Ayleen Fox | Leben als Mentorin

15 ♛ Mojito

Partys waren ja immer so eine Sache. Der eine Teil in mir - hasste diese Menschenansammlungen, bei welchen es grösstenteils bloss ums Betrinken geht, und sich letztendlich alle am nächsten Tag unter Kopfschmerzen und Übelkeit nur noch an die Hälfte der Geschehnisse erinnern konnten.

Der andere Teil jedoch - liebte diese Menschenansammlungen, bei welchen mal einfach alles scheissegal zu sein scheint. Man redete miteinander, je nach Drinks intus, über dummes Zeug - und solange man Teil der Party war, machte alles einfach Spass.

Man dachte weniger an die Probleme und schlimmen Erinnerungen nach, welche einem normalerweise im Stundentakt heimsuchten - man genoss den Moment, in welchem man sich gerade befand.

Und es war ein grosser Unterschied zwischen den Leuten, welche einfach so an Partys gehen - und solchen, welche sich sonst nie wirklich solchen Spass gönnten.

Als ich also schliesslich neben Blight in einer Sitzecke sass - er eine Margarita und ich einen Mojito in der Hand - fühlte ich mich irgendwie gut.
Ich hatte noch nicht einmal viel Alkohol intus - und einige der Sieger starrten mich wie zum Beispiel Enobaria böse an - und doch fühlte ich mich wohl hier. Umgeben von Luxus. Komisch.

Bei Partys konnte man zwar verloren sein - doch irgendwie auch anonym. Naja, so anonym wie man als eine Siegerin der Hungerspiele nunmal einfach war. Gut, dieser Spruch funktionierte hier nicht wirklich.

Blight hatte etwas Salz an seiner Oberlippe vom Glasrand seines Drinks, als er sich lächelnd zu mir drehte und mich fragte, wie es mir bisher gefiel.
Ich musste lachen, denn wir waren noch nicht einmal eine Viertelstunde hier.

"Gut, ich lebe ja bisher noch, oder?",scherzte ich und hob eine Augenbraue, ehe ich einen Schluck meines Drinks nahm. Als ich über den Rand des Glas schaute - sah ich, dass Jaspir in unsere Richtung schritt.

Lässig trug er eine Flasche, von welchem ich dachte, dass es wohl irgendein Schnaps war - und ebenso drei kleine Schnapsgläser. Fröhlich grinsend schlängelte er sich durch die Leute und liess sich dann ohne ein Wort entspannt seufzend zu uns auf das Sitzpolster fallen.

"Bonjour Jaspir!",grinste Blight, wodurch Jaspir lachen musste. Ich sah ihm an, dass er schon etwas länger an der Party zu sein schien, als wir.
"Hey! Dachte schon, ihr schafft es nicht. Wäre schade gewesen!",lächelte Jaspir und irgendwie war mir bei ihm klar, dass er sich wirklich freute, uns zu sehen. Bei manchen Leuten fühlte man dies einfach.

Er schraubte die Glasflasche auf und befüllte - wenn auch etwas zittrig - die drei kleinen Gläser, welche er schön vor sich auf dem runden Tisch aufgestellt hatte.
"Es ist Ayleen's erste Mentorenparty, wir sollten sie nicht gleich komplett abfüllen.",bemerkte Blight leise lachend, als Jaspir die Schnapsgläser verteilte.
"Vor allem, wenn gleich noch die Wagenparade ansteht."
Ich musste etwas grinsen. Nun wusste ich, weshalb die Mentoren  bei der Wagenparade letztes Jahr so entspannt zu sein schienen.

"Aww, keine Sorge - sie hat hier mindestens zwei starke Männer die sie vor peinlichen Situationen beschützen!",scherzte Jaspir und erhob seinen Stimmton bei den Worten starke Männer und strich sich theatralisch durch die Haare.
Ich verdrehte lachend die Augen, ehe wir die Gläser anstiessen und ich den Inhalt in einem Schluck hinunterleerte. Der Alkohol brannte wie die Hölle in meiner Kehle - und ich musste grinsend den Kopf schütteln.

Von weitem sah ich Haymitch Abernathy aus Distrikt 12 - welcher alleine an einem Bartisch stand und gleich eine ganze Flasche Whisky neben seinem Glas stehen hatte. Dass er mehr als betrunken war, hätte ein Blinder gemerkt. Mit glasigem Blick stützte er sich am Bartisch ab und schaute sich zwischendurch fast schon gehässig im Raum um.
Ich entschied mich, ihm auf jeden Fall für heute aus dem Weg zu gehen.

Die Musik wurde mit der Zeit lauter - und gleichzeitig durch mein Alkoholkonsum leiser.
Ich sah zu, wie Cashmere mit Enobaria tanzte - ebenso machte Wiress irgendwelche Bewegungen, welche wohl tanzen sein sollten.

Ich unterhielt mich währenddessen ausgelassen mit Jaspir und Blight, als mir schliesslich der Schönling aus Distrikt 4 ins Auge stach; Finnick Odair. Also naja, er stach mir nicht wortwörtlich ins Auge, mit einem Messer oder so - aber nun verstand ich meine Cousine.
Ich verstand, weshalb so viele Leute in den Distrikten auf ihn abfuhren.

Er trug ein weisses, leichtes Hemd, dunkle Hosen und seine blonden Haare waren perfekt und doch etwas wild frisiert. Einfach perfekt. Fast wie eine Sonne kam er mir vor. 
An seiner Seite stand Annie Cresta; sie wie immer eher unsicher und ängstlich umherschauend - immer nervös mit ihren roten Haare spielend, welche wohl am Anfang des Abends noch eine durchdachte Frisur gewesen waren. Aber nun nicht mehr.

"Er ist heiss, oder?",grinste Jaspir, als er meinem Blick gefolgt war und lehnte sich zu mir rüber. Ich wurde etwas rot und verdrehte die Augen - Blight fing an zu lachen.
"Muss Elio etwa Angst haben?"
"Ach komm, hör auf...",murmelte ich kopfschüttelnd und schaute zu ihm rüber. "Du und er wisst ganz genau, dass er immer an erster Stelle steht... scheisse, hör auf, mich so kitschige Sachen sagen zu lassen und so blöd zu grinsen, Blight!"
Blight musste lächeln und schaute dann ebenso zu Finnick.
"Schade, denn ich glaube, er ist nicht an Männern interessiert."

"Wer ist denn Elio?",fragte Jaspir interessiert und schaute mich fröhlich an - seine Augen funkelten etwas.
"Er ist... naja, er ist mein Freund.",antwortete ich ihm etwas verlegen und nahm als Ablenkung einen Schluck meines Drinks. Freund. Das war überhaupt gar keine Bezeichnung für das, was Elio für mich war.

"Junge Liebe!",säuselte Jaspir dann und lehnte sich mit seinem Glas in der Hand theatralisch nach hinten. Ein Wunder, dass er seinen Drink noch nicht ausgeschüttet hatte - so wie er hier den ganzen Abend schon umherhampelte. Noch unruhiger als ich selbst.
"Ach komm, du bist maximal fünf Jahre älter als ich, Jaspir...",nuschelte ich kopfschüttelnd, sodass wir alle drei wieder lachen mussten.

"Stimmt, wie läuft es denn eigentlich mit deinen Liebschaften?",fragte Blight Jaspir und wackelte mit den Augenbrauen. Doch ich sah einen etwas zögerlichen Ausdruck bei dieser Frage in Blights Gesicht.

"Welchen Liebschaften, mein Lieber?",antwortete ihm Jaspir und streckte sich etwas - und doch sah ich, wie sich auch seine Mimik etwas verändert hatte. Unsicherheit? Furcht? Schwierig einzuschätzen.
"Ach komm, letztes Jahr hattest du doch was mit dieser Stylistin von Vier! Oder vorher mit dem einen Mentor aus Sechs... oder Acht?"

Jaspir verdrehte die Augen und räusperte sich etwas. Es war merkwürdig zu sehen, wie jemand wie Jaspir nicht zu wissen schien, was er sagen sollte.
"Ach naja, du kennst mich Freigeist ja...",murmelte er dann etwas zögernd und ich sah, wie auch Blight ernster wurde. Das Grinsen verschwand. Schaute kurz zu mir rüber und dann wieder zu Jaspir, welcher unseren Blicken auswich.

Blight liess das Thema fallen; weswegen ich mir denken konnte, dass dies eine Sache war, welche Jaspir belastete.
Und ich konnte mir denken, dass er gerade jetzt - an einer so angetrunkenen Party wie heute - wohl lieber nicht darüber reden wollte. Verständlich, meiner Meinung nach.

Irgendwie war es mir auch ein Rätsel, wie wir an dieser Party Spass haben konnten; tanzen und lachen konnten, während wir alle wussten, dass 23 unschuldige Kinder in den nächsten Tagen sterben würden. Wir dafür zuständig waren, welches dieser Kinder überleben würde.

Und vielleicht war es das; wir alle Mentoren steckten in der genau gleichen Scheisse. Der genau gleichen Scheisse, von welcher wir uns ablenken mussten.

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