Kapitel 11

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A  I D E N

„Du darfst mich nicht nochmal dazu zwingen."

Die Träne lief über ihre makellose Haut, gefolgt von anderen. Sie ließen Mein Magen verkrampfen und plötzlich fühlte es sich so an, als wären keine vier Jahre vergangen. Als könnte ich meine Hand ausstrecken und ihr diese Nässe, die mich nahezu in den Wahnsinn getrieben hätte, einfach wegwischen. Aber das ging nicht. Ich hatte nicht das Recht darauf, denn ich war es, der sie zum weinen brachte. Nicht Daniel und nicht ihre Panikattacken. Ich war es. Und Adeline würde es nicht wollen, dass ich sie anfasse. Sie tröste. Sie hätte sich nicht an meiner Hand geschmiegt, sondern sie weggeschoben.

Angekommen steige ich so schnell wie möglich aus, denn der süße Duft von ihr steckt so tief in meiner Nase, dass ich glaube, mein Gehirn verwandelt sich jeden Moment in Zuckerwatte.

Ich steure auf das kleine Haus zu. Und obwohl es schon spät ist, zögere ich nicht zu klingeln. Lange und ohne Acht. Es dauert nicht lange, bis die Tür geöffnet wird.

Zuerst ist es Wut und Neugier die mich empfangen, dann wechseln sie zu Wut und Erleichterung zugleich.

Miranda verengt ihre Augen ein wenig und schüttelt dann ihren Kopf. „Dass du dich noch traust hier aufzutauchen ist schon frech genug, aber hast du mal auf die Uhr-" Das was sie sagt interessiert mich nicht. Und das mache ich ihr auch ganz schnell klar, indem ich sie am Nacken packe und meine Lippen fest auf ihre drücke.

Zuerst erwidert sie den Kuss nicht, doch als sie es realisiert, schmecke ich die Sehnsucht aus den Bewegungen ihrer Lippen heraus. Leise stöhnt sie in mein Mund, als ich mich kurz zurückziehe, um sie reinzudrücken und die Tür hinter mir zuzuknallen.

Ich presse sie an die nächste Wand und küsse sie wieder hart. Hart und schnell. Ich lasse meine Wut raus. Die Wut, die ich Adeline zu verdanken habe. Die Wut, die ich mir selbst zu verdanken habe, weil ich mich schwach fühle. Schwach in ihrer Gegenwart. Immer noch.

„Du kannst mich nicht für deren Fehler bestrafen."

Augen, die glänzen.

Augen, die mich nicht sehen wollen.

Meine rechte Hand findet wieder den Weg in Miranda's Nacken, während die andere sich untere ihren kurzen T-Shirt einen Weg zu ihren Rücken verschafft und sie eng an mich ziehe. Dabei bemerke ich kaum, dass ich es mit etwas Druck tue. Erst als sie es mit einem atemlosen Keuchen kommentiert.

Und ich werde noch wütender, als ich realisiere, dass ich mir Adeline an Miranda's Stelle wünsche. Dass ich mir wünsche, dass sie mich berührt. Zärtlich, wie sie es vor vier Jahren getan hat. Ganz anders, als die Nägel, die sich jetzt an meinen Schultern festkrallen. Ihre Lippen, die sich kaum bemerkbar bewegt haben und viel zu schüchtern waren, um mit meinen zu tanzen. Dieser Kuss hingegen ist der reinste Chaos. Ein Kuss, der nicht ansatzweise romantisch ist.

Die Hand an ihren Nacken wandert zu ihren Haaren, nur um sich dort in ihnen festzukrallen. Erneut stöhnt sie laut. Ein ganz anderer Klang, als der, der mein Blut damals zum gefrieren brachte.

Scheiße, bin ich wütend!

„Zieh das aus", sage ich schroff und sie zögert keine Sekunde, greift nach dem Saumen ihres Oberteils und zieht es sich über den Kopf.

Strength over FearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt