Tief im Wald steht ganz versteckt ein kleines Häuschen. Sieht man es von draußen, steigt aus dem Schornstein dunkler Rauch auf. In den Fenstern brennt sanftes Licht. Manchmal kann man hinter den Vorhängen die bewegenden Schatten sehen. Es hat geschneit, die ganze Nacht, den ganzen Tag. Eigentlich eine Besonderheit in diesem Land. Geht man hinein, heißt einem eine wohlwollende Wärme Willkommen. Noch gestern hat der Hausherr das Holz gehackt, was jetzt schon leise im Kamin knistert. Mitten im gemütlichen Wohnzimmer steht ein Tannenbaum. Geschmückt mit bunten Kugeln, die den Lichterschein der Kerzen widerspiegeln. Unten am Stamm liegen verpackte Päckchen. Manche haben eine Schleife drum. Bald wird das Abendmahl serviert, ein stolzer Gänsebraten mit den eingelagerten Kartoffeln und dem selbstgepflanzten Rotkohl. Wäre es stiller, man könne meinen, die Mägen knurren zu hören. Auf dem Sofa blicken die Kinder voller Erwartung auf die Geschenke. Ein wenig müssen sie sich noch gedulden. Stolz trägt die Mutter den dampfenden Braten zu dem kleinen Esstisch. Ihr Mann hilft beim Anrichten, so wie er es bereits in der Küche getan hat.
Die Stuhlbeine knarzen, als die Familienmitglieder ihre Stühle zurückschieben. Mit gefalteten Händen sitzen sie um den Tisch. Hippelig wie er ist, rutscht der kleine Junge auf seinem Sitz hin und her.
„Erst essen, dann gibt es Geschenke", verspricht ihm seine Mutter.
Er versucht, nicht mehr den Kopf dahin zu drehen. Die Versuchung ist nur so riesig! Seine große Schwester haut ihm sanft den Ellbogen in die Seite, damit er aufhört. Der Vater spricht ein Gebet, so wie es seit langer Zeit Tradition ist und auch schon sein Vater es ihm gelehrt hat. Die Mutter hilft dem Sohn beim Auffüllen der Speisen. Sie lassen sich das reichliche Weihnachtsessen schmecken. Es ist neben den Geschenken in jedem Jahr ein Highlight.
Draußen vor den Fenstern sinkt erneut der Schnee nieder. Kleine und große Flocken wirbeln durch die Luft, verschönern die Umwelt unter ihrer Decke. Vor dem Häuschen steht ein Schneemann, seine hölzerne Hand aus einem Ast wirkt, als würde sie möglichen Besuchern winken. Aber niemand wird hier erscheinen, zu weit wohnen sie abgeschnitten von denen, die sie lieben.
Über den Plattenspieler laufen alte klassische Weihnachtslieder, gerade klingt Dean Martin durch den Raum. Zum Nachtisch gibt es selbstgekochten Schokoladenpudding mit Vanillesauce. Der Pudding ist noch leicht warm und schmeckt himmlisch. Die Mutter muss aufpassen, dass die Kinder nicht zu viel essen und ihnen nachher schlecht wird. Das wäre gerade an Weihnachten unschön.
Doch bevor die Kinder und auch die Eltern ihre Pakete auspacken dürfen, sagt jeder einzelne von ihnen ein Gedicht auf. Der Vater würd am liebsten Advent von Loriot vortragen, doch dafür ist der Lütte noch etwas zu klein. Vielleicht im nächsten Jahr. Im Kamin knistert das Feuer, vor dem Baum sitzt die kleine Familie. Das Geschenkpapier liegt hier und da auf dem hölzernen Boden. Der Junge spielt mit seiner neuen Eisenbahn, die gleich durch die ganze Stube führt. Seine Schwester sitzt da mit ihrem neuen Buch, in die größten Abenteuer vertieft.
Es wird ruhiger in dem kleinen Häuschen. Heiligabend neigt sich dem Ende zu. Doch Besinnlichkeit und Wärme bleiben.
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der Adventskalender 2023
القصة القصيرة24 kurze Geschichten über die Weihnachtszeit. Ob Märchen, Gedicht oder Alltagssituation, von allem ist etwas dabei. Ein kleiner Einklang in die Weihnachtszeit- und Adventszeit.