18 - you really got me

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"Oh see, don't ever set me free
I only wanna be by your side
Girl, you really got me now
You got me so I can't sleep at night"
van halen - you really got me

Der Herbstanfang in Hawkins war anders. Während überall die letzten schönen Sonnentage dahin gingen, regnete es hier in Strömen. Amelia war - wie immer eigentlich - spät dran und zu all dem Überfluss musste sie ihr beschissenes Rad auch noch schieben, weil es einen Platten hatte. In Gedanken überschlug sie die Arbeitstage und die vielen Gespräche, die sie mit ihrer Kundschaft würde führen müssen, bis sie genug Geld zusammen hatte, um sich eine schäbige Schrottkiste leisten zu können, die wahrscheinlich genauso oft den Geist aufgeben würde wie das Fahrrad.
Bereits nach wenigen Minuten war sie durchnässt und fröstelte, obwohl die Temperaturen noch recht angenehm waren. Der Regen hingegen war unbarmherzig. Amelia murrte Flüche vor sich her, da ihr die Kleidung am Körper klebte und sie spielte mittlerweile mit dem Gedanken einfach umzukehren und blau zu machen. Sie hörte einen Wagen hinter sich und musste sich nicht mal umdrehen, um zu wissen, dass es Eddie war. Den klapprigen, alten Van hörte man überall. Genauso wie die ohrenbetäubend laute Rockmusik, die immer aus dem Inneren dröhnte.

"Hast du heute morgen vergessen zu duschen?" fragte Eddie amüsiert und grinste sie breit an, während er langsam neben ihr her fuhr.

"Haha, sehr lustig." gab sie grantig zurück und lief weiter.

"Komm, Steig ein." meinte Eddie und sprang aus seinem Van. Er nahm ihr das Rad ab und verfrachtete es im Van. Amelia folgte ihm nur widerwillig. Sie hatte ihn seit der Party nicht mehr gesehen. Er sah Amelia kurz prüfend an und schubste sie kurzerhand ebenfalls in den Laderaum. "Da liegen Klamotten von mir. Sind zwar getragen, aber trocken." sagte er dann und schloss die Schwingtüren noch bevor Amelia ihn beschimpfen konnte. Einen kurzen Moment stand sie nur gebückt und unschlüssig im Laderaum, bis Eddie wieder nach vorne auf der Fahrerseite einstieg. Sie schälte sich unter Anstrengung aus ihren nassen Kleidern und ließ sie fallen. Ihre Klamotten waren so nass, dass sie mit einem schmatzenden Geräusch auf dem Boden landeten. Sie zog Jeans und T-Shirt von Eddie an und sah aus dem Augenwinkel, dass Eddie sie im Rückspiegel beobachtete. Die Hose war ihr viel zu groß, sodass sie diese am Bund festhalten musste, damit sie ihr nicht den Arsch herab rutschte. Mit einem erleichterten Aufatmen entdeckte sie einen Schnürsenkel, den sie durch die Gürtellaschen zog, um die Hose an Ort und Stelle zu halten. Umständlich kletterte sie im Anschluss nach vorne und ließ sich auf den Beifahrersitz plumpsen.

"Danke." sagte sie und strich sich die klatschnassen Haare aus dem Gesicht. Sie sah Eddie an, der sie nur anlächelte und die Nacht der Party brach erneut über sie herein. In ihrem Kopf hörte sie ihn ihren Namen stöhnen, spürte seine Lippen auf ihrer Haut, seine Zähne... Ertappt schaute sie durch die Windschutzscheibe und pulte an einem Riss in der Jeans.

"Kein Problem, Prinzessin." antwortete er und sein Lächeln wandelte sich zu einem hämischen Grinsen. "Du siehst aus wie Alice Cooper."

"Was?" fragte sie verwirrt.

"Deine Schminke ist verlaufen." Sofort wischte Amelia über ihre Wangen und ihre Handrücken zierten schwarze Schlieren.

"Warte, ich helfe dir." sagte er und wischte die Reste ihrer Mascara von den Wangen. Seine Finger auf ihren Wangen setzten Amelia unter Strom. Bilder zuckten durch ihren Kopf, in denen diese Finger an ganz anderen Stellen ihres Körpers waren. Eddie rieb konzentriert mit dem Daumen in der Falte ihres Nasenflügels entlang und erhaschte einen kurzen Blick auf Amelias starrende Augen. Auf Anhieb hielt er inne, seine Gesichtszüge wurden weicher und er rieb sanft mit dem Daumen über ihre Unterlippe. Amelia bekam fast einen Herzinfarkt. Dieses Gefühlschaos, das in ihr toste, verwirrte sie, es legte sie lahm. Eddie leckte sich über die Unterlippe und schien mit sich zu ringen, Amelia hingegen wünschte sich nichts mehr als dass er sie jetzt küsste, doch plötzliches Hupen hinter ihnen, ließ sie auseinander fahren. "Herrgott, fahr doch einfach vorbei!" rief Eddie aus dem geöffneten Fenster und streckte dem Lieferwagen den Mittelfinger hinterher. Verkniffen startete er den Motor und Metallica tat sein Bestes um Amelias Hirn frei zu pusten.

Hide Your HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt