"Hoffentlich hast du keine Höhenangst."
"Ich habe vor nichts und niemandem Angst." erwiderte Anna, ein wenig zu selbstbewusst. Die beiden wussten anhand kürzlicher Ereignisse, dass das nicht der Wahrheit entsprach.
"Dann mach dich gefasst auf das abgefahrenste Date..." sie wurde von einem Anruf unterbrochen, welchen sie unverzüglich entgegennahm.
Solche Momente hatte die Blondine immer in Filmen verflucht. Jetzt war sie selbst in einer solchen Situation gefangen. Allerdings mit einem gutem Recht. Luna konnte nicht einfach jeden Anruf ignorieren. Alles was sie heraushören konnte war ein gelegentliches "Ja", mehr gab die rothaarige nicht von sich preis. Anna verstand schon warum, auch wenn es ihr keinesfalls in den kram passte.
"Aussteigen." forderte Luna, kaum hatte sie aufgelegt.
Anna befolgte den Befehl. Auch wenn ihr grade ein spitzer Dolch ins Herz gerammt wurde, gab es kaum eine Möglichkeit sich zu wehren. Selbst wenn, würde sie Luna früher oder später einfach selbst aus dem Auto zerren. Dann verließ sie es doch lieber selbst. Schweren Herzens schob sie sich über den Sitz, aus dem Gefährt heraus. Kaum hatte sie die Tür geschlossen, raste die andere Frau davon. Anna blieb allein zurück, mit einem gebrochenen Herzen.
Orientierlos stand die Frau auf dem grauen Bürgersteig, der mit hässlichen großen beton platten gepflastert war. Warum hatten sie ihn nicht gleich geteert? Das machte keinen Sinn. Wieso machte man sich die mühe schwere zerbrechliche Platten durch die Gegend zu fahren und dahin zu tragen? Oder machte man das etwa anders? Ihre Augen wanderten zu dem Vermüllten Sand-Etwas das auch noch durch einen Zaun vom Fußgänger Weg getrennt wurde. Wahrscheinlich wegen der Brücke zum Speedway dahinter. Dennoch ergab es keinen Sinn warum dieses unbegehbare Stück irgendwas, eine sandige Matsche war. Und es wirkte auf sie auch nicht so als wäre dort jemals etwas anderes als Sand, Matsch und Müll gewesen. Das Efeu, welches die ekelige hellgraue Wand zum Speedway hochkletterte, war das einzige lebendige in dieser Richtung. Sie lehnte sich an einen gefährlich wackelnden Holzzaun, der den Bürgersteig von einigen Wohnhäusern trennen sollte und wählte die altbekannte Nummer, des Taxiunternehmens ihres Vertrauens. Aber sie drückte nicht auf den grünen Hörer. Stattdessen wanderte ihr Finger herüber zu I-Message. Sie wollte ihren Schmerz so früh wie möglich betäuben. Simo würde das eher verschlimmern. Die Blondine starrte eine wohlgemerkte Minute lang die Namen ihrer letzten Kontakte an. Dann fasste sie sich ein Herz. Sie schrieb Colin ob er sie abholen könnte. Und es dauerte nicht lang, da bekam sie ihre Antwort.
Autos zischten an ihr vorbei. Bei jedem glaubte sie im Augenwinkel den grauen Mustang zu erkennen, aber niemals war er es auch wirklich. Minuten fingen an sich an zu fühlen wie eine Ewigkeit. Sie hasste es zu warten, in solchen hilflosen Situationen aus denen sie ohne Hilfe nicht zu fliehen vermochte. Gefangen in solcher Begebenheit, war es als würde sie jeder im vorbeigehen anschauen und innerlich verspotten. Dabei würde sie wahrscheinlich nicht mal die hälfte der Menschen wahrnehmen. Nur sie, die sich dabei erbärmlich vorkam, aber das nicht musste. Sie dachte an Luna. Plötzlich kamen die Straßen von Los Angeles ihr gar nicht mehr so umwerfend vor wie bisher. Ihr Herzklopfen und das ausgelassene Gefühl in ihr, das sie vor Überschwemmung aufschreien lassen wollte, versiegte. Irgendwie war sie nur da. Sie lebte. Nicht einmal ihre Augen waren motiviert dazu die Farben um sich herum auf zu saugen. Sie starrten nur stumpf darein, erkannten die Personen und Gegenstände um sie, doch nicht mehr. Bei Colin hatte sie sich bisher immer auslassen können. Mike mochte ihn sehr, sie hatte sogar gemerkt wie er sie heimlich ein wenig versuchte zu verkuppeln oder zumindest sowas in der Art. Jetzt grade verging die Zeit zwar schleppend, doch irgendwie wünschte sich Anna, es wäre immer so. Manchmal wenn sich sich so leer fühlte, da merkte sie wie schnell das Leben an ihr vorbei zog. Das verängstigte sie ein wenig. Dann aber verfluchte sie es, dass sie sich in Momenten die langsam vergingen, so anwesend fühlte, aber mehr auch nicht.
Endlich sah sie aus der Ferne ein Auto langsamer werden und die Ausfahrt zum Highway herunter fahren. Es war schon dämmerig geworden und sie konnte nicht leugnen, dass sie sich, trotz Bewaffnung und einer Mafia hinter ihrem Rücken unwohl fühlte im dunkeln allein draußen zu sein. Vor allem wenn sie einen genaueren Blick auf die Häuser hier warf. Glücklicherweise fuhr das Auto gradewegs auf sie zu. Je näher es ihr kam desto mehr erkannte sie die markanten und kantigen Züge des Mustangs. Gott sei Dank. Der graue Wagen hielt direkt vor ihr an. Schnell lief sie zur Beifahrerseite und öffnete die Tür. Colins frech leuchtende Augen, funkelten sie im Dämmerlicht lustig an.
"Taxi ist da." kommentierte der Mann.
"Gott sei dank, sie sind meine letzte Rettung." witzelte Anna.
"Wohin soll es denn gehen?"
"Schnell in den nächsten Seven Eleven oder eine Tankstelle. So schnell wie es nur geht." drängte sie gespielt dramatisch.
Und er tat genau das. Mit quietschenden Reifen jagte er sein Auto die Straße herunter. Schneller und lauter als erlaubt war, doch was hatten sie schon zu befürchten. Keine zwei Minuten später stoppte er abrupt auf dem Parkplatz der Mobile Tankstelle. Anna flüchtete aus dem Auto, rannte in das Beige kleine Geschäft hinein und kehrte Minuten später durch die Gläsernen Doppeltüren zurück. Bestückt mit zwei Kaffee, einem Haufen Snacks, Bier und Zeitschriften. Sie warf alles außer den Kaffee und das Bier achtlos auf die Rücksitze. Das Bier stellte sie vorsichtig auf den Boden und den Kaffee trug sie nach vorne zu Colin.
"Was hast du denn vor?" fragte er lachend.
"Na was wohl Idiot."
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Behind the shadows of Blackwood || Mafia
Mystery / ThrillerLuna. Luna Luna Luna. Ist es wirklich Zufall, dass direkt, nachdem Anna zu ihrem kriminellen Cousin nach LA zieht, sie in den Händen eines Psychopathen landet, welcher sie, ohne zu zögern in die Mafia einschleust? Oder ist es Schicksal? (Ist wirklic...