PART 07, ich lass ein licht (für dich) an

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Sacht drehte er den Kopf kaum merklich zu Seite, um einen kurzen Blick in Richtung Haus zu erhaschen

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Sacht drehte er den Kopf kaum merklich zu Seite, um einen kurzen Blick in Richtung Haus zu erhaschen. Seine Mundwinkel verzogen sich minimal und er lächelte still in sich hinein. Er wusste er wurde beobachtet.

Die unscheinbare Gestalt hinter den Fenstern verfolgte ihn seit Tagen, wie ein zweiter Schatten. Sie war nicht gerade unauffällig in ihrem Tun, wenig vorteilhaft, wenn man jemanden beobachten wollte. Jedoch bemerkten es die meisten Menschen nicht, wenn sie von einer Black Widow beschattet wurden.

Doch Pietro kannte es. Beobachten und beobachtet zu werden, war ihm vertraut. In der Vergangenheit war er schon einigen Gestalten wie ein unsichtbarer Wegbegleiter gefolgt. Auch wusste er genau, wie es war, wenn ihm jemand nachschlich.

Sie saß dort am Fenster, ganz ruhig und bewegte sich nicht, um die kleinen Vögel nicht zu erschrecken. Nadija sah ihnen gerne dabei zu wie sie im Schnee der leicht bedeckten Fensterbank nach Körnern pickten. Die Körner die er jedem morgen dort hinlegte.

Mit einem Ruck stemmte er die Schaufel gegen den gefrorenen Boden und hob die schwere Schneeschicht mit dem darunterlegenden Eis auf einen zunehmend größer werdenden Schneehügel an der Seite des Weges. Das war bereits die zweite kraftaufwändige Arbeit an diesem Morgen. Nachdem er zuvor Vic, die Frau mit der roten Brille, die üblicherweise am Empfang saß, aus der Aktenkammer befreit hatte. Da diese sich unglücklicherweise darin eingesperrt hatte und die Tür sich nur unfreiwillig wieder öffnen ließ.

Er sah hinüber zu Andrej, der jetzt eine kleine Verschnaufpause eingelegt und sich auf einer naheliegenden Steintreppe niedergelassen hatte. Dieser winkte ihm jetzt zu und formte mit dem Mund ein lautloses „Du machst das super!", gefolgt von einem breiten Lächeln und aufmunternden Nicken.

Schnaubend schüttelte der Blonde den Kopf und begann seine Arbeit fortzusetzen, dabei warf er jedoch gelegentlich einen kleinen Blick zum Fenster. Sein Schatten saß noch an Ort und Stelle, den Kopf auf den rechten Arm gestützt und die wachsamen grünen Augen auf einen Punkt in der Ferne gebunden.

»»»

Fast zwei Stunden später saßen Pietro und Andrej erschöpft in der kleinen Küche des Hauses, in der sie ungestört zu Mittag essen konnten. Wie fast jeden Tag gab es nur eine Art Eintopf. Heute mit Braunen Linsen und etwas das aussah wie Broccoli. Jedenfalls hofften die beides das.

„Ich weiß nicht", unbehaglich wog Andrej das Stück Grün auf seinem Löffel hin und her.

„Iss oder stirb." Vic stand mit dem Kochlöffel in der Hand nicht weit entfernt, dabei sah sie nicht gerade ungefährlich aus. Vic, eigentlich hieß sie Viktoria, war nicht so freundlich wie sie aussah und saß normalerweise am Empfang. Da aber der Koch aus unerklärlichen Gründen ein paar Wochen zuvor gekündigt hatte, musste Vic als Ersatz einspringen. Doch leider traute sich niemand ihr zu sagen, dass sie gar nicht kochen konnte, da sie selbst vom Gegenteil überzeugt war.

Wiederwillig aß Andrej nun seinen Teller Linseneintopf bis zum bitteren Ende auf. Zufrieden verließ Vic daraufhin die kleine Essecke in der Küche, um sich wieder hinter die Theke am Empfang zu setzten.

„Denkst du sie kommt nochmal zurück?" Andrej sah sich unsicher um, bevor er den letzten Rest seines Eintopfs von seinem Teller in den Abfalleimer schob.
Pietro schüttelte nur den Kopf und aß mit einem belustigten Schmunzeln weiter. „Du hättest Vic ruhig noch etwas länger in der Aktenkammer lassen können, dann wäre dieser Eintopf heute an uns vorbeigegangen", jammerte Andrej während er seinen Teller unter dem Wasserhahn am Spülbecken abwusch.

Der Gedanke war für ihn recht schmackhaft gewesen. Doch wusste er auch, dass es besser war sie sofort zu befreien, um seiner Sicherheit willen.

„Ach, tief in deinem inneren hast du sie doch eigentlich ganz gern, nicht?" Der Blonde schob seinen leeren Teller von sich und warf seinem gegenüber einen vielsagenden Blick zu.

„Nein! Lass das, niemals. Nicht sie, vermutlich verhaut sie mich wenn du mich mit ihr allein lässt. Bitte, lass mich nicht mit ihr allein." Gespielt dramatisch warf der Mann mit den Haaren braun wie Zimt sich auf die Eckbank neben Pietro und sah diesen flehend an. Sein Blick wechselte jedoch im nächsten Moment zu einem etwas fragenderem und er neigte den Kopf zu Seite.

„Wechseln wir das Thema und kommen wir mal zu dir. Hast du mit ihr gesprochen? Nadija meine ich, sie fragt mich manchmal nach dir. Kennt ihr euch aus deiner Superhelden Era oder so?", fragte Andrej interessiert und wartete sogleich auf eine ausführliche Antwort. Er war schon immer von diesem Helden Thema begeistert gewesen.

„Nein, vermutlich werd ich das auch nicht." Normalerweise war Pietro sehr geschickt darin unauffällig das Thema zu wechseln, doch im wollte beim besten Willen nichts einfallen um das Gespräch in eine andere Richtung zu drehen um so von sich abzulenken.

„Komm schon, erzähl mir von ihr, du redest nie von deiner Superhelden Zeit." Andrej überschlug die Beine unter dem Tisch um es sich bequem zu machen und hoffte auf eine gute Geschichte. Da es schon anfing dunkel zu werden und die Wetterlage sich ungemütlich verschlechterte wollte er noch nicht gehen.

„Ich war nie ein Held, Andrej."

Stumm trafen sich ihre Blicke und eine seltsame Stille legte sich über den Raum. Keiner wusste was er als Nächstes sagen sollte und so sprachen sie einfach gar nicht. Es verging ein wenig Zeit in der sie einfach nur aus dem Fenster in das Schneechaos sahen, das sich vor der schützenden Scheibe abspielte. Unzählige schwere Flocken fanden ihren Weg von den Wolken her und segelten zu Boden.

Es wurde immer dunkler in der Küche und Pietro wollte allmählich nach Hause gehen. Als er Anstalten machte aufzustehen, fand Andrej neben ihm seine Stimme wieder.

„Für mich bist du einer. Du hast viele Leben gerettet, ist es nicht das was Helden tun?", sprach er ehrlich und schenkte ihm ein angenehm warmes Lächeln. Pietro hielt kurz inne, bevor er eine Antwort fand.

„Ein Held rettet jedes Leben das er kann, ich hab es nicht geschafft. Ein Leben konnte ich nicht retten."

In seiner Hosentasche kramte er nach einem schmalen Gegenstand, als er ihn fand zog er in heraus und legte ihn auf den Tisch. Er blickte sich um und fand die honiggelbe Kerze, nach der er gesucht hatte. Mit einem zischen entzündete sich die Flamme auf dem Feuerzeug und der Kerzendocht übernahm das brennende Licht.

„Ich kannte sie schon viel früher. Doch manchmal werden Menschen von denen du dachtest du kennst sie, zu Menschen die dir fremder nicht sein könnten."

Pietro stand nun auf und stellte die Kerze vor Andrej auf dem Tisch ab.

„Wie wahr." Die braunen Augen Andrejs senkten sich auf die leuchtende Kerzenflamme.

„Ich lass das Licht für dich an." Er klopfte seinem besten Freund sacht auf die Schulter, bevor er die schützende Wärme des Raums hinter sich ließ und in die kalte Nacht verschwand. Mit einem eisigen Luftzug schloss sich die Tür hinter ihm und die kleine Flamme flackerte in der Dunkelheit, dabei malte sie strahlende Schattenbilder an die Wände.

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STRANGE MEMORIES, pietro maximoffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt