A D E L I N E
Mein Körper ist entspannt, mein Atem ruhig, und ich fühle mich tatsächlich... toll, obwohl ich wieder im Auto neben Aiden sitze und der peinliche Vorfall im Restaurant keine Viertelstunde her ist. Aber ich spüre nichts mehr von dieser Scham, wenn ich daran denke. Wenn ich an Aidens Aufforderung an Charles denke, sich bei mir zu entschuldigen, und die schockierten Augen, die uns beäugelten.
Gerade spüre ich Zufriedenheit. Zufriedenheit und Wärme.
Augenblicklich bemerke ich, dass nie jemand so etwas für mich gemacht hat. Jemanden ernsthaft dazu gebracht hat, sich bei mir aufgrund respektlosen Verhaltens zu entschuldigen. Dabei habe ich es nicht einmal wirklich wahrgenommen, dass Charles mich unterbrochen hat. Jeder unterbricht mal jeden.
Doch in Aidens Ausdruck sprühte es nur so vor Zorn, und ich bin mir sicher, dass dies auch an dem Gespräch über Liam lag.
Dennoch war das so überraschend. Und ich bin - nun ja... ich fühle mich gut.
Aiden scheint unter seinen "Freunden" ganz schön autoritär zu sein, und ich bin erstaunt, dass Gustav, der viel älter ist als er, und auch Kai, der ihn gerne neckt, kein Problem damit zu haben scheinen. Nur Charles scheint es nicht ganz zu begrüßen.
Der gesamte Abend spielt sich einige Male in meinem Kopf ab und immer wieder bleibe ich an zwei Teile hängen. Den, wo Aida Kalea erwähnt und den, wo Charles Liam erwähnt. Doch gerade dränge ich den ersten Teil einfach nur zur Seite.
„Weißt du, sonst saß Liam immer an deinem Platz. Doch den bekommen wir lange nicht mehr zu Gesicht. Schon seit einigen Jahren.", hatte Charles gesagt. Auch, dass Liam sich aus dem Geschäftlichen zurückzog und plötzlich beginne ich, selbst nach einer Erklärung dafür zu suchen.
Vielleicht ist er krank. Möglicherweise aber wirklich beschäftigt, wie ich Charles hätte antworten wollen. Irgendwas wird er schon haben, dass seine Zeit in Anspruch nimmt.
Ich sehe seine grauen Augen vor mir. So kühl aber trotzdem vertrauenswürdig. Er hatte mich damals zu Aiden geführt, ihn eingeredet, ich könnte ihm nützlich werden. Er - er und Clary warfen die Idee ein, ich sollte Aiden's Geliebte spielen. Und doch, hasste ich ihn nicht dafür. Im Gegenteil... ich fühlte mich am Anfang in seiner Gegenwart viel sicherer als in Aiden's. Und jetzt kommt es mir so seltsam vor. Als wäre das nur ein blöder und sehr, sehr langer Alptraum gewesen. Aber ich weiß nicht genau, welche Situation mir surrealer erscheint. Die, in der ich Aiden's Gefangene war oder die, in der Aiden seine Schuhe ausziehen will, bevor er meine Wohnung betritt. Die, wo er mir immer und immer wieder die Wahl lässt. Wo ich ehrliche Wut sehen kann, nur weil man mir in das Wort schneidet.
Ich entscheide, dass beides nicht normal sein kann.
Ein Hupen ertönt von irgendwo und ich blinzle einige Male. Ich schaue nach vorn und betrachte die leeren Straßen. Es muss bestimmt schon fast Mitternacht sein. Komischerweise ist aber von der Müdigkeit noch keine Spur zu sehen.
Ich schiele so unauffällig wie möglich zu Aiden rüber. Seit wir das Restaurant verlassen haben ist er die ganze Zeit über ruhig. Seine rechte Hand liegt locker auf dem Lenkrad, während er mit der linken über sein Kinn streicht, sein Arm an der Tür gestützt. Er scheint in Gedanken versunken zu sein, bemerkt gar nicht, dass ich es ausnutze und ihn muster. Die grade Nase, die vollen Lippen, makellose Haut... ich mag sein Gesicht.
DU LIEST GERADE
Strength over Fear
RomanceAchtung: diese Gesichte kann erst gelesen und verstanden werden, wenn man den ersten Teil gelesen hat. „Fear"!! Vier lange Jahre sind vergangen und Adeline konnte sich mühevoll ein neues Leben aufbauen. Mit Freunden an ihrer Seite, einem Studium und...