Zuvor, am späten Nachmittag, in den dunklen Gassen der Hauptstadt
„Seid so gut, klärt das unter euch. Wir wollen doch keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen, nicht wahr?" Die alte, kratzige Stimme, die in dem jugendlichen Körper wohnte, schlug einen Ton an, der nicht mehr zur üblichen Höflichkeit eines Verkaufsgespräches gehörte. Dodo und Martha drehten sich zu ihm um, Dodo mit dem schlechten Gewissen ins Gesicht geschrieben. Der Ausdruck beruhigte Martha wieder ein wenig, denn irgendwo in diesem dürren Mann, der sich auf verbotene Magie einließ, steckte doch noch der alte, überkorrekte Trottel, den sie so mochte.
„Wir werden euch nicht mehr behelligen, keine Sorge" Martha schob den Magier in Richtung Ausgang, über knarzende Dielen und tanzende Reflexionen aus Staubflocken.
„Es bleibt noch die Frage der Bezahlung." Der Verkäufer, halb mit den Schatten der düsteren Hütte verschmolzen, spannte die Muskeln an und verschränkte scheinbar beiläufig die Arme. Er klang als würde er einen Freund bitten, die vor Wochen geliehenen Kupfermünzen endlich zurück zu zahlen.
„Oh ... Ich habe kein Geld ..." murmelte Dodo betroffen, der diese nicht ganz unwichtige Tatsache bisher tatsächlich nicht bedacht hatte. So aufregend waren ihm die Möglichkeiten erschienen, die ihm die Waren dieses Mannes bieten konnten, es war ihm schier nicht in den Sinn gekommen, über schnöde Münzen zu grübeln.
„I...Ich gebe euch d...die K...Kette zurück." Er löste das Band, nahm sie ab und hielt den Anhänger mit nervös zitternden Fingern vor sich, doch der Verkäufer machte keine Anstalten ihn zurück zu nehmen.
„B...Bitte ..."
„Keine Rückgabe, kein Umtausch, keine Reparaturen" bekam er zur Antwort.
„Aber er hat ihn doch noch gar nicht gekauft!" ereiferte sich Martha auf eine Art und Weise, so dass einer der beiden Türsteher die Hütte betrat.
„Gibt es hier ein Problem?"
„Nein, kein Problem. Unser Kunde wollte gerade zahlen."
„A...Aber ich habe k...kein G...Geld..."
„Es gibt mehr Werte im Leben, als nur Geld und Gold" sprach der Verkäufer und lehnte sich an den massiven Schreibtisch.
„W...Was wollt ihr?"
„Nun, was habt ihr mir denn anzubieten? Einen kaputten Talisman, der unkontrolliert Blitze schleudert, eine schiefe dicke Brille, die ich nicht benötige, abgetragene Kleidung eines Zauberers?" Der Blick des Verkäufers wanderte jedes Detail entlang.
„I...Ich habe nur das..."
„Nein. Ihr seid mehr, als nur die Summe eurer Sachen. Ihr habt Magie in euch. Rohe Magie. Nicht viel, aber ich könnte mich darauf einlassen, sie gegen den Anhänger zu tauschen. Ihr könnt ihn trotzdem noch nutzen, um euren Freund zu formen. Arthur war sein Name, nicht wahr?"
Dodo wurde noch blasser um die Nase als er es sonst schon war. Seine Gesichtsfarbe ähnelte nun seinen hellgrauen Haaren, die ihn bereits in jungen Jahren ziemlich als aussehen ließen. Martha hingegen benötigte einen Moment um im Geiste zusammenzufügen, was hier gerade vorgeschlagen wurde.
„Ihr wollt Dodos Magie ... nehmen? Als Bezahlung für einen Stein, den er bisher nicht hat kaufen wollen und der ihn nicht mehr stottern lässt und zusätzlich auch noch Fleisch formen kann? Sehe ich das richtig??"
„Ihr habt es fast gut zusammengefasst. Ich muss gestehen, der Stein ist mehr wert, als das geringe Maß an magischem Talent, das euer Freund in sich trägt. Aber die Nachfrage ist in den letzten Wochen stark gestiegen. Ihr erhaltet ein wahrhaft großartiges Angebot. Ich rate euch, es anzunehmen."
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Das Auge von Nox
FantasyZwanzig Jahre lang hatte Nox nach dem perfekten Ort gesucht, um Rache an jenem Abenteurer zu nehmen, der eines seiner Augen gestohlen hatte. Nun musste er noch das Vertrauen der Dorfbewohner gewinnen ... wären da nur nicht dieser Hunger auf Fleisch...