A D E L I N E
"Die letzten Wochen waren sehr erfolgreich", beginne ich zu erzählen und fange an, meine Finger vor lauter Aufregung zu kneten. "Ich habe mich für einen neuen Job beworben und wurde sofort angenommen. Es ist ein kleines Café in der Stadt. Zwar werde ich Elli dadurch weniger sehen, aber ich denke, dass wir das gut hinbekommen werden", führe ich fort und kann nicht verhindern, dass mein Lächeln für einige Millisekunden bröckelt, als ich daran denke, dass wir uns schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen haben.
"Das sind doch mal super Neuigkeiten." Die ältere Dame mit der Brille nickt begeistert, was mein Lächeln verstärkt. "Und wie sieht es mit der Uni aus?", fragt sie, während sie sich etwas auf ihren Block kritzelt, doch ich lasse mich nicht davon ablenken. "Ich bin fast fertig mit meiner Präsentation. Es fehlen nur noch einige Punkte in meiner Rede", sage ich. Erneut nickt sie und schaut dann zu mir. Eine längere Zeit betrachtet sie mich prüfend und ich weiß genau, was nun kommen wird.
"In der letzten Sitzung hatten wir über ein bestimmtes Thema gesprochen. Magst du mir erzählen, wie es sich weiterentwickelt hat?", fragt sie und ich seufze leise.
Heute bin ich mit ungewöhnlich guter Laune aufgewacht und eigentlich will ich sie nicht verscheuchen. Allerdings wusste ich, dass wir heute höchstwahrscheinlich darüber sprechen werden.
"Die letzte Panikattacke ist schon drei oder vier Wochen her. Ich hatte geträumt, dass ich eine habe und als ich aufgewacht bin, bekam ich wirklich eine", erzähle ich und übe etwas Druck auf den kleinen Ball aus, den ich in meiner Hand halte. "Ich war wieder in der Vergangenheit", füge ich leise hinzu.
Meine Psychologin merkt, dass es mich niederdrückt und legt ihren Stift beiseite, während sie mich einfühlsam ansieht. "Es ist ein Fortschritt, dass die Abstände zwischen den Panikattacken länger werden. Das Wichtigste ist, wie gehst du damit um?", erkundigt sie sich ruhig.
Ich atme tief durch, bevor ich antworte. "Es ist sehr anstrengend für mich, aber ich versuche, mich mit einigen Übungen auf meine Atmung zu konzentrieren, wie sie es mir beigebracht haben. Manchmal hilft es auch, mir bewusst zu machen, dass ich nicht mehr in der Vergangenheit bin."
Mitten in meinen Sätzen spüre ich, wie mein Bein vibriert. Gleich dreimal hintereinander. Hätte ich nicht geredet, hätte sie es sicher auch gehört. Verwundert ziehe ich meine Brauen zusammen.
Erneut nickt die Dame und schreibt ihre Stichpunkte auf. "Das sind gute Ansätze, Adeline. Es zeigt, dass du aktiv an deiner eigenen Heilung arbeitest", lobt sie mich und schaut vom Blatt auf. "Hast du mal darüber nachgedacht, diese Fortschritte auch in deiner Rede zu thematisieren? Natürlich verpackst du es so, dass es nicht um dich geht, aber einfach mal den Prozess einer Heilung ansprichst. Ich kann mir vorstellen, du würdest vielen Mut machen."
Grübelnd schaue ich auf den Ball in meiner Hand. Vielleicht ist das eine gute Idee. Die Rede hat mir in den vergangenen Tagen die letzten Nerven geraubt. Irgendetwas hat immer gefehlt und jetzt weiß ich auch was.
Ein vorsichtiges Lächeln schleicht sich zurück auf mein Gesicht.
Das Gespräch setzt sich fort und in weniger als einer halben Stunde, bin ich schon auf der Straße auf dem Weg zu Elli. In seinen Nachrichten, die zum Schluss zu sieben Stück wurden, meinte er, ich solle zu ihm in den Laden kommen, denn es sei dringend. Und normalerweise würde ich mich nun fragen, was es so dringendes gibt, doch ein Gefühl sagt mir, dass er das nur geschrieben hat, um mich zu sehen.
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Strength over Fear
RomanceAchtung: diese Gesichte kann erst gelesen und verstanden werden, wenn man den ersten Teil gelesen hat. „Fear"!! Vier lange Jahre sind vergangen und Adeline konnte sich mühevoll ein neues Leben aufbauen. Mit Freunden an ihrer Seite, einem Studium und...