Die Kisten mit der Weihnachtsdekoration stapeln sich schon im Wohnzimmer. Es wird ihr erstes gemeinsames Weihnachten in ihrem eigenen Haus sein. Sie haben den perfekten Baum ausgesucht und schmücken diesen mit blauen und silbernen Kugeln. Drumherum wurde eine Lichterkette gelegt, dessen Birnen wie Zapfen aussehen. Lametta nutzen sie keines, das würde die Optik nur stören. Zum Schluss kommt oben auf die Spitze ein silberner Stern.
„Der sieht wirklich schön aus", sagt Janine mit einem Grinsen. Dabei lehnt sie sich an ihren Freund.
„Du hast recht, besser hätte er nicht sein können", bestätigt Lion ebenso grinsend.
Sie hatten schon im Vorfeld das Haus weihnachtlich aussehen lassen. Aber den Baum haben sie sich für den 22. Dezember aufgehoben. Gut, eigentlich wollten sie bis zum 23. warten. Aber Janine hatte irgendwann keine Geduld mehr. Verständlich. Weihnachten ist ihr absolutes Lieblingsfest. Schon als Kind hat sie stundenlang vor dem großen Fenster im Wohnzimmer gestanden und nach dem Weihnachtsschlitten Ausschau gehalten: Sie wollte doch so gerne mal Rudolph streicheln. Dieser Wunsch wurde ihr leider nie erfüllt.
Das Haus sieht richtig nach Weihnachten aus. Überall stehen Lichter, kleine Weihnachtsmänner, Tischdecken und auf dem Wohnzimmertisch steht der Adventskranz. Dieses Jahr werden sie Heiligabend nur für sich sein. Das wollten sie gerne, um diesen Stress zu umgehen, bei welchem Familienteil man am 24. Ist. So ist außerdem niemand beleidigt. Dafür werden sie am ersten Weihnachtstag zu Janins Eltern fahren und am zweiten zu Lions Schwester, wo dessen Familie sein wird.
An Heiligabend steht Lion in der Küche und bereitet das Abendessen vor. Es gibt ganz klassisch Kartoffelsalat mit Würstchen. Den Kartoffelsalat hat Lion selbstgemacht, das Rezept hat er von seiner Oma. Er ist froh, dass er ihn nicht versaut hat, denn eigentlich ist der junge Mann total aufgeregt. Für die Bescherung hat er sich was Besonderes einfallen lassen.
„Wie weit bist du?", hakt Janine nach. Sie nimmt Teller aus dem Schrank und Besteck aus einer Schublade, um den Tisch im Wohnzimmer zu decken.
„Die Würstchen sind gleich gut."
Den Salat hat er schon heute Morgen fertig gemacht und auf die Terrasse gestellt, denn draußen sind grade mal zwei Grad Celsius. Mit einer guten Flasche Rotwein werden sie auf diesen Weihnachtsabend anstoßen. Davor haben sie den gesamten Nachmittag über Weihnachtsfilme geschaut und Lebkuchen gegessen.
Der Kartoffelsalat schmeckt köstlich. Fast genauso, wie es immer bei Lions Oma geschmeckt hat. Aber an ihre Perfektion wird er nicht herankommen. Janine hat sich um den Nachtisch gekümmert, sie hat Schokoladenpudding gekocht und ebenfalls kaltgestellt. Auf zwei Schälchen hat sie den Pudding verteilt und obendrüber noch eine gute Portion Vanillesauce gegeben. Es schmeckt himmlisch und mit gefüllten Bäuchen lassen sie sich am Ende auf die Couch fallen. Sie sind froh, dass der Geschirrspüler die Aufgabe des Abwaschens übernimmt.
„Erst Loriot und dann Bescherung oder erst Bescherung und dann Loriot?"
„Schatz, ernsthaft, du sitzt hier wie auf heißen Kohlen. Natürlich zuerst die Bescherung." Lion verdreht belustigt die Augen über seine aufgeregte Freundin.
„Okay, du zuerst. Ich will unbedingt dein Gesicht sehen."
Sie steht wieder auf und geht herüber zum Baum, der den Raum mit seiner Lichterkette erhellt. Leise kichert sie vor sich hin und reicht ihrem Freund dann zwei hübsch verpackte Päckchen. Auf dem Geschenkpapier sind rote Christbaumkugeln.
„Warte, du hast auch zwei für mich? Dann lass uns das abwechselnd machen", schlägt Lion vor. Darauf willigt Janine sofort ein und legt ein Päckchen wieder zurück.
Lion begutachtet sein Geschenk und fängt dann an, das Klebeband zu lösen. Er ist beim Auspacken immer sehr vorsichtig, weil er Angst hat, was kaputt zu machen. Ein kleiner flacher Karton kommt zum Vorschein, den er sogleich öffnet. Darin befinden sich zwölf achteckige Puzzleteile aus Holz. Ein Tischkalender zum Zusammenbauen.
„Oh, der ist wirklich cool! Danke!"
Danach ist Janine dran. Sie ist eher Typ Papier abreißen und das zeigt sie auch. Das Geschenkpapier fliegt auf den Boden und sie öffnet die Schachtel, die sie nun in den Händen hält. Ein Rudolph liegt darin, in Form eines Plüschtieres. Daneben ein roter Umschlag. Janine nimmt ihn und fragt, ob das das zweite Geschenk sei. Lion verneint und sie öffnet den Umschlag. Auf der Innenseite der Karte ist ein Bild von einem Rentier und darunter steht geschrieben:
Eine Reise zu den Rentieren, damit du endlich Rudolph streicheln kannst.
Janine steigen Tränen in die Augen und sie umarmt Lion fest.
„Danke, danke, danke!"
Damit sich endlich ihr größter Kindheitswunsch erfüllt, hat Lion sich für dieses Geschenk entschieden. Nun aber soll er unbedingt erstmal seines aufmachen, denn es sei ja unfair, dass nur sie so hibbelig ist. Lion fängt an, es auszupacken und Janine beißt sich auf die Unterlippe. Sie ist so gespannt auf seine Reaktion. Zunächst ist er etwas verwundert, als er den Lederband des Buches auf seinem Schoß begutachtet. Er hat eine Vorahnung, aber das ist unmöglich. Doch als er die erste Seite aufschlägt, sieht er, dass es genau das ist. Das Rezeptbuch seiner Oma, welches seit Jahren als verschwunden galt. Lion kann es gar nicht schaffen. Früher als Kind hat er immer mit seiner Oma gekocht und gebacken. Leider verstarb sie vor fünf Jahren und dieses Rezeptbuch (ihr Heiligtum) war nicht auffindbar.
„Aber...woher...?"
„Deine Mutter hat es auf dem Dachboden gefunden. Es war in der Kiste mit den Fotoalben, die ihr noch nicht geschafft habt durchzuschauen."
„Wow, ich weiß grad gar nicht, was ich sagen soll. Ich...danke. Wirklich."
Er küsst seine Freundin und muss eine Träne wegstreichen. Dieses Buch erinnert ihn so sehr an seine Oma und er wird jedes einzelne Rezept daraus probiere und studieren. Jetzt weiß er erst recht, dass sein Geschenk die richtige Entscheidung ist. Er legt das Buch auf den Couchtisch und nimmt Janins Hand. Er führt sie zum Weihnachtsbaum, schaut erst kurz diesen und dann wieder seine Freundin an. Sie ist vollkommen verwirrt.
„Weißt du, Janine, wir sind jetzt seit sechseinhalb Jahren zusammen. Wir haben ein Haus gekauft, wir wollen bald eine Familie gründen und du hast mir eben mal wieder gezeigt, dass du die perfekte Frau für mich bist. Ich liebe dich und ich möchte diesen nächsten Schritt mit dir gehen."
Aus seiner Hosentasche zieht er eine kleine Schachtel. Er geht vor ihr auf die Knie und öffnet die Schachtel, in der ein glänzender silberner Ring ist.
„Janine Nolte, möchtest du meine Frau werden?"
Janine schlägt die Hände vor dem Mund zusammen und muss weinen.
„Ja, natürlich will ich!"
Sie fällt ihrem gerade aufstehenden Freund, nein Verlobten, um den Hals. Ein voller Liebe gepackter Kuss besiegelt die Verlobung. Das ist mit Abstand das beste Weihnachten überhaupt!
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der Adventskalender 2023
लघु कहानी24 kurze Geschichten über die Weihnachtszeit. Ob Märchen, Gedicht oder Alltagssituation, von allem ist etwas dabei. Ein kleiner Einklang in die Weihnachtszeit- und Adventszeit.