständen begegnet... dann hätte unsere Geschichte vielleicht einen anderen Verlauf genommen." ~ Scaramouche Nachdem Luanas Schwester Mai bereits in jungen Jahren verstorben...