Ich hoffe, ihr hattet alle einen schönen Tag und der Nikolaus hat auch euch besucht!
Für C.
Weil man mit dir die besten Gespräche führen kann (Du weißt worüber 😊)
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Der Nikolaustag ist für viele Kinder fast so besonders wie Weihnachten selbst. Sie schauen in den frühen Morgenstunden in ihre frisch geputzten Stiefel und finden darin all jene Leckereien, die es das ganze Jahr über nicht gibt. Einige stellen für den Nikolaus Milch und Kekse bereits, andere Mandarinen und Nüsse. Er wird sicher Hunger haben bei seiner Reise.
In dieser Nacht liegt auch die kleine Chantal in ihrem Bett. Sie wälzt sich von einer Seite auf die andere. Eigentlich müsste doch endlich Mama hereinkommen und sie wecken. Ihr sagen, dass der Nikolaus da war. Tief seufzend dreht sie sich wieder herum. Die Bettdecke raschelt und ihr Plüschhase Puki fällt dabei auf den Boden.
„Oh", sagt sie leise.
Sie greift nach dem weißen Plüschtier auf dem kalten Fußboden und drückt ihn wieder an sich. Ob sie mal nachschauen soll, ob der Nikolaus schon da war? Was wäre, wenn sie ihn überrascht? Kriegt sie dann überhaupt noch was von ihm? Das Mädchen laut auf ihrer Unterlippe und spielt mit den Fingern an den Ohren des Häschens. Sie ist doch so aufgeregt! Nochmal versucht sie, endlich einzuschlafen. Sie hört das Ticken der Uhr, die an ihrer Wand hängt. War da unten gerade ein Knarzen? Wieder öffnet sie die Augen und setzt sich langsam auf. Vielleicht ist der Nikolaus ja jetzt da! Sie schwingt die Beine aus dem Bett, greift nach Puki (der selbstverständlich mitkommen muss) und tapst aus ihrem Kinderzimmer. Auf nackten Füßen schleicht sie sich durch den Flur, vorbei an der Schlafzimmertür. Man kann das Schnarchen von Papa deutlich hören. Möglichst leise steigt sie die Holztreppe hinab. Manchmal gibt sie einen Laut von sich, der sie kurzzeitig erstarren lässt. Aber nirgendwo regt sich etwas. Nicht mal Mama kommt aus dem Schlafzimmer, um Chantal zurück in ihr Bett zu bringen. Stufe für Stufe arbeitet sie sich langsam hervor, bis sie am Fuße der Treppe angelangt ist. Im Flur stehen die Stiefel parat. Je einer von den Eltern, der eine Stiefel ihrer Schwester und ihr eigener. Doch sie alle sind noch leer. Enttäuscht setzt sie sich auf den kühlen Fliesenboden und greift in ihren Stiefel hinein. Nichts, außer das Fell und die warme Sohle.
„Vielleicht sollte ich auf ihn warten", überlegt sie halb laut.
Der Stiefel wird auf seine alte Position zurückgestellt und das Mädchen begibt sich in das Wohnzimmer. Auf dem Esstisch in der linken Ecke steht der Teller mit der Verpflegung für den Nikolaus. Nichts davon ist bisher angerührt. Chantal hätte große Lust, eines von den leckeren Plätzchen zu naschen. Nur sind sie ja nicht für sie gedacht und der Nikolaus wäre sicherlich traurig, dass dort ein Plätzchen fehlt. Es sind genau sechs, drei von Chantal und drei von ihrer Schwester.
Sie lässt sich auf das weiche rote Sofa fallen und hält Puki über sich. Der Stoffhase schaut aus seinen Knopfaugen auf sie herab.
„Ach Puki, ich hab wirklich gedacht, dass er schon da war."
Ob er wohl überhaupt noch kommt? Schließlich war sie so neugierig und hat schon vorher geluschert. Aber was hätte sie tun sollen? Die Aufregung raubte ihr doch jeglichen Schlaf! Das wird der Nikolaus doch verstehen können. Chantal dreht sich auf die Seite und schaut auf den ausgeschalteten Bildschirm. Puki liegt dicht an ihrem Gesicht. Wenn er jetzt nicht mehr kommt, ist das ihre Schuld. Sie allein hat dann alles kaputt gemacht. Mama und Papa werden sicherlich böse sein. Nein! Er muss einfach kommen. Wenn er da ist, dann wird sie sich beim ihm entschuldigen. Ihm erklären, dass sie doch gar nicht anders konnte. Er wird das doch bestimmt verstehen. Die Müdigkeit macht sich in ihr breit. Eigentlich müsste sie wieder nach oben in ihr Zimmer, wo ihr warmes Bett auf sie wartet. Aber sie ist doch so müde. Ihre Augen werden schwer und fallen letztlich ganz zu. Endlich sinkt sie in den lang ersehnten Schlaf.
Am nächsten Morgen schauen Mama und Papa ziemlich überrascht auf ihre Tochter, die nicht in ihrem Bett liegt, sondern auf der Couch im Wohnzimmer. Sie hat sich zusammengerollt wie ein Igel und Puki dient als zusätzliches Kopfkissen. Zum Glück ist der Raum gut geheizt, so musste das Kind wenigstens nicht frieren. Hat sie denn wirklich die ganze Nacht dort geschlafen? Ihr Rudolph Schlafanzug, den sie trägt, spricht dafür. Die Eltern haben gar nichts gemerkt. Sie tauschen einen vielsagenden Blick aus und nicken dann grinsend. Sie wissen genau, warum Chantal hier unten schläft. Sie hat auf den Nikolaus gewartet.
Die Mama weckt das Kind sanft aus ihrem Schlaf. Müde blinzelt Chantal ihre Mutter an, es dauert einen Moment, bis sie sich erinnern kann, wo sie eigentlich ist. Heute ist Nikolaus!
„Guten Morgen mein Engel, der Nikolaus war da! Na? Bist du ihm denn begegnet?"
Nein, das ist sie nicht. Sie ist einfach eingeschlafen und da muss er sich hineingeschlichen haben. Wie so ein Schlingel, würde Papa jetzt sagen. Die Müdigkeit ist völlig vergessen und das Mädchen springt auf. Sofort läuft sie – mit Puki in der Hand – in den Flur, wo ihr mit Schokolade befüllter Stiefel auf sie wartet. Das Mädchen schaut sich den Inhalt strahlend an, all ihre liebsten Süßigkeiten darin versammelt. Nun ist sie doch vollkommen glücklich, der Nikolaus ist ihr nicht böse. Aber nächstes Jahr, da wird sie ihn dann sehen. Ganz bestimmt!
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der Adventskalender 2023
Short Story24 kurze Geschichten über die Weihnachtszeit. Ob Märchen, Gedicht oder Alltagssituation, von allem ist etwas dabei. Ein kleiner Einklang in die Weihnachtszeit- und Adventszeit.