Kapitel 11 (Adys POV)

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Seine Lippen berührten beinahe meine, doch dann realisierte ich seine Worte und hielt inne. Auch Blake bemerkte meine Zurückhaltung und zog eine Augenbraue hoch. 

Verträge waren eine heikle Sache, besonders mit Geistern oder was auch immer er war.

"Gibt es ein Problem kleine Seherin?", raunte er leise und zwang mich einen Schritt zurück zu gehen. Seine Stimme löste Dinge in mir aus, die sie nicht sollte. Ich musste mich für diese Unterhaltung konzentrieren. 

"Was für ein Vertrag?"

Ich ignorierte seine Frage bewusst und versuchte mein klopfendes Herz unter Kontrolle zu bekommen. Wie lange war es her, seit ich einem Mann so nahe gekommen war? Eine lange Zeit, schließlich hatte ich mich nach James von Männern ferngehalten und mich auf die Arbeit konzentriert. Wie billig war es von mir, mich ihm gleich an den Hals zu werfen? Wahrscheinlich ziemlich.

"Naja, es ist eigentlich ziemlich einfach. Du hilfst dabei mich an den Männern zu rächen und befreist mich von diesem Fluch. Ich werde dich im Gegenzug beschützen und dafür sorgen, dass du ein entspanntes Leben führen kannst. Du wirst dich um nichts mehr Sorgen müssen. Nie wieder."

Angestrengt kniff ich mir in den Nasenwurzel und schloss die Augen.

"Das beantwortet aber nicht meine Frage nach dem wie. Ich habe keine Ahnung, wie ich diesen Fluch brechen soll, egal ob wir einen Vertrag schließen oder nicht."

"Du musst nicht viel machen kleine Seherin", jetzt kam er wieder einen Schritt näher auf mich zu und instinktiv ging ich zurück. Seine gesamte Körperhaltung spiegelte die eines Jägers wider, der seine Beute im Visier hatte.  "du musst mir nur deine Erlaubnis geben, einen Teil deiner Kraft zu benutzen."

Blinzelnd sah ich ihn an und wusste immer noch nicht, was er meinte. Ich verstand nur Bahnhof. Und das sah mir Blake offensichtlich auch an.

"Wenn zwei Menschen mit unseren Fähigkeiten einen einvernehmlichen Vertrag eingehen, ist niemand in der Lage diesen zu brechen. Wir beide wären bis zur Vollendung daran gebunden. Du kannst also mich nicht im Stich lassen und ich dich nicht. Wenn du deine Kräfte mit mir teilst, sollte ich in der Lage sein diesen Fluch zu neutralisieren. Dann wäre dein Teil erledigt."

Blake warf mir ein unwiderstehliches Lächeln zu. Wie konnte jemand nur so ein Lächeln haben? Wie aus einer Zahnpasta Werbung. Sicher konnte ihm so niemand etwas abschlagen. Auch mir fiel es schwer, aber ich musste standhaft bleiben. 

"Und wenn ich Nein sage?"

Ich hielt meinen Blick auf sein Gesicht gerichtet und sah genau, wie sein Lächeln leicht bröckelte.

"Warum solltest du Nein sagen? Dich trifft kein Schaden, wenn du mir hilfst."

"Gibt es denn keine andere Möglichkeit, wie ich dir helfen kann?"

Kaum hatte ich meinen Satz beendet, stand Blake schon vor mir und drängte mich mit dem Rücken gegen die Wand. Er berührte mich zwar nicht, doch es fehlte nicht viel bis dorthin. Seine Hände lagen rechts und links neben meinem Kopf und er nahm mir so jegliche Fluchtmöglichkeit. Es sollte mir Angst machen, aber das Gefühl, dass ich gerade empfand, hatte nichts mit Furcht zu tun.

"Leider scheinst du keine Ahnung davon zu haben, welche Fähigkeiten du hast. Oder warum du sie hast. Denn sonst wüsstest du, dass es nicht sehr schlau ist, mir etwas abzuschlagen."

Er beugte sich noch weiter zu mir runter, bis ich seinen heißen Atem an meinem Ohr spürte. Auf meinem Körper breitete sich eine Gänsehaut aus und der Duft von frischem Schnee und Kiefern stieg mir wieder in die Nase. Auch mein Atem stockte, während Blakes warme Lippen mein Ohr streiften. 

"Ich kann mir deine Macht auch einfach nehmen. Der Vertrag ist nur eine freundliche Geste meinerseits."

Sollte das etwas eine Drohung sein? 

"Willst du es wirklich bei der einen Person versauen, die dich sehen kann? Oder dir irgendwie helfen könnte?"

Es sei denn natürlich, er würde mir tatsächlich meine Kräfte nehmen. Doch das glaubte ich nicht.

Ich war beeindruckt von mir selbst davon, wie fest meine Stimme klang, obwohl ich innerlich zitterte. Ich wollte ihm ja helfen, aber es war mir alles viel zu unsicher. Schließlich durfte ich nicht nur an mich denken. Dad war auf meine Hilfe angewiesen. 

Dunkel lachte er und fuhr mit seinen Lippen über meinen empfindlichen Nacken.

"Zeig ruhig deinen Kampfgeist kleine Seherin. Das macht mich ziemlich heiß." 

Ich spürte seine Zähne an meinem Nacken und quietschte erschrocken auf, während ich ihn kräftig von mir stieß. Er ließ es mich tun, daran hatte ich keinerlei Zweifel. Seine Brustmuskeln waren steinhart unter meinen Fingern gewesen, niemals hätte ich ihn aus eigener Kraft zu etwas bringen können. 

Meine Hand wanderte an die Stelle, an der ich seine Zähne gespürt hatte. Noch nie hatte mich jemand gebissen. Es war nicht hart gewesen und hatte auch nicht wirklich weh getan, aber mein Gesicht war vor Scham ganz heiß. 

Blake hatte seine Mundwinkel leicht angehoben, man konnte es beinahe als Lächeln bezeichnen, und die Hände in seine Hosentaschen gesteckt. Seine Körperhaltung war wieder vollkommen locker, aber er konnte mir nichts vormachen. Ich hatte gesehen, wie schnell er wieder zum Jäger werden konnte.

"Bin ich dir zu Nahe gekommen? Tut mir leid." Sein spöttischer Tonfall zeigte, dass ihm gar nichts leid tat.

"Ja du bist mir zu Nahe gekommen, also lass den Scheiß. Ich verstehe, dass du verzweifelt bist, aber mir zu drohen ist wohl kaum der richtige Weg."

"Verzweifelt? Du hast ja keine Ahnung, was ich alles tun würde um diesen Scheiß Fluch loszuwerden. Aber ich will dir nicht drohen Darling. Ich will, dass du mir freiwillig hilfst. Also was willst du? Geld habe ich dir bereits angeboten, Schutz ebenfalls. Was ist es also, was du haben willst?"

Wieder kam er näher und weiter zurück konnte ich nicht gehen. Dieses Mal berührte er mich aber nicht. Er stand einfach nur vor mir und auch wenn ich seine Augen nicht sehen konnte, spürte ich seinen Blick deutlich auf meiner Haut. Leider hatte ich keine Ahnung, was ich wollte. Also sagte ich das erste, dass mir einfiel.

"Zeit. Gib mir etwas Bedenkzeit. Ich habe ein paar anstrengende Tage hinter mir und will mich jetzt einfach nur ausruhen."

"Und wie viel Zeit willst du?" Sein Tonfall klang locker, aber trotzdem fühlte ich mich schlecht. Er war bereits jahrelang in dieser Situation und jetzt bat ich ihn noch länger zu warten. Aber ich brauchte es trotzdem.

"Ein paar Tage. Lass mich das alles erst einmal verdauen, bevor ich dir eine Antwort gebe."

Langsam nickte er und beugte sich wieder zu mir herunter. 

"Ein paar Tage also, na schön. Das kann ich dir geben. Aber in diesen paar Tagen werde ich alles daran setzten dich zu überzeugen. Das ist doch erlaubt oder?" 

Die Frage war wohl eher spöttisch gemeint, wenn man seinen Tonfall beachtete. Ich wusste aber nicht, was ich darauf antworten sollte, also schwieg ich.

"Das werte ich mal als ein Ja."

Seine Arme schlossen sich um meine Taille und bevor ich reagieren konnte, hatte er mich schon an seine Brust gepresst. Wieder vergrub er sein Gesicht in meinen Nacken und auch wenn ich mich wandte, er ließ mich nicht los.

"Was soll das?", murmelte ich leise und wusste nicht wohin mit meinen Händen. Im Krankenhaus war es ähnlich gewesen, doch da hatte ich seine Nähe genossen. 

Und auch wenn ich noch nicht wusste, wie ich ihn einschätzen sollte, glaubte ich, dass er sehr einsam gewesen sein musste. Ich brachte es nicht übers Herz mich von ihm zu lösen.

"Ich überzeuge dich. Meine Worte haben schließlich nichts gebracht, also versuch ich es eben mit meinem Körper. Und glaub mir, dass kann ich verdammt gut."

THE CONTRACT - Du Gehörst MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt