Kapitel 24 (Blakes POV)

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Meine kleine Seherin hatte wohl nicht mit meinen Worten gerechnet. Eine hinreißende Röte breitete sich auf ihren Wangen aus und sie gab sich Mühe möglichst desinteressiert aus dem Fenster zu sehen. Aber sie konnte mir nichts vormachen. Ihr Gesicht und ihre Körpersprache waren für mich wie ein offenes Buch. Auch wenn meine Worte sie jetzt verlegen gemacht hatten, hielt sie immer noch meine Hand fest und ich dachte auch nicht daran ihre loszulassen. Denn ich hatte jedes Wort genauso gemeint, wie ich es gesagt hatte.

Früher war ich nie eifersüchtig gewesen. Zugegeben, ich war auch noch nie einer Frau begegnet, die ich nur für mich haben wollte. Jedes Lächeln, jede Träne, jeden Moment. Es hatte mich viel Überwindung gekostet, ihr vorhin die Privatsphäre mit ihrem Vater zu geben, die sie so dringend gebraucht hatte. Vor allem, da er sie für seine wohl verstorbene Ehefrau hielt. Es gefiel mir nicht, aber ich hatte mich zurückgehalten. 

Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem leichten als ich an ihren wütenden Gesichtsausdruck zurückdachte. Wie niedlich sie doch ausgesehen hatte. Und wie verdammt verführerisch das Feuer in ihren Augen gewesen war. Ich hätte sie dort am liebsten direkt an mich gezogen und ihren rosigen Mund für mich beansprucht, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt gewesen. Das würde noch kommen. Früher oder später. 

Doch als ihre Wut sich in Kummer gewandelt hatte, war ich derjenige gewesen, der sie gehalten hatte. Der sie getröstet hatte. Gerne hätte ich mehr getan, aber einerseits waren meine Fähigkeiten durch den Fluch behindert und andererseits ist eine Krankheit etwas, dass ich nicht einfach auslöschen könnte. Egal wie sehr ich es auch wollte. Ich war zwar mächtig, aber auch für mich gab es Dinge, bei denen ich nichts ausrichten konnte. 

Doch ich konnte für sie da sein, wie ich es jetzt tat. Es war ohnehin besser, wenn sie endlich begann ihr zu vertrauen und endlich in ihrer Kopf bekam, dass ich nicht nur eine Fantasie war. Denn dass sie das immer noch dachte war mir klar. 

Heute würde ich dafür sorgen, dass sie sie endlich einmal ausgiebig ausruhte, denn ich brauchte sie fit. Nur so könnte sie in der lange sein den Vertrag mit mir zu schließen ohne ihrem Körper zu viel zuzumuten. 

Morgen. Morgen würden wir es versuchen und vielleicht würde ich dann endlich wieder ich selbst sein. Und wenn ich erst einmal meine Kräfte wieder hatte, würde ich meiner kleinen Seherin eine Lektion darin erteilen, dass sie nicht einfach jedem vertrauen dürfte. Mir natürlich schon, aber es gab genügend Menschen, die ihre Gutmütigkeit ausnutzen würden. 

Allein die Vorstellung davon, dass jemand anderes sie in die Finger kriegen könnte sorgte dafür, dass sich meine Hand fester um ihre schloss. Nein, dass würde ich nicht zulassen. Wahrscheinlich war sie viel zu gut für diese Welt, aber was für ein Glück für sie, dass ich grausam genug für uns beide sein konnte. Und würde.

Sie schien meine innere Unruhe zu spüren, denn sie warf mir immer wieder besorgte Blicke zu. Meine kleine Seherin konnte sich nicht einmal vorstellen, welche Gedanken wirklich von meinem Kopf besitzt ergriffen hatten. Warum war ich nur so besitzergreifend ihr gegenüber? Am liebsten hätte ich sie irgendwo eingesperrt, sodass niemand außer mir sie je wieder zu Gesicht bekommen würde. Aber da ihr das wohl kaum gefallen würde, drängte ich diese Vorstellung zurück. Nachdenklich fuhr ich mit meinem Daumen immer wieder über ihren Handrücken.

"Ist alles in Ordnung?" Ihre Stimme war nicht lauter als ein Flüstern, aber ich hatte sie trotzdem gehört. Ihr Tag war furchtbar gewesen und trotzdem fragte sie ob bei mir alles in Ordnung war? Ein Teil von mir wollte verneinen, sagen das es mir schlecht ging nur damit ich wieder ihre Nähe spüren konnte. Aber der andere Teil von mir, der ihr vertrauen nicht ausnutzen wollte, war Stärker. Außerdem wollte ich ihr nicht erzählen müsse, dass ich am liebsten jeden Person die in ihre Richtung sah abschlachten würde. Das würde ihr wahrscheinlich nicht sehr gefallen.

"Es wird besser sein, wenn wir erst einmal zurück in deiner Wohnung sind", sagte ich und sah mich wieder um.

Ich konnte schließlich nicht wissen, ob hier Geister waren die eine Gefahr für sie darstellen könnten. Schließlich hatten die Bastarde dafür gesorgt, dass ich sie nicht mehr sehen konnte. Wie sollte ich sie so also beschützen? In ihrer Wohnung wäre sie wenigstens sicher.

Leise seufzte Ady auf und sah wieder aus dem Fenster. Ich konnte deutlich die dunklen Ringe unter ihren Augen erkennen, was mir überhaupt nicht gefiel. Ob ich Sie dazu bringen könnte, noch ein Nickerchen zu machen? Dann könnte ich sie wenigstens wieder die ganze Nacht in meinen Armen halten. Aber dass sie meine Hand in Ihrer hielt war schon ein kleiner Trost. Ich hatte vorher noch nie mit jemandem Händchen gehalten, aber das war ein schönes Gefühl. Wenn es um sie ging war ich wie ein Weichei, aber Scheiß drauf.

Der Bus hielt an der nächsten Haltestelle, die Türen öffneten sich und schlossen sich wieder ohne dass jemand Einstieg. Dennoch konnte ich spüren, wie Ady Hand sich in meiner leicht verkrampfte. Argwöhnisch sah ich zuerst sie an, bevor mein Blick zurück zur Tür ging. Ich konnte niemanden sehen, aber es müsste nichts heißen. Schließlich könnte auch ein Geist eingestiegen sein.

„Was ist los? Was siehst du?", fragte ich meine kleine Seherin und lehnte mich näher an ihr Ohr. Leicht steckte sie den Kopf, aber so einfach würde ich mich nicht abwimmeln lassen.

„Ady, was siehst du?", frag dich noch einmal nachdrücklicher und ließ meinen Blick wieder über die Fahrgäste wandern.

„Es ist nur so ein Gefühl", murmelte sie leise.

„Was für ein Gefühl?"

„Das irgendetwas nicht stimmt. Ich kann aber nicht genau sagen, was es ist."

Verdammt. Ich konnte nichts wahrnehmen, aber in meiner jetzigen Situation musste ich auf die Gefühle meiner Seherin vertrauen. Wenn sie der Meinung war, dass etwas nicht stimmte - an einem Ort, an dem sie praktisch täglich war - dann stimmte auch etwas nicht. Ady wusste es vielleicht noch nicht, aber Leute mit unseren Fähigkeiten mussten auf ihr Bauchgefühl hören, vor allem wenn es einen warnte. Ich hatte es einmal nicht getan und den Preis dafür bezahlt. Diesen Fehler würde ich nicht noch einmal tun.
Wir mussten hier verschwinden. Sofort.

THE CONTRACT - Du Gehörst MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt