Mein ganzer Körper vibriert und Adrenalin rauscht durch meine Adern, während ein sicher etwas dümmliches Lächeln meine Lippen ziert.
Immer wieder gleiten meine Finger an dem seidigen Leder auf und ab und ich fasse es nicht, wie schnell er ist. Und wie kraftvoll sein Brummen.
Seit ich klein bin schwärme ich für diese Autos, doch nie hatte ich die Gelegenheit, in einem Porsche zu sitzen. Bis jetzt.
Luzifer hat mich zu diesem kleinen auf Hochglanz polierten schwarzen Flitzer geleitet und der einzige Wermutstropfen ist, dass ich nicht selbst hinter dem Steuer sitze. Aber gut, ich wüsste eh nicht, wohin wir fahren.
Mein Begleiter hält sich dahingehend nämlich sehr bedeckt. Und da die Sonne strahlend am Himmel steht, sie ihren Zenit noch nicht mal erreicht hat, fühle ich mich zudem ein klein wenig overdressed in diesem unglaublichen Kleid, das eher zu einer abendlichen Feier passen würde.
Aber was weiß ich, welche Tageszeit in der Hölle herrscht. Oder wo Dämonen sonst so wohnen. In einer anderen Sphäre, wenn ich an meine pen and paper Runden denke. Nur hilft mir das auch nicht wirklich weiter.
Wir rasen viel zu schnell um eine Kurve und halten direkt auf eines der spiegelnden Hochhäuser zu, die das Stadtzentrum ausmachen und ein erneuter Adrenalinschub schießt durch meine Adern, als Luzifer nicht etwa abbremst, sondern mit unverminderter Geschwindigkeit in eine Tiefgarage fährt - Gosh, der Typ hat sie doch nicht mehr alle. Aber fahren kann er, das muss man ihm lassen.
Ein breites Grinsen ziert mein Gesicht und meine Wangen glühen. Ich kann mir nicht helfen, aber ich liebe Geschwindigkeit - und Luzifers Ausstrahlung tut es auch nicht wirklich einen Abbruch, derart selbstsicher dem Tod ins Auge zu blicken.
Wahrscheinlich haben Dämonen einfach viel bessere Reflexe und es ist gar nichts Ungewöhnliches, was er so tut.
Ja, vielleicht. Wir halten in einer abgetrennten Privatgarage, die wir durch ein Tor befahren, welches sich hinter uns schließt und Luzifer ist bereits um das Auto herum, als ich nach der Tür greife, um auszusteigen.
„Meisterin", neckt er mich und reicht mir mit einer Verbeugung seine Hand, die ich diesmal dankbar ergreife. Das Kleid ist wirklich verflucht eng und das Auto extrem tief. Ohne ihn würde ich wohl ewig hier festsitzen.
„Wie zuvorkommend", schmunzele ich und streiche über den herrlich seidigen Stoff meiner Robe. „Wo geht es hin?", setze ich fragend hinzu und Luzifer macht eine einladende Bewegung in Richtung eines gläsernen Aufzuges, der - wie habe ich ihn übersehen können? - in der Mitte der Garage prangt.
Vor ihm steht ein großer hagerer Mann in einer auffälligen Livree, die mich ein wenig an ein Gothik-Outfit erinnert, welches ich mal in dieser Hochzeit-Reality Doku gesehen habe, die im Fernsehen lief. Das Brautpaar hatte in diesem Stil heiraten wollen.
Sein Mantel ist dunkel und silbrige Ornamente schimmern darauf. Dazu trägt er eine dunkelblaue runde Sonnenbrille mit einem auffälligen silberglänzenden Rand. Als wir auf ihn zukommen, verneigt er sich und fängt geschickt eine Münze auf, die Luzifer ihm zuschnippt. Mit einem Lächeln öffnet er den Aufzug und lädt uns mit einer erneuten Verbeugung ein, ihn zu betreten.
Stirnrunzelnd trete ich an Luzifers Arm an dem Mann vorbei, der mit einer schwungvollen Bewegung, die seinen langen Mantel aufbauschen lässt, mit in den gläsernen Raum tritt und die Türen schließt. Irgendwie kitzelt eine Ahnung in meinem Hinterkopf und die Melodie eines sehr alten Chris de Burgh Songs kommt mir in den Kopf.
„Na, warum so nachdenklich, Liebes?", fragt mich mein Dämon, während der Aufzug in rasanter Geschwindigkeit in die Höhe schnellt. Oder geht es nach unten? Schwer zu sagen.
„Ähm..." Ich versuche, mich auf die Frage zu konzentrieren und sehe zu ihm auf, lächele dann. „Ach nichts. Ich habe mich nur gefragt, wer heute heiraten wird. Ich meine, ich sollte wohl wissen, wem ich gratulieren muss, oder?"
Jetzt, da ich es sage, spüre ich wieder die Nervosität in meinen Eingeweiden brodeln und ich atme tief durch, versuche, mich innerlich zu wappnen.
Luzifer lächelt beruhigend und nimmt meine Hand. Die Hitze, die er ausstrahlt ist wie immer überaus angenehm. „Die Namen werden dir wohl nichts sagen. Aber es wird definitiv keine langweilige Hochzeit. Im Gegenteil dürfte es heiß hergehen."
Er wippt mit den Augenbrauen, was mich misstrauisch die Stirn runzeln lässt. „Heiß hergehen?", frage ich und in meinem Kopf bilden sich nicht jugendfreie Szenen. Ich spüre, wie Hitze in meine Wangen kriecht.
Luzifers Lächeln wird anzüglicher und er nickt. „Ich sehe, du denkst in die richtige Richtung. Ein Incubus und eine Succubus werden heute den ewigen Bund schließen und sowas verspricht immer rauschende Feierlichkeiten."
Meine Augen weiten sich etwas, doch weiche ich dem Blick des Dämons lieber vorerst aus und richte ihn auf den schimmernden Mantel unseres Aufzugführers. Das kann ja was werden.
Wieder kommt mir die Melodie in den Kopf und ich beginne, sie vor mich hinzusummen, da mir trotz des lockeren Gesprächs ein wenig mulmig zumute ist. Denn obgleich wir mit gefühlter Überschallgeschwindigkeit dahingleiten, sind wir immer noch nicht angekommen.
Luzifer sieht zu mir und wippt anerkennend mit den Augenbrauen. „Du überraschst mich immer wieder mit deiner Kenntnis der doch so verhassten Glaubenswelt", sagt er, wohl hinsichtlich meines Summens, und ich schnaube empört. „Bitte! Das ist griechische Mythologie, Mister!", sage ich hoheitsvoll, da dies ja wohl ein eklatanter Unterschied ist.
Offensichtlich nicht für Luzifer, der auflacht. „Ich vergaß, dass ihr Menschen Unterschiede macht...", sagt er etwas kryptisch, doch meine ich, ihn zu verstehen.
„Du willst mir also sagen, dass alles eins ist?", frage ich.
Luzifer wiegt den Kopf hin und her und nimmt meinen Arm, ihn unter seinen zu haken, bevor er mir auf die Nase tippt. „Tatsächlich haben nicht erst die Christen ein paar Brocken der Wahrheit entdeckt und in ihren Glauben integriert, Liebes", sagt er und ich spüre meine Neugierde wachsen.
Doch bevor ich dieses doch recht interessante Thema vertiefen kann, sind wir angekommen und der Fährmann öffnet die gläsernen Türen und verneigt sich tief. „Genießt den Abend, Herr." Seine Stimme klingt kratzig, als würde er sie nicht oft benutzen und seine dürren langen Finger spielen mit der silbernen Münze, die Luzifer ihm gegeben hat. „Und Ihr auch, Sterbliche...wir sehen uns sicher wieder."
Hoffentlich nicht zu bald...will ich sagen, doch verkneife ich es mir und trete schnell aus dem Aufzug, als würde ich befürchten, er würde sich vor mir schließen, und mich nie wieder hergeben. Dann sehe ich mich um und meine Augen werden groß.
Das hatte ich ganz sicher nicht erwartet.
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Ein höllisches Date
RomanceEinen Dämon beschwören? Weil man ein Date braucht? Bitte! Wie verzweifelt muss man sein? Und ist Verzweiflung eine gute Triebkraft, wenn es darum geht, die Kontrolle über den Beschworenen zu behalten, der weit weniger Dämon und mehr Teufel ist, als...