Mein Kätzchen.
Die Worte hingen in der Luft und schienen von überall her wider zuhallen. Marians Lippen begannen zu zittern. Gleicher Tonfall wie Robin. Gleiche Aussprache. Gleicher Blick.
Er war es wirklich.Dieser Junge vor ihr hatte alle ihre Fragen richtig beantwortet. Es konnten keine Zweifel mehr bestehen.
Nach zwei Jahren kompletter Funkstille war Robin nun wieder aufgetaucht, warum auch immer in der Identität eines anderen. Das Unmögliche war geschehen. Robin war zurückgekehrt.
Ihr Freund war zurückgekehrt.
Marian sah Robin unsicher in die Augen.
Angst. Sie hatte Angst. Angst davor, was passieren würde, wenn sie wieder ein Paar wären. Angst davor, dass er sie wieder zurücklassen würde.
Sie ertrug es nicht mehr, in seine erwartungsvollen Augen zu sehen. Er wartete nur auf ein Zeichen von ihr, darauf, was sie tun würde. Ihm um den Hals fallen? Ihn küssen? Ihn vielleicht schlagen? Nein. Noch nicht.
Marian atmete tief aus und versuchte, sich zu ordnen. Es wird besser werden. Bestimmt. Du musst es nur versuchen und zulassen. Hast du dich nicht schon die ganze Zeit über nach ihm gesehnt?Sie sah wieder auf.
Es war totenstill im Raum, als Marian nun langsam zu Robin vortrat und die Schritte zwischen ihnen überbrückte. Wie in Trance hob sie, als sie nah genug war, eine Hand an Robins Wange und fuhr langsam mit dem Daumen darüber. Danach wanderte ihre Hand zu seinem Haarschopf. Keinem von beiden kam ein Wort über die Lippen. Sowohl Robin als auch Marian verfolgten schweigend, was sie tun würde. Denn Marian wusste es selbst nicht, sie tat es einfach nur aus Reflex.Nach einigen Sekunden legte Robin Marian zaghaft eine Hand an die Wange und wiederholte leise, mit einem sanften Lächeln: ,,Mein Kätzchen".
Es schien sich ein Schalter in ihrem Kopf umzulegen und Marian stürzte blitzschnell nach vorne, um Robin innig an sich zu drücken.
,,Du lebst noch ...".
Beinahe ungläubig krallten sich ihre Finger in den Stoff seines T-Shirts an seinem Hals. War das nur eine trügerische Vision, die ihr Gehirn ihr vorgaukelte, damit sie sich besser fühlte? Was das alles nur ein Traum? War sie in den kompletten Wahnsinn übergegangen?
Trotz ihrer zweifelnden Gedanken hauchte sie: ,,Du lebst". Als wollte sie es sich zur Überzeugung noch einmal sagen, öffnete sie die Augen und schrie fast: ,,Du lebst!".
Der riesige Knoten, der die ganze Zeit über in ihrer Brust saß, schien anzuschwellen. Er wurde immer größer und größer, Marian glaubte es kaum auszuhalten, bis er plötzlich platzte und verschwunden war.
Eine riesige Erleichterung machte sich in Marian breit. Dieser unendlich schwere und zerbrechende Druck war weg. Sie seufzte schwach auf, und plötzlich bahnten sich die Tränen, die sie nie hatte weinen können in ihr auf, bis sie schließlich durch ihre Augen quollen, unaufhaltsam ihre Wangen herunterrannen und nie aufzuhören wollen schienen. Die ganze Zeit über hatte sie ein schreckliches Gewicht tragen müssen, was nun endlich verschwunden war.
Marian fing an, unkontrolliert zu zittern und das Gleichgewicht zu verlieren. Ihre Knie knickten ein.
Robin hielt sie blitzschnell fest und drückte sie beschützend nur noch mehr an sich. ,,Bleib bei mir, Marian ... alles ist gut ...".
,,Ich ... ich habe gedacht, du wärst tot!", schluchzte Marian und schmiegte sich mit zusammengepressten Augen an ihn.
Mit jeder einzelnen Faser ihres Körpers spürte sie, wie Robins Arm auf ihrer Taille lag, wie beruhigend sein Herz schlug und wie er behutsam eine Hand auf ihren Hinterkopf legte, um ihren Kopf gegen sich zu drücken und dann sein Gesicht in ihrem Haar zu vergraben.
,,Alles ist gut ... Ich bin wieder da!", flüsterte er leise und Marian glaubte, dass auch bei ihm einzelne Tränen über die Wange glitten und auf ihr Haar fielen.Sie sagten nichts mehr und genossen still die Anwesenheit des anderen.
Auf dem Hof konnte man die Hufe von Pferden klappern hören und den Sheriff, der lautstark Befehle erteilte.
Vor Marians Fenster saß eine Nachtigall, die vor sich hinzwitscherte und den aufgehenden Mond betrachtete. Ein paar Glühwürmchen schwebten durch die Luft und vollendeten damit die schöne Atmosphäre im Wald und auch in der Burg. Die meisten Tiere des Waldes huschten nun langsam in ihre Baue, um sich schlafen zu legen, während nun andere gerade erwachten und in der schönen Vollmondnacht jagen gingen.Nach knapp zehn Minuten fasste Marian sich soweit, dass sie sich ein wenig von Robin lösen konnte, um ihm ins Gesicht sehen zu können. ,,Du hast dich verändert", brachte sie mit tränenerstickter Stimme hervor.
Tatsächlich glaubte ein kleiner widerspenstiger Teil ihres Gehirns noch immer daran, das das alles nur ein Traum war.
Robin nickte heftig, während er versuchte, seine Tränen zu stoppen. ,,Ja. Ja das hab ich. Und du dich auch.
Du ... du bist noch viel schöner geworden als sowieso schon".
Marian lächelte schwach und fuhr sich über die Wange. ,,Wenn du meinst". Sie betrachtete neugierig sein kantiges Gesicht, was von der von ihr aus linken Seite mit dem silbernen Licht des Mondes beschienen wurde, dass seine Augen so mystisch funkeln ließ.
Die andere Seite war in den Schatten verschwunden, doch trotzdem konnte Marian sein schönes Lächeln erahnen. ,,Und du hast die Züge eines Engels bekommen, nicht wahr?".
,,Wenn du meinst", wiederholte er ihre Worte und lächelte zurück.Sie schauten sich ein wenig scheu in die Augen und Robin sah sie fragend an. Ob sie ihm die Erlaubnis geben würde, sie zu küssen.
Der Geborgenheit wechselte plötzliches Misstrauen und Verzweiflung
Das ging zu schnell. Viel zu schnell.
Zwei Jahre waren nun vergangen, sie kannten sich überhaupt nicht mehr. Was war, wenn er sich komplett verändert hatte? Wenn sein Charakter nun völlig anders geworden war und sie ihn nun gar nicht mehr mochte? Was wäre dann? Wenn er sie im Endeffekt wieder allein lassen würde?
Aber wolltest du nicht schon die ganze Zeit über wieder mit ihm zusammen sein?
In ihren Augen bildeten sich Tränen, während sie verzweifelt versuchte, sich möglichst schnell zwischen ihrem Gehirn und ihrem Herz zu entscheiden. Einerseits wollte sie Robin wieder, doch andererseits könnte das auch eine riesige Fehlentscheidung sein.
Sie wollte nicht wieder enttäuscht werden. Sie wollte nicht wieder zurückgelassen werden.
Es war besser, den kleinen Funken Hoffnung sofort zu ersticken, als ihn an seinem höchsten Punkt zu zerstören. Das hatte sie gelernt. Und nach diesem Prinzip würde sie immer gehen. Sie fragte sich sowieso, wieso er sie die ganze Zeit über links liegen gelassen hatte und ihr nicht wenigstens ein kleines Zeichen gegeben hatte. Wo ihm doch bestimmt aufgefallen war, wie schlecht es ihr ergangen war.Marian fasste einen Entschluss und trat zurück. ,,Entschuldige, ich kann nicht. Noch nicht", stieß sie hervor und hielt sich die Stirn. Wieso hatte sie das Gefühl, daß sie voreilig gehandelt hatte?
Es herrschte kurze Stille. In der kurzen Sekunde, in der Robin sich nicht unter Kontrolle hatte, war sein Gesichtsausdruck verwirrt und erschrocken. Doch schnell schien er eine Mauer vor sich aufzubauen und sich hinter dem gelassenen Pokerface zu verstecken. ,,Na gut. Wenn es dir so lieber ist. Dann ist es halt so", murmelte er und nickte langsam.
,,Es tut mir so leid, ich ... Ich weiß selbst nicht wieso, irgendwie ... bin ich noch nicht bereit dazu ...
Vielleicht können wir die nächsten Tage wieder etwas Zeit miteinander verbringen? Damit wir uns wieder näher kennenlernen?".
Robin zwang sich, zu lächeln. ,,Okay. Klingt gut".
Man hörte mehr als deutlich die Enttäuschung aus seiner Stimme hervor.
Sofort fühlte Marian sich schuldig.
Doch was sollte sie jetzt tun? Sagen, daß sie doch wieder mit ihm zusammen sein wollte? Dann wäre es für beide Seiten blöd. Sie hätte kein gutes Gefühl dabei und er sowieso nicht, da sie ihn schon indirekt zurückgewiesen hatte. Und das konnte sie nun auch nicht mehr rückgängig machen.
Sie wollte noch irgendetwas sagen, doch Robin schnappte sich ohne ein weiteres Wort seinen Mantel, warf ihn über und ging zur Tür. Doch bevor er rausging, sagte er noch kurz mit belegter Stimme: ,,Gute Nacht".Als er weg war, schlug Marian sich die Hand vor die Stirn. Scheiße.
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Für immer (MOMENTAN IN ÜBERARBEITUNG, NICHT LESEN)
RomanceNachdem Robin und Marian glücklich zusammengekommen sind, werden sie schon wieder voneinander getrennt: Denn Robin wird von König Richard beauftragt, als Spion Baron Fitzwalter, der einen Krieg gegen sie plant, auszuspionieren. Also macht er sich...