Chapter 16*

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Juan
Ich neigte meinen Kopf leicht zur Seite, um einen besseren Blick zu bekommen. Vor dem großen Whiteboard standen wir alle und grübelten, während im Hintergrund Diego ununterbrochen auf seine Tastaturen einhämmerte.

Ein Hauch von Spannung lag in der Luft, als wir uns intensiv bemühten, die Lösung für das Rätsel zu finden, das uns vor dem Whiteboard gefangen hielt. Jeder von uns war vertieft in seine Gedanken, während Diego mit fieberhaftem Tempo auf den Tasten seiner Tastatur herumtrommelte, als würde er versuchen, den Code des Universums zu entschlüsseln.

Wie poetisch.

Ich musste über mich selbst lächeln.

Plötzlich durchzuckte ein Lichtblitz den Raum, gefolgt von einem leisen Summen. Unser Blick schnellte zu Diego, der mit einem triumphierenden Lächeln auf seinem Gesicht von der Tastatur aufblickte. "Ich glaube, ich habe was!" rief er aus.

In Sekundenschnelle versammelten wir uns alle um seine Bildschirme.
"Laut den Berichten ist das das vierte Mal, dass er in den letzten zwei Tagen die Mall durchkämmt", sagte Diego, während er auf den Begleiter von Isabel deutete, der die Mall von unten bis oben durchsuchte.

"Er sucht sie", meinte Álvero.

"Holen wir uns ihn auch noch", verkündete Alejandro mit triefender Entschlossenheit in seiner Stimme, während er die Arme vor der Brust verschränkte und seinen Blick entschlossen auf Álvero richtete. Doch Álvero schüttelte entschieden den Kopf. "Nein", betonte er ruhig, aber bestimmt.

Ein sturer Ausdruck legte sich auf Alejandros Gesicht, als er Álvero direkt ansah, ein stummer Dialog zwischen den beiden Männern. "Pedro und Pablo, ihr beiden bleibt hier", wies Alejandro an. "Wenn er sich auch nur halb so gut mit Technik auskennt wie Diego, hat er euch bestimmt schon gesehen." Seine Worte klangen wie ein Befehl, der keinen Widerspruch duldete.

"Ich warte im Auto", fügte Alejandro hinzu, seine Stimme fest.

Kaum hatte Alejandro seinen Befehl ausgesprochen, setzten wir uns in Bewegung, jeder von uns mit einem klaren Ziel vor Augen. Trotz unserer privaten Differenzen und Meinungsverschiedenheiten waren wir uns einig, dass wir im geschäftlichen Rahmen das tun mussten, was verlangt wurde.

-

Keine fünf Minuten vergingen, und schon waren wir drei im Auto unterwegs zur Mall. Ich nahm meinen Platz in der Mitte der Rückbank ein, während Alejandro mit fokussiertem Blick am Steuer saß und Eduardo neben ihm auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Draußen zog die Stadtlandschaft an uns vorbei, während ich meinen Fuß nervös wippte, ein ungewollter Reflex, der mich in Momenten der Anspannung überkam. Die Stille im Auto wurde nur vom leisen Summen des Motors und dem gelegentlichen Klacken der Blinker unterbrochen, während wir uns dem Ort näherten, an dem wir Isabels Begleiter finden würden.

Alejandro ließ uns direkt am Eingang heraus und wies uns an, dass er an der gleichen Ecke auf uns warten würde. Wir waren durch kleine Headsets miteinander verbunden, sodass wir auch über lange Distanzen hinweg in Kontakt bleiben konnten.

Eduardo setzte sich sofort in Bewegung, und ich hastete ihm regelrecht hinterher. Die ganze Sache mit Isabel brachte ihn viel zu sehr aus der Fassung. Es ging ihm zu nah, und ihm geht normalerweise nichts zu nah.
Nicht ihm.

In unseren Ohren erklang Diegos Stimme: "Er ist im 2. Obergeschoss auf der Südseite." Ohne zu zögern, steuerten wir direkt auf das Treppenhaus zu. Die Aufzüge schienen uns zu offensichtlich, und wir wollten keine Zeit verlieren.
Ich hasste Treppen.

Während ich die letzten Treppenstufen erklomm, erreichte Eduardo bereits die Tür des Treppenhauses. Sein Blick traf meinen, und ich hatte immer das unheimliche Gefühl, als würde er meine Seele durchdringen. Gruselig.

"Beeil dich", drängte er mich, seine braunen Augen funkelten vor Anspannung.

"Entspann dich", erwiderte ich, meinen Atem schwer. "Nicht jeder steht morgens um 4 Uhr auf, um einen Ironman zum Aufwärmen zu joggen", fügte ich mühsam hinzu, während ich versuchte, meinen Puls zu beruhigen.

Ein leichtes Grinsen huschte über Eduardos Lippen, als er meine Worte hörte. "Das ist der Vibe", murmelte er, ‚Der Vibe'?! Ich schaute Eduardo mit Entsetzen an. Es war das gleiche wie wenn mein Vater sowas sagt.
Diese Situation bringt neue Seiten an ihm zum Ausdruck, ob sie gut sind oder nicht weiß ich noch nicht.

Ich schüttelte erneut meinen Kopf, bevor er die Tür öffnete und wir uns gemeinsam in die Dunkelheit des Flurs vorwagten.

Die Spannung war greifbar, als wir uns langsam vorwärts bewegten, unsere Sinne geschärft. Trotz der Situation spürte ich eine Welle von Aufregung, die durch meinen Körper strömte. Denn in diesem Moment, inmitten des Unbekannten, fühlte ich mich lebendiger als je zuvor.
So war es schon immer.

Wir warfen einen kurzen Blick nach rechts und dann nach links. Das Zentrum war wie jedes andere auch, mit Geschäften entlang der Seiten und einem freien Blick auf die vollen Stockwerke rauf und runter.

Wir scannten die Umgebung, auf der Suche nach seinem Outfit: schwarze Hose, grauer Kapuzenpullover und eine Kappe. Ich kniff die Augen zusammen, um mich besser konzentrieren zu können.

Plötzlich entdeckte ich ihn, wahrscheinlich zur gleichen Zeit wie der Soldat neben mir.

Wir gingen so unauffällig wie möglich an ihm vorbei, wobei wir belanglosen Small Talk führten, um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Endlich erreichten wir ihn. Er stand mit dem Rücken zu uns, fast schon über das Geländer in der Mitte gelehnt.

Unter meiner Jacke richtete ich meine Waffe, und ich spürte, wie sich die Anspannung in meinem Körper verstärkte. Der Mann neben mir tat dasselbe, seine Bewegungen präzise und zielgerichtet. Wir positionierten uns rechts und links neben unserer Zielperson, bereit, unseren Befehlen Folge zu leisten.

"Komm mit", befahl Eduardo mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Autorität in seiner Stimme, während das Klicken seiner Waffe, die er geschickt unter den Kapuzenpullover des Mannes gesteckt hat, das regen der Mall wie ein Messer durchdrang.

Die Zielperson verkrampfte sich, und ein Hauch von Misstrauen breitete sich in der Luft aus. Wir eilten schnell zum Treppenhaus, wobei unsere Zielperson kein Wort sagte, nicht einmal einen Laut von sich gab.

Eduardo schien das nicht zu beunruhigen, aber mir kam die ganze Situation seltsam vor. Etwas stimmte nicht. Erst war Isabel so ruhig, und nun auch er? Das konnte kein Zufall sein.

Mein Instinkt sagte mir, dass wir auf der Hut sein mussten. Irgendetwas Größeres und Gefährlicheres könnte im Gange sein, ich behielt es für mich, die anderen waren viel zu aufgebracht während der ganzen Situation.

Wir führten ihn die Treppen hinunter bis zum Notausgang des Treppenhauses, wo Alejandro bereits auf uns wartete. Über das Headset teilte ich Diego mit, dass alles geklappt hatte. Diego wünschte uns eine gute Heimfahrt und verabschiedete sich von uns.

Gemeinsam banden wir ihm die Augen zu und fesselten seine Hände. Überraschenderweise leistete er keinen Widerstand, was die Situation für mich nur noch bizarrer machte. Während ich zunehmend unruhig wurde, schien es meinen Brüdern egal zu sein.

Diez de BonillaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt