Kapitel 6 (Adys POV)

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Er konnte leicht reden. Ich konnte mich nicht einfach mal kurz hinlegen bei der Arbeit. Obwohl ich es am liebsten getan hätte. Aus dem nichts hatten die Kopfschmerzen angefangen und langsam fiel es mir schwer, klar zu sehen. Das hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehabt. Hatte ich zu viel meiner Fähigkeiten angesetzt? Manchmal haute mich der Schmerz von anderen um, aber obwohl Miss Mendoza Schmerzen gehabt hatte, hatte ich schon Schlimmere gespürt. Das dürfte mich nicht so umhauen, also was war los.
Die Tür öffnete sich und ich richtete mich träge wieder auf. Ich hatte jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken.
Der Mann, der die Klinik betreten hatte, trug einen schicken Anzug und einen Mantel darüber. Ich ließ meinen Blick über ihn gleiten, um nach irgendwelchen Verletzungen zu suchen, aber es schien ihm gut zu gehen. Ich hatte ihn vorher auch noch nie hier gesehen, also konnte er kein Besucher unserer Einheimischen sein. Vielleicht war er hier wegen Miss Mendoza?
„Hallo Sir, kann ich Ihnen helfen?“
Meine Stimme hatte ihren professionellen Tonfall angenommen und ich lächelte ihn freundlich an. Überdeutlich nahm ich den Mann neben mir war, der den Neuankömmling ebenfalls ansah.
Ich wusste nicht warum, aber irgendwas an diesem Mann löste ein ungutes Gefühl in mir aus. Es war beinahe so, als würde mir mein Unterbewusstsein sagen, dass der Mann nichts Gutes vorhatte. Meine Mutter hatte mir bereits von klein auf eingetrichtert, dass ich auf mein Bauchgefühl hören sollte. Automatisch versuchte ich, zu erkennen, ob von ihm eine wirkliche Gefahr ausging. Hatte er irgendwo eine Waffe versteckt? Seine Manteltaschen sahen leer aus, aber das musste nichts heißen. Auch der Blick, mit dem er mich ansah, gefiel mir überhaupt nicht. Er sah mich an, als ob ich nichts weiter als eine kleine Kakerlake unter seinem Schuh war.
„Ja, ich bin auf der Suche nach Gabriela Mendoza.“
Desinteressiert sah er auf sein Handy und schien eine Antwort von mir zu erwarten. Innerlich atmete ich erst einmal tief durch.
„Sind Sie denn ein Verwandter?“
Genervt verdrehte er die Augen und sah mich schließlich einfach nur an.
„Oder ihr Freund?“, versuchte ich es wieder.
„Einfach ein Besucher.“
Sein Tonfall gefiel mir überhaupt nicht, aber ich musste professionell bleiben.
„Tut mir leid, aber die Besuchszeiten beginnen erst in einer Stunde. Vorher darf ich nur die enge Familie oder ihren Partner zu ihr lassen.“
Ich konnte sehen, wie er wieder die Augen verdrehte und wabnete mich schon für die Antwort die kommen würde.
„Dann bin ich eben ihr Partner und jetzt sagen Sie mir, wo ihr Zimmer ist.“
War das sein Ernst? Hielt er mich für dumm? Wahrscheinlich, denn er sah sich bereits suchend nach dem Raum um.
„Sir-“
„Gibt es hier ein Problem?“, wurde ich von James´ überheblich freundlicher Stimme unterbrochen. Er warf mir einen strengen Blick zu und ich kannte ihn bereits aus unserer Beziehung. Ich sollte meinen Mund halten und ihn die Sache klären lassen.
„Sind Sie Arzt? Die Schwester hier will mich nicht zu meiner Freundin lassen.“
Das war so nicht richtig, aber bevor ich etwas erwidern konnte, spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Alles in mir erstarrte, denn hinter mir stand nur eine einzige Person und die sollte nicht in der Lage sein, mich zu berühren. Kein Geist konnte das und vor allem kein Tagtraum.
„Tatsächlich? Nun, ich kann Ihnen sicher behilflich sein. Wie heißt denn Ihre Freundin?“
„Gabriela Mendoza.“
„Ah ja, wenn Sie mir bitte folgen würden.“
James wies in Richtung des Zimmers unserer Patientin und der Mann ging voraus, aber nicht ohne mir eine abfälligen Blick zuzuwerfen.
Auch James sah mich wütend an. Aufgebracht wollte ich ihnen folgen, aber die zweite Hand auf meiner Schulter hielt mich zurück. Diesmal durchströmte mich eine unglaubliche Wärme und ich wurde naher an eine harte Brust gedrückt. Für andere, die ihn nicht sehen konnte, hätte es wohl den Anschein, als wäre ich zurück gestolpert. Niemand sah den Mann, den ich überdeutlich hinter mir spüren konnte.
„Lass sie gehen. Ich weiß, dass du gespürt hast, dass etwas mit dem Kerl nicht stimmt. Soll dieser Lackaffe von Arzt sich um ihn kümmern.“
Perplex über die Aussage, wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Noch nie hatte jemand so über James gesprochen. Er war ein gutaussehender und renommierter Arzt in dieser Stadt und die Leute respektierten ihn. Leider hatte er recht, es wäre besser, wenn Dr. Hoffman sich um den Mann kümmerte. Ich hatte genug andere Dinge zu tun, bevor ich nach Hause gehen konnte.
Außerdem musste ich mich mit dem Mann hinter mir beschäftigen. Es war nicht normal, dass er mich anfassen konnte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Langsam versuchte ich mich, von ihm zu lösen, indem ich mich nach vorne lehnte, aber er ließ es nicht zu. Stattdessen schlang er seine Arme um meinen Oberkörper und zog mich noch näher an sich. Mein Herz klopfte laut gegen meine Brust und ich sah bestimmt aus wie eine Tomate, so rot war mein Gesicht. James hatte sich während unserer Beziehung nie so verhalten. Er hätte mich nie einfach so umarmt. Und jetzt tat mein Tagtraum das einfach aus dem nichts. War ich wirklich so verzweifelt? Brauchte ich so dringend körperliche Nähe? Mein Hirn schaffte es sogar, sich eine Geschichte dazu vorzustellen.
„Bitte bleib noch ein wenig bei mir“, murmelte er an meinem Haar und sprachlos konnte ich einfach nur dastehen. Wie merkwürdig das aussehen musste. Ich stand einfach nur da und tat nichts. Für ihn musste diese Haltung vollkommen unbequem sein, schließlich war er viel größer als ich. Ein paar Minuten standen wir so dar, bis ich wieder vorsichtig anfing, mich von ihm zu lösen. Zögerlich ergriff ich seinen Arm, den er um mich geschlungen hatte. Selbst durch das Hemd konnte ich seine harten Muskeln unter meinen Fingerspitzen spüren.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte ich ihn leise und drehte mein Gesicht leicht in seine Richtung. Durch die Bewegung landete sein Gesicht von meinen Haaren in meinen Nacken und ich spürte seine warmen Lippen auf meiner Haut. Sofort bildete sich eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper und beinahe wäre ich aufgesprungen, aber er hielt mich davon ab.
„Perfekt. Jetzt ist alles genauso, wie es sein sollte.“

THE CONTRACT - Du Gehörst MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt