Kapitel 28

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POV - Alicia Morgan

Na das hatte ich ja prima hinbekommen.
Nicht nur das ich Lauren unnötig angegangen war, nein, ich hatte sie mit meinen Worten richtig verletzt, das hatte ich in ihren Augen gesehen, auch wenn sie es sich nicht hatte anmerken lassen wollen.
Ich konnte verstehen das sie verletzt war, so wie ich das formuliert hatte, klang es tatsächlich als wäre sie nur ein Fehler für eine Nacht gewesen, als wäre mir das alles völlig egal, als wäre sie mir völlig egal.
Außerdem hatte ich sie damit aus meinem Kontrollbereich gestoßen und das war gefährlich, sehr gefährlich. Lauren zu verletzten bedeutete das Risiko einzugehen, dass sie aus emotionaler Wut heraus reden würde. Dass sie mich melden oder schlimmer noch anzeigen könnte. Lauren war nicht dumm, ganz im Gegenteil, und mit meinem Verhalten hatte ich ihr so eben die Kontrolle über die Situation gegeben.
Lauren hatte nicht geweint, sie hatte mich nicht einmal wirklich angeschrien, sie war verzweifelt gewesen, doch sie hatte mich nicht sehen lassen, wie sehr es sie verletzt hatte.
Sie wollte nicht das ich es sah. Und das konnte entweder bedeuten, dass ich sie genug unter Kontrolle hatte oder dass sie sich für den Gegenschlag bereit machte. So oder so brauchte ich Klarheit.
Angespannt trottete ich zurück in die Halle.
Ich fühlte mich so unwohl wie schon lange nicht mehr, fast etwas als wäre ich krank, doch es war die Ungewissheit, der Kontrollverlust, das wusste ich.
Es war falsch, alles was ich mit Lauren getan hatte und trotzdem war es, als hätte ich mir einen langersehnten Wunsch erfüllt als ich sie endlich ausgezogen und alles von ihr gespürt hatte.
In der Halle angekommen beschloss ich zu duschen denn ich war völlig unterkühlt, doch selbst das heiße Wasser half mir nicht einen klaren Kopf zu bekommen.
Als ich keine Stunde später die Schule betrat, ich hatte die Zeit dazwischen beim Bäcker verbracht und mir genug Koffein zugeführt um eine ausgewachsene Kuh wiederzubeleben, empfing mich der übliche Lärm.
Doch ich hatte heute keine Nerven dafür irgendjemanden zurecht zu weisen oder mir Gedanken über Regelverstöße zu machen, hatte ich doch selber erst letzte Nacht gegen das Gesetzt verstoßen.
Ich würde ins Gefängnis wandern würde das raus kommen, meine Karriere, ach was, mein Leben wäre beendet.
Was würden nur meine Eltern sagen? Was würden die Nachbarn sagen?
Was würde die Presse sagen?
Das würde im Nu Kreise ziehen und ich sah mich schon auf dem Deckblatt sämtlicher Zeitungen.
Ich schüttelte den Kopf um diese Gedanken irgendwie los zu werden, denn sie ängstigten mich.
Sie machten mich geradezu irre. Ich konnte und durfte unter keinen Umständen ins Gefängnis. Bereits jetzt spürte ich eine Engegefühl in der Brust beim Gedanken an 8 Quadratmeter abgeschlossenen Raumes.
Als ich das Lehrerzimmer betrat, erwiderte ich nur knapp die Grüße meiner KollegInnen und begab mich erstmal zum Wasserspender.
Noch immer konnte ich keinen klaren Kopf fassen, zudem plagte mich das schlechte Gewissen einen solchen Fehler begangen zu haben.
Ihre Nähe machte mich schwach, unsicher und ließ mich leichtsinnig werden.
War Lauren das wirklich wert?
War Lauren es wert das ich das hier alles aufs Spiel setzte?
>>Na, wo sind deine Gedanken denn heute?<<, wurde ich auf einmal angesprochen von der Seite was mich zusammenzucken ließ.
Sarahs große grüne Augen beobachteten mich forschend, während ich Mühe hatte meinen halben Herzinfarkt zu verarbeiten.
>>Nirgendwo, wie kommst du drauf?<<, fragte ich so souverän wie möglich und beugte mich über den Wasserspender, um zumindest für einen Moment ihrem Blick entgehen zu können.
>>Ach, du stehst hier nur da und starrst vor dich hin während ich seit knapp fünf Minuten versuche mit dir zu sprechen<<, meinte sie gespielt gleichgültig und nahm sich einen Kaffee aus der Kanne neben mir.
Verdammt, wie konnte ich Sarah nicht bemerkt haben? Sogar meine Instinkte ließen mich schon im Stich.
>>Oh wirklich? Ja, ich habe schlecht geschlafen<<, log ich und genehmigte mir erneut ein paar große Schlucke Wasser.
>>So siehst du gar nicht aus, ganz im Gegenteil, du strahlst fast etwas<<, meinte Sarah neckisch worauf ich sie entsetzt ansah.
Ich hatte Mühe das Wasser nicht in hohem Bogen wieder auszuspucken und verfiel in heftiges Husten, während Sarah mir auf den Rücken klopfte.
>>Was soll das denn heißen?<<, fragte ich fast etwas zu panisch und atemlos, als sich der Husten wieder halbwegs gelegt hatte.
Sarah lachte, offensichtlich amüsiert über meine Reaktion. Sie wusste immer wie sie mich aus der Reserve locken konnte und es machte ihr sichtlich Spaß.
>>Ich weiß nicht, du siehst irgendwie entspannter aus, fast etwas befriedigt<<, erwiderte sie plump und wackelte gleichsam anzüglich mit den Augenbrauen.
Ich starrte sie so geschockt an, das ich glatt das Atmen vergas.
Was zur Hölle sollte ich dazu nur sagen?
Sarah hingegen grinste umso breiter, offensichtlich in dem Wissen gerade voll ins Schwarze getroffen zu haben.
>>Sag schon, wie heißt sie?<<, fragte sie nun mir jugendlicher Aufgeregtheit in der Stimme.
Ich hingegen versuchte halbwegs einen zweiten halben Herzinfarkt abzuwenden und atmete bedacht lange ein und aus. Wurde mein Arm gerade taub oder bildete ich mir das nur ein?
>>Ich weiß absolut nicht was du meinst<<, erwiderte ich so glatt wie möglich und beugte mich eilig wieder über den Wasserspender. Inzwischen war mir schon ganz schlecht von dem ganzen Wasser in meinem Magen.
Konnte Sarah nicht bitte aufhören damit?
Als fühlte ich mich nicht schon genug in die Enge getrieben von der allgemeinen Situation, nein, jetzt musste sie auch noch so penetrant nachfragen.
>>Ich spüre das du lügst Alicia, jetzt sag schon<<, meinte sie und musterte mich wieder so eindringlich, das mein Verlangen zu flüchten immer größer wurde.
>>Du spinnst Sarah<<, sagte ich nur abwinkend und starrte den Wasserspender an, unentschlossen, ob ich mir noch mehr von der klaren Flüssigkeit zuführen sollte.
Sarah wollten so eben etwas erwidern, als das Vorklingeln mich aus der Situation rettete.
>>Bis nachher Sarah<<, flötete ich und verdünnisierte mich so schnell aus dem Raum, das Sarah nicht mal Zeit hatte zu antworten.
Nun da Sarah mich nicht mehr ausfragen konnte, holten mich allerdings meine Gedanken wieder ein und ich verlor mich in diesen.
Die nächsten Stunden verliefen schleppend und allgemein speiste ich meine SchülerInnen mit Aufgaben ab um in Ruhe in meinem Kopf versinken zu können.
Lauren hatte ich bisher noch nicht gesehen, sie war doch nicht etwa abgehauen oder?
Meine Pausenaufsicht im Gang heute gestaltete sich auch nicht gerade interessant.
Die SchülerInnen mieden diesen Gang wenn ich Aufsicht hatte und das war mir nur recht.
Natürlich bis auf Stacy McLaren, welche just in diesem Moment den Gang entlang schritt und mich provokant ansah.
Vielleicht wusste sie ja wo Lauren war.
>>McLaren herkommen<<, kommandierte ich sie zu mir und die SchülerInnen um sie herum, sahen sie ängstlich an, während Stacy nicht aus der Ruhe zu bringen zu sein schien.
Entspannt schritt sie auf mich zu und blieb schließlich vor mir stehen.
Allein ihr arrogantes auftreten reizte mich.
>>Was kann ich für Sie tun Miss Morgan?<<, fragte sie und setzte eine derart gespielt freundliche Miene auf, das ich kurz das Gefühl hatte sie würde mich verarschen wollen.
Doch auf noch mehr Stress hatte ich jetzt keine Lust. Für diese Konfrontation war ich heute beim besten Willen nicht bereit.
>>Haben Sie Miss Fallmont heute gesehen? Ich müsste sie dringend sprechen.<<, fragte ich so gleichgültig und kalt wie nur möglich und sah sie von oben herab an.
>>Nein, Lauren ist den ganzen Tag schon nicht da, wahrscheinlich krank oder so<<, meinte Stacy schlicht und ging ohne eine Verabschiedung weiter.
Ich hingegen lehnte mich nachdenklich gegen die Wand
Also war Lauren offensichtlich nicht in der Schule und hatte nicht einmal Stacy Bescheid gesagt. Eigentlich ein halbwegs gutes Zeichen, oder? Immerhin redete sie nicht.
Die nächsten Stunden zogen sich mehr in die Länge als ein alter Kaugummi und als ich schließlich in meinem Auto auf dem Weg nachhause saß, war ich mehr als froh, das es endlich vorbei war.
Immer noch regnete es und ich war völlig fertig, denn den ganzen Tag war ich zu keinem
Entschluss gekommen was ich nun tun sollte oder auch nicht.
Zuhause angekommen begann ich aufzuräumen, zu putzen, Essen zu kochen und unnötig laut Musik zu hören, einfach nur um mich abzulenken.
Würde Lauren kommen?
Aber was wollte ich ihr eigentlich sagen?
Ich wusste es nicht.
Ich wollte sie nicht erneut verletzten, wollte ihr nicht das Gefühl geben das alles wäre nur ein unbedeutender One Night Stand gewesen, aber ich durfte ihr auch nicht nahe sein und eigentlich sollte es etwas unbedeutendes sein.
Doch ich wollte sie so sehr, wollte sie bei mir haben und gleichzeitig am liebsten aus meinem Leben verbannen.
Ich wusste nicht was das war, aber es ließ mich so unvernünftig werden, wie ich es nie von mir erwartet hätte.
Die Zeit schritt voran, es schlug 19:00 Uhr und von Lauren war kein Zeichen zu vernehmen.
19:30 Uhr, inzwischen putzte ich meine Küche mit einer solchen Sorgfalt, das sie sauberer war, als beim Einbau. Mit einer Zahnbürste hatte ich mich inzwischen meinen Wandfugen gewidmet und kam mir mehr als nur bescheuert vor, aber ich musste mich beschäftigen. Ruhe war das letzte was ich jetzt aushalten konnte. Was würde ich machen, wenn Lauren nicht erscheinen würde? War es schlau gewesen, sie wieder zu mir einzuladen? Eigentlich nicht wirklich. Das hier würde es nicht leichter machen.
Als die Kirchturmuhr in der Ferne 20:00 Uhr schlug klopfte es auf einmal verhalten an meiner Tür.
Mein Herz schlug mir augenblicklich bis zum Hals, meine Hände wurden schwitzig und meine Knie weich.
Gott, was sollte ich jetzt nur tun?
Auf wackeligen Beinen lief ich zur Tür und öffnete diese.
Vor dieser stand Lauren, komplett durchnässt und mit roten Augen.
Sie sah fürchterlich aus, als ob sie den ganzen Tag geweint hätte.
Noch bevor ich etwas sagen oder wirklich großartig tun konnte, fiel sie mir in meine Arme und begann haltlos zu schluchzen.
Etwas überfordert und gleichzeitig wahnsinnig erleichtert, hielt ich sie einfach nur fest.

Dominate meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt