To Be Loved By Him

16 - Das Wachsen ihrer Kraft

Luana hält den Atem an, während sie den Schwerthieben des blondhaarigen Reisenden lediglich um Haaresbreite ausweicht. Ein weiterer Frontalangriff. Diesen blockt sie seitlich mit der Klinge ihres Einhänders ab.

,,Ellenbogen höher," weist ihr Gegenüber sie an. Unterdessen erfüllt das metallene Klirren ihrer aufeinandertreffenden Waffen weiterhin die Umgebung. Die Anstrengung steht der jungen Frau ins Gesicht geschrieben. Auch wenn sie sich im Schatten einiger Palmen einer nahegelegenen Oase befinden, so bleibt auch dieser Ort von der sengenden Hitze der Wüstensonne nicht verschont.

,,Den Unterarm parallel zum Oberkörper."

Schweiß rinnt die Schläfen Luanas hinab. Ihr Atem schwer. Und dennoch geht sie erneut zum Angriff über. Dieser wird seitens des Reisenden hingegen problemlos geblockt.

,,Gut," lobt er sie daraufhin unerwartet. In seinem Ausdruck lediglich ein geringer Anflug von Kraftaufwand. Ganz im Gegensatz zu den ersten Trainingseinheiten mit ihm stellt dies jedoch bereits ein Fortschritt dar.

Drei Wochen sind inzwischen vergangen. Die Erkundung des Mausoleums brachte unter anderem auch einige Gefahren mit sich. In heiklen Momenten an der Seite des Reisenden zu bestehen, hatte die Kampferfahrung und Fertigkeiten der jungen Frau durchaus geprägt. Gepaart mit den nahezu täglichen Trainingseinheiten war ihre Weiterentwicklung somit bereits in vollem Gange. Ihre Sicht auf vielerlei Dinge hatte sich ebenfalls verändert. Der Umgang Aethers mit verschiedenen Situationen und Gefahren ist eine Lehre und Bereicherung für ihre zukünftige Reise durch Teyvat.

,,Weiter."

Metall trifft erneut auf Metall. Die Augen Paimons verfolgen die schnellen Bewegungen der beiden aus sicherer Entfernung.

Dies ist jedoch nicht die einzige Veränderung, welche derzeit in ihrem Geist von statten geht. Träume wurden detailreicher und lebhafter. Mittlerweile ist Luana davon überzeugt, dass die Person, die immer wieder darin erscheint, niemand geringeres als der seltsame Wanderer selbst sein kann. Die meisten dieser Eindrücke sind lediglich von Schmerz und Wut geprägt. Obwohl ihre Wege sich bereits vor geraumer Zeit trennten, so scheint ihr Unterbewusstsein nach wie vor an seiner Existenz festzuhalten. Antworten auf die vielen Fragen in ihrem Kopf hält der chaotische Inhalt ihrer Träume allerdings nicht bereit. Und somit ist sie um so entschlossener den immer präsenter werdenden Lücken ihrer Vergangenheit auf den Grund zu gehen.

Ein harter Angriff lässt Luana nun ein paar Schritte zurück taumeln. Die goldenen Augen des Blondhaarigen treffen auf die ihre. Es scheint, als hätte ihre Aufmerksamkeit für einen Augenblick nachgelassen. Dies nutzte der junge Mann sofort aus, um ihr eine Lektion zu erteilen.

,,Unachtsamkeit könnte dir im Ernstfall das Leben kosten. Also verliere deinen Gegner niemals aus den Augen," gibt er ihr deutlich zu verstehen, ,,bewahre deine Grundhaltung und bleib wachsam."

Luana nickt ohne zu zögern.

,,Verstanden."

Damit wischt sie sich den Schweiß aus der Stirn und begibt sich erneut in Kampfposition. Ein breiter, gefestigter Stand. Den Arm in einer Linie zu ihren Schultern. Parallel zu ihrem Oberkörper. Wie der Dunkelhaarige ihr einst erklärte, dient das Schwert als Verlängerung ihres Armes und kann somit im besten Fall sogar als Teil ihres Körper betrachtet werden. Erst wenn die junge Frau dieses Denken verinnerlicht hätte, wäre sie womöglich dazu in der Lage etwas gegen ihren Trainingspartner auszurichten.

Trotz aller Erschöpfung bewegt Luana sich schnell und leichtfüßig nach vorne. Die stumpfe Waffe liegt fest in ihrer Hand. Ihr Gegenüber scheint zu beabsichtigen den Angriff zu parieren, dann entscheidet er sich im letzten Moment jedoch anders. Er weicht aus. Die Entschlossenheit in den Augen der jungen Frau führte wohl dazu, dass der Reisende sich von seiner Intuition leiten ließ.